Nachts unter der steinernen Bruecke
kaiserliche Hofschlosser, als der Kasparek, von seinen Erinnerungen überwältigt, stille schwieg.
»Das ist wohl wahr, doch hab' ich mir eine bessere Wiedervergeltung meiner getreuen Dienste erhofft«, sagte in bitterm Ton der Kasparek. »Damals also«, fuhr er dann fort, »als die Rebellion in der Neustadt ausbrach, war ich bei Seiner Majestät nicht mehr in Gnaden. Ihr erinnert Euch, wie die protestantischen Stände rebellisch zusammentraten und das Neustädter Rathaus besetzten, und der Graf Schlick und der Budowetz stellten sich an ihre Spitze und machten den Doktor Jessenius zu einem obersten Defensor, und der Wenzel Kinsky ging umher und sagte jedem, der es hören wollte: >Dieser König taugt nichts, wir müssen einen anderen haben<, und in dem Dörfchen Liben wurde mit dem Matthias verhandelt. Aber die Sache war für seine Majestät noch nicht verloren, denn damals war Prag voll abgedankter Soldaten, die schwärmten durch die Gassen, suchten Händel, rauften und warteten darauf, daß der Kaiser sie in seinen Dienst nähme. Wenn nun mein allerhöchster Herr damals nicht am Gelde gespart hätte, wenn er in seine Taschen gegriffen, wenn er eine Heeresmacht aufgestellt hätte ...!«
»Wenn! Wenn! Wenn!« unterbrach ihn der Kammerdiener Cervenka. »Es war aber kein Geld da. Nicht einmal für das Allernotwendigste des täglichen Bedarfs war Geld vorhanden. >Mein Goldmacher«, hat Seine Majestät geklagt, >ist gestorben, hat das Geheimnis seiner Kunst mit sich ins Grab genommen und mir von seinem Gold nicht eine halbe Unze zurückgelassen«.«
»Wer war der Goldmacher Seiner Majestät, der so zur Unzeit gestorben ist?« fragte der Schlossermeister.
»Das hättet Ihr«, gab ihm der Cervenka zur Antwort, »den Philipp Lang fragen müssen, bevor er sich mit einer Schnur um den Hals aus dieser Welt geschlichen hat. Er war in dieser Sache Seiner Majestät Vertrauter, ich wußte nichts.«
»Seine Majestät hat oben in der Burg allerlei Goldmacher und Adepten beschäftigt, aber etwas Rühmenswertes hat keiner von ihnen zuwege gebracht«, erklärte der Lautenspieler des Kaisers.»Was aber diesen letzten Goldmacher, über den so viel geredet wurde, betrifft, so meine ich, daß er in Wahrheit nie gelebt hat. Wer hat ihn je zu Gesicht bekommen? Er war nichts als ein Gespinst unseres allerhöchsten Herrn, ein Gebilde aus seinen Träumen.«
»Nein!« sagte der Brouza. »Dieser Goldmacher war kein Gespinst und kein Gebilde. Ich weiß, wer des Kaisers Goldmacher gewesen ist, ja, schaut mich nur an, ich, der Brouza, weiß es. Und wenn ich Euch seinen Namen nennen wollte, so würde es großes Verwundern und Kopfschütteln bei Euch geben.«
»Du weißt, wer er war?« fragte der Kammerdiener in einem Ton, dem anzumerken war, daß er selbst das Geheimnis kannte.
»Ich weiß es, darüber ist nichts zu reden«, sagte der Brouza. »Ich bin dem Philipp Lang auf seinen Wegen oftmals nachgegangen, ich weiß, wohin er ging und in wessen Haus er allemal verschwand. Und ich habe es meinem Herrn, dem Kaiser, auf den Kopf zugesagt, was er da zum Schaden vieler armer Menschen für einen Goldmacher habe, und es sei nicht christlich. Mein Herr, der Kaiser, hat anfangs getan, als ob er mit einem Male die böhmische Sprache nicht mehr verstünde, aber ich ließ nicht nach, ich setzte ihm hart zu, und da begann er beweglich zu klagen, wie elend sein Leben sei und wie schwer die Last, die auf seinen Schultern läge, und wie viele Menschen er zu ernähren habe, und daß er die Kosten der großen Haushaltung ohne dieses Goldmachers Beistand nicht bestreiten könnte.Und dann ließ er mich schwören, daß ich, solange mir Gott das Leben läßt, den Namen nicht verraten und von der Sache zu keinem Menschen sprechen werde, und so hab' ich es bis heute gehalten.«
»Aber das gilt heut nicht mehr, nach so vielen Jahren«, meinte der Barbier. »Uns, deinen alten Freunden, wirst du's doch sagen?«
Der Brouza schüttelte den Kopf.
»Laßt mich das machen!« sagte der kaiserliche Hofschlosser. »Ich weiß, um was es ihm zu tun ist.«
Und er wandte sich an den Brouza:
»Wie wäre es, Gevatter, mit einem Eierkuchen und einem Salat von Kräutern dazu?«
Der Brouza schwieg und schüttelte den Kopf.
»So wollt Ihr also«, sprach der Schlossermeister weiter, »daß ich Euch Gesottenes oder Gebratenes auf den Tisch bringen lasse? Es ist zwar sündteuer in den heutigen Zeiten, der Wirt ist ein Dieb, aber sei's drum!«
Der Brouza gab keine Anwort.
»Na, na! Etwas wird es
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