Nachts sind alle Katzen geil.
Mein Vater ist auf
Hundertachtzig. Sei froh, dass er nicht selber hochkommt.«
Florina konnte nicht antworten. Sie fühlte sich, als hätte sie
Bleischuhe an, die sie in einen Ozean aus Schamgefühl
hinunterzogen.
Da stand sie nun, tropfnass und nackt. Und sie zitterte am
ganzen Körper. War es die Kälte vom Flur? War es das
Nachbeben der Gefühle, die sie in der Wanne einfach
weggerissen hatten in die Welt ihrer dunklen Phantasien? Sie
hatte den Eindruck, als wenn jeder auf den ersten Blick
erkennen musste, was sie gerade getrieben hatte. Und trotzdem
musste sie gerade jetzt an den Lord der Träume denken! Kiri
hatte ihr doch zugeflüstert, dass sie zum Dank für ihre Befreiung
all das wahr werden würde, was sie sich in ihren Träumen
ersann. Galt das auch für ihre verbotenen Phantasien? … Jetzt
erst wurde ihr klar, dass sie völlig nackt war. Nackt und
schutzlos den Blicken des jungen Mannes ausliefert, den sie
schon so oft in ihre Phantasien hineingezogen hatte. Was, wenn
er es seinem Vater erzählen würde? Ausgerechnet Stanislav!
Oder gar ihrer Mammi …?
Auch Boris wirkte jetzt wie gelähmt. Nur seine Augen nicht,
diese großen, blauen Augen mit denen er geradezu körperlich
Besitz von ihr zu ergreifen schien. Schließlich verfing sich sein
Blick in ihrem Schamhaar. Und was er dann sagte, war so
ungeheuerlich, dass ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie spürte,
dass ihre Wangen brannten wie nach einer Ohrfeige. Sie konnte
seine Worte nicht gleich verarbeiten, sie stürzten sie weit mehr
noch als das frivole Spiel mit den Seepferdchen in Verwirrung.
Während das Blut in ihrem Kopf pochte, und gleichzeitig in
ihrer Scham, stand sie einfach nur da, ohne Regung, während
ein Nebel gegensätzlicher Gefühle durch ihren Körper kroch.
Noch einmal hallten seine Worte in ihr nach:
»Hey, du Schnalle. Bist ja richtig obercool gebaut …. und das
Bärchen – original gelockt wie bei deiner Mutter«.
Er schloss die Wohnungstür, trat auf sie zu, löste den
Ledergürtel von seinem Hosenbund und legte ihn zusammen.
Langsam und wie in Trance, die Hände nun notdürftig
schützend vor ihrem Geschlecht, wich Florina vor ihm zurück.
Bleib stehen und dreh dich um!
Florina bemerkte, dass ihre Flanken zitterten. Als sie seine
Anweisung befolgt hatte, durchfurchten sie neue Schamgefühle:
Sie stand vor dem großen hohen Spiegel an der Flurgarderobe!
Nun war sie seinen Blicken von vorne und von hinten
ausgeliefert!
Aber der überraschende Besucher wollte noch mehr.
»Und jetzt die Hände hinter den Kopf!«
Und während sie ihn, den Lederriemen in der Hand, im
Spiegel auf sie zukommen sah, vermischten sich die Worte des
Seepferdchens in ihren Ohren mit einem hellen Sirren: »Was
immer du zu träumen beschließt, es wird im Schlaf zu dir
kommen.«
Oh, Mami … dachte sie. Blitzartig schossen ihr die Szenen
durch den Kopf, wie sie das Magazin zwischen der Wäsche ihrer
Mutter gefunden hatte und was sie erlauscht hatte, als sie unten
bei diesem Stanislav war.
Stanislav? Zweifel stiegen in ihr auf. Aber sie konnte den
Gedanken nicht mehr zu Ende führen.
»Na, dann wolln wir doch mal sehn, ob du noch mehr
Gemeinsamkeiten mit deiner Mutter hast …«
Dann hörte sie das klatschende Geräusch, als der Sohn des
Metzgers mit den Ledergürtel, als wolle er ihn prüfen, mehrfach
auf die Innenseite seiner Handfläche schlug.
Skorpion: Heimlich
Er konnte es nicht erwarten. Sehnsucht. Nach ihr. Bald würde
sie kommen, er wusste es. Seit Wochen schon trafen sie sich
regelmäßig. Heimlich. Der Sommer war etwas Wundervolles –
so viele Ecken boten ein lauschiges Plätzchen. Es war so
einfach.
Ein Zittern ging durch seinen Körper. Oh Gott, er war verrückt
nach ihr. Schon an ihrem Gang erkannte er sie. Eine zierliche
Gestalt, so wunderschön. Ihre langen schwarzen Haare flatterten
sanft im Wind. Sie kam immer näher. Er glaubte, ihren Duft
schon riechen zu können. So beschwingt, so voller Vorfreude.
Jetzt winkte sie, strahlte übers ganze Gesicht. Ihm ging das Herz
über. Nie hatte er eine Frau so geliebt, begehrt. Und es war nicht
nur Lust. Sie brachte eine Saite in ihm zum Klingen. Durch sie
hatte er wieder erfahren, was es bedeutete zu leben. SIE. Der
schönste Grund zu leben – raus aus seinen Depressionen. Er
konnte sich gar nicht satt sehen.
Nur noch wenige Meter, sie war fast da. Sein Herz schlug
schneller, es raste in seiner Brust. Er musste grinsen wie ein
Idiot.
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