Nachts sind alle Katzen geil.
Erotik. Nö,
zugeben würde das keine. Fast alle sind sie Familienmütter, mit
mindestens einem Töchterchen oder einem Sohn, alle sorgen sie
dafür, dass für den Herrn des Hauses mindestens ein gekühltes
Bier im Schrank steht. Sie jonglieren Bälle zu Musik von Abba
und Mike Oldfield, sie lassen bunte Ringe um ihre appetitlichen
Hüften kreisen, und sie tragen an den Turnfesten im Bierzelt
billige, fluoreszierende, ultraknappe und supernuttige Kleidchen
– violett, pink, hellblau oder so.
If you know what I mean.
Oh ja, und sie haben Fantasien, diese Frauen. Gerade dieses
spiessige Niemandsland, diese Nobodies von Männern an ihrer
Seite, dieses »es-fast-schaffen-aber-doch-nie-ganz« macht sie zu
spitzen, geilen, frechen Hühnern.
Die Damenriege in J. besteht aus zehn Frauen zwischen 18
und 35.
Sie einigen sich jeweils unter der Ägide der charismatischen
und gut gebauten Barbara auf ein Festprogramm, das jährlich im
Schlosspark zu sehen ist. Frauen in diesem Alter sind
erstaunlich kompromissbereit – sie finden sich rasch zusammen
unter dem musikalischen Dach der Scorpions, oder demjenigen
eines Alan Parson. Die Choreographie ist immer sehr einfach –
Barbara, Frau des regionalen Migros-Filialleiters, weiss, worauf
es ankommt. Sie ist illusionslos geworden in all den Jahren, in
denen sie die Damenriege geleitet hat. Von Zelt zu Zelt, von
Bühne zu Bühne: Es geht ja doch nur darum, Männeraugen zu
sättigen mit dem »Mut zur Lücke« (siehe meine gleichnamige
Story), schwabbelnden Brüsten (»was soll da schön dran sein«),
vollem, frisch gewaschenem Haar und kecken Bewegungen, die
auch schon mal den Blick freigeben auf die frisch rasierten
Achseln der Post-Schalterbeamtin oder zwischen die Schenkel
der Konditorei-Lehrtochter. Man(n) steht ja heute keineswegs
mehr auf Playboy-Hochglanz-Modelle, die wirken, als seien sie,
Makrelen gleich, zum Verspeisen zubereitet. »Men Only«, die
britische Pornopostille, hat auch ausgedient. Sie gönnte, im
Gegensatz zu »Playboy«, den berühmten Blick auf die
andernorts verhüllten »Bits«, die Geschlechtsteile also. Vulven,
grosse und kleine Labien, mit viel Glück die Cliti, dann und
wann sichtbar gemacht. Heute steht Man(n) auf Amateurmodels.
Schülerinnen.
Nachbarinnen.
Verkäuferinnen.
Krankenschwestern. Mülleimerleererinnen. Serviererinnen.
Friseusen (für Schweizer Leser: Coiffeusen).
Genau das gab es in Barbaras Damenriege zu sehen, von ganz
nah … und erst noch unschuldig, im Verbund der Familie und
der Berufskollegen.
»Ist die Uschi, die am Samstag das Schulhaus reinigt, unter
ihrem Gymnastikdress totalrasiert?«
»Hat Leni Müller, bei der ich eben erst Briefmarken gekauft
habe, Nippel, so prall wie Marillenknödel?«
»Sind Erikas Schenkel tatsächlich so fest, wie ich das erahne?«
Das, und nichts anderes als das, sind die Fragen, die in den
Männerhirnen umher torkeln. Und, wie gesagt, die Mitglieder
der Damenrige haben Fantasien. Diese Fantasien kreisen
eindeutig um eine bestimmte Gruppe von Männern: Die
Feuerwehr von J.!
Kichernd hat Steffi neulich unter der Dusche ihren
Kolleginnen von einem Traum erzählt. Sie sei, ganz in weiss
gekleidet, neben einem brennenden Haus gesessen. Die Typen
kamen mit dem Schlauch an und hätten nicht etwa den Brand
gelöscht, sondern sie (Steffi) so lange bespritzt, bis ihr
Kleidchen ganz durchsichtig geworden sei. Hihihihi …
Barbara quittierte Steffis Traum mit keinem Wort, wusste aber
im selben Moment, was sie da in der Hand hatte: Eine Horde
geiler, naiver Hühnchen, mit denen sie am nächsten Schlossfest
dem ganzen Dorf mächtig einheizen würde. Heirassa!
Die Feuerwehrmänner waren rasch überzeugt. Mit
Herzklopfen sprach Barbara tags darauf in der Dorfschenke vor,
wo sie alle vorfand, friedlich am Stammtisch vereint: Rudi, den
Metzger, Walter, den Posthalter, Michel, den Bauern vom
Unterhof, Theo, den Bauern vom Oberhof, Klaus-Heinz, den
Automechaniker und Reto, den Sigrist. Die sechs Männer waren
nicht mehr ganz nüchtern und beäugten die schöne Barbara
gierig-geil. Sie widerstand den Röntgenblicken und überlegte
sich kurze Zeit, ob diese Horde im Ernstfall überhaupt fähig sein
würde, einen Brand zu löschen.
Dann trug sie ihren Vorschlag vor. Es war Juni, und in einem
Monat würde das nächste Schlossfest stattfinden. Ob sie Lust
hätten, im Rahmen einer Darbietung »ihre« zehn Frauen ein
wenig zu bespritzen?
Der zweideutige
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