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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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Majestät nach der Vorschrift zubereitet wurde.« Er holte wiederum Atem. »Meist war es Hühnerbrühe.«
»So. Dieser Wondra bist du also«, sagte der Cervenka. »Schön, daß du jetzt da bist. Läßt man dich hier auch Pfeffer stoßen und den Braten wenden?«
Der Wirt trat einen Schritt zurück und beschrieb mit seinem Arm einen weiten Bogen, um auszudrücken, wie groß sein Herrschaftsbereich sei und daß er über die große und die kleine Schankstube, den Garten, die Küche, die Geschirr* und Vorratskammer und über den Weinkeller zu gebieten hatte.
»Hier«, sagte er aufgeregt und stolz, »mache ich alles. Ich habe den >Hecht< im vorigen Jahr von meinem Vater übernommen.«
»Wenn du also hier alles machst, dann bring mir jetzt, was ich angeschafft habe«, bedeutete ihn der Cervenka, der in ihm nicht den Wirt und Kleinseitner Bürger, sondern nur den Küchenjungen von einstmals sah. »Aber rasch, oder man wird dir Beine machen.«
»Lauf! Lauf!« raunte der Brouza dem verdutzten Wirt zu. »Ich kenne ihn. Er hat's nicht gern, wenn man ihn warten läßt.«
»Die Gabe der Prophetie habe ich bei Seiner Majestät niemals wahrgenommen«, äußerte sich jetzt der Barbier Svatek, der über diesen Gegenstand eine ganze Weile nachgedacht hatte. »Um die Wahrheit zu sagen, — oftmals hatte er sogar Mühe, sich in der Gegenwart zurechtzufinden, der arme Herr. Wann hat er dir denn das gesagt, das mit dem Kopf des Doktor Jessenius? War es vor oder nach der Zeit, in der wir drei, die wir hier zusammensitzen, die Geschäfte des Königreiches führten?«
Etliche Leute an den Nachbartischen, die diese Worte gehört hatten, steckten flüsternd die Köpfe zusammen oder tauschten Blicke miteinander. Den Lautenspieler Kasparek verdroß dies.
»Du kannst auch deinen Mund nicht halten«, wies er den Barbier zurecht. »Du weißt, daß ich solche Reden nicht gerne höre. Zumal jetzt, wo denen, die einst groß und mächtig waren, die Köpfe so locker auf den Schultern sitzen.«
»Richtig! Richtig! Das, was ich immer gesagt habe«, ließ sich der Brouza vernehmen, und dabei fuhr er sich mit der Hand rings um den Hals, als wäre er nicht sicher, ob sein Kopf noch dort säße.
»Es war, als alles schon vorüber war«, sagte, in Gedanken versponnen, der alte Kammerdiener. »Du, Kasparek, warst bereits in der Ungnade. Es war, als mein allergnädigster Herr das Königreich und den geheimen Schatz und all seinen Glanz und seine Macht verloren hatte. Als er in seiner letzten Krankheit darnieder lag. Er war gänzlich von Kräften gekommen, denn dieser Mensch, der Doktor Jessenius, von dem sie fabelten, daß er die paracelsischen Geheimnisse besäße, hatte ihn vier Tage lang mit hartem Fasten gepeinigt.«
»Er hat sich also«, erklärte der Barbier, »an die Vorschrift des Galenus gehalten, die besagt, daß man bei hohem Fieber dem Begehren des Kranken, was Speise und Trank betrifft, nicht allzusehr nachgeben soll.«
Der Kammerdiener schnitt den Rettich, den der Wirt ihm gebracht hatte, in dünne Scheiben.
»Er war«, fuhr er fort, »Seiner Majestät gegenüber von einer verdrießlichen Strenge. Ich weiß nichts von diesem Galenus, ich versteh' mich nicht auf die ärztliche Kunst, aber das eine weiß ich: Einmal im Tag ein wenig Fleischbrühe und morgens, mittags und abends drei Löffel guten Malagaweins, das hätte genügt, um Seine Majestät bei Kräften zu erhalten.«
»Ich, wenn ich Fieber habe, esse nichts anderes als gekochten Flußfisch, der bekommt mir recht wohl«, berichtete der Wirt, der sich wieder an den Tisch herangemacht hatte.
Der Kammerdiener des Kaisers sah ihn unwillig und böse an.
»Danach hat dich keiner gefragt. Was ist dir denn zu Kopf gestiegen, daß du dein lumpiges Fieber mit dem seiner Majestät zusammentust? Ihr Burschen aus der Küche meint, Ihr müßtet auf jeden Braten Eure Tunke schütten.«
Er wandte sich an den Barbier.
»Du, Svatek, warst doch oben, warst mit mir in Seiner Majestät Krankenstube, du mußt es doch wissen. Erinnerst du dich nicht an den Tag, da der Jessenius in die Stube trat und schrie und lärmte, das Unkraut müsse hinweg?«
»Ja. Das weiß ich noch als wäre es gestern gewesen«, berichtete der Barbier. »Da Seine Majestät weder bei Tag noch bei Nacht Schlaf zu finden vermochte und immer sich umherwarf und stöhnte, hatte ich mit Consens Seiner Gnaden, des obersten Burggrafen, Blätter und Stengel des Nachtschattens und des Bilsenkrauts aus dem Apothekergärtlein geholt und den Boden damit

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