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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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langsam und die Worte mit Vorsicht wählend.
»Du weißt es, Hanniwald«, sagte er, »wie so unruhig die Sachen in Böhmen beschaffen sind und wie gefährlich es hier mit dem Landfrieden und der Religion steht. Wir müssen daher durch zeitliche Klugheit den wütenden Feind und Widersacher zu besänftigen trachten und so das Übel abwehren, mit dem er die von Gott uns anvertrauten Länder bedroht. Denn ich will den Krieg nicht, der aller Menschen Nahrung, Vieh und Gewächse, Handel und Hantierung verheert und verstört und der in seinem Mantel das große Sterben trägt. Ich will den Frieden, hab' mich all mein Leben um ihn gemüht, den edlen Frieden will ich, der alle Menschenkinder ernährt.«
»Recht so!« rief der Sternberg. »Mag's regnen, mag's schnei'n, nur gut Wetter soll sein.«
»Die Gewalt, mit der der böse Feind und Widersacher sich so hoffärtig brüstet, ist nicht gar groß«, sagte jetzt der Hanniwald. »Nur in seiner Hölle hat er Gewalt, auf Erden nicht. Sein Drohen ist eitel, ist Teufelstrug und Teufelsgespinst. Und um seinem Netz und Fallstrick zu entgehen, bedarf es weltlicher Klugheit wahrlich nicht, sondern daß wir uns nicht eines Fingers breit von dem Herrn Jesus, der uns erlöst hat, hinwegbegeben, das allein tut not.«
»Das allein tut not«, wiederholte der Sternberg, und er gab dem Bubna wiederum ein Zeichen, daß er dem Kaiser die Weinkanne reichen sollt'. »Gut gesprochen, Hanniwald, gut gesprochen.«
»War also alles nur Teufelstrug und Teufelsgespinst«, flüsterte der Kaiser mit einem tiefen Aufseufzen.
»Ein excellenter Kopf, der Hanniwald, ich hab' es Eurer Majestät immer gesagt«, erklärte der Sternberg, und er gab dem Bubna, der wie ein Stock dastand, ein neues Zeichen.
»... daß wir uns nicht eines Fingers breit von dem Herrn Jesus, der uns erlöst hat, hinwegbegeben«, flüsterte der Kaiser. »Das ist ein gutes Wort, tröstet die Seele, ist stark wie Bezoar.«
Jetzt endlich fiel sein Blick auf den Grafen Bubna, er nahm ihm die Kanne aus der Hand und trank sie leer.
»Alles nur Trug!« sagte er sodann. »Lustig! Lustig! Du bist also der Vojtech Bubna. Ich hab' einen Bubna gekannt, war mit meinem geliebtesten Herrn Vater hochlöblichen Gedächtnisses bei einem Bubna auf der Wildschweinjagd. Und du? Wie steht's mit dir? Wieviel bist du dem MeislJuden schuldig?«
Der junge Bubna wurde blutrot im Gesicht. Wie die meisten jungen böhmischen Herren von Adel hatte er vom Meisl gegen Schuldschein Geld geliehen, denn von zu Hause gab es nur kargen Zuschuß. Er begann zu stammeln:
»Siebzehn rheinische Gulden. Eure Majestät wird verzeihen, — es ist nicht recht, aber ich hatte im Spiel Verluste, wüßt' mir anders nicht zu helfen.«
Dem Kaiser schien dieses Eingeständnis eine Art Vergnügen zu bereiten.
»Ist gut. Ist gut«, unterbrach er ihn. »Nur brav Schulden gemacht! Nur tapfer zum Juden gelaufen! Ist gut. Ist gut.«
Jetzt trat der Kammerdiener Cervenka langsamen Schritts und mit steifer Würde auf den Kaiser zu.
»Eure Majestät!« sagte er. »Es ist mein pflichtheischendes Ersuchen und treugehorsamstes Bitten, daß sich Eure Majestät nunmehr allergnädigst zu Bett begeb'.«
    »Die außerordentlichen Dinge«, schrieb einmal der spanische Gesandte seinem König, »sind am Prager Hof die alltäglichen und gewöhnlichsten.«
    Zu den außerordentlichen Dingen, die in Prag nur wenig Aufsehen erregten, gehörte der feierliche Aufzug eines kaiserlich-marokkanischen Gesandten, der sich, zwei Tage nach jenem nächtlichen Begebnis, beim Schall der Fagotten, Cornetten, Schalmeien und Kesselpauken vom Haus »Zum Resedenstock«, wo der Gesandte mit seinem Gefolge abgestiegen war, durch die Gassen der Kleinseite und den Hradschin hinauf zur Prager Burg bewegte.
    Dieser Gesandte hatte in Venedig Verhandlungen eingeleitet, die die Lieferung von Schiffsgeschützen, Kriegsmunition, Pulver und Tauwerk für die marokkanische Flotte zum Ziele hatten, und war von Venedig nach Prag gekommen, um Rudolf II. ein Begrüßungs-, Ehrerbietungs- und Freundschaftsbezeigungs-Schreiben seines Souveräns zu überreichen, denn dieser hoffte durch Vermittlung des Römischen Kaisers in ein besseres Verhältnis zur spanischen Krone zu gelangen, die ihm durch Unterbindung seines Seehandels Schaden und Abbruch tat.
    Auf seiner Fahrt nach Venedig war der Gesandte in Liza Fusina von zwölf in Seide und Scharlach gekleideten venezianischen Edelleuten erwartet worden, die ihm den Willkommensgruß entboten. Er war in eine

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