Nachts wenn der Teufel kam
vertuschen die Eltern, so gut sie können. Einmal hat er ein Fahrrad gestohlen, verkauft und den Erlös in einer Kneipe durchgebracht. Er hat still vor sich hingetrunken und dann wirres Zeug geredet. In diesem Fall sprang die Schwester ein. Der Bestohlene erhielt sein Fahrrad zurück und noch fünfzig Mark Schweigegeld. Und damit war die unangenehme Sache aus der Welt geschafft.
Manchmal hat es auch mit der Wäscheabrechnung nicht gestimmt. Aber davon wußten nur die Eltern, und die taten alles, um auf Bruno keinen Schatten fallen zu lassen.
Ein paar Kinder begegnen dem Pferdefuhrwerk und rufen im Chor: »Doofer Bruno, doofer Bruno.«
Der Mann auf dem Bock lacht breit über das ganze Gesicht und droht gutmütig mit der Peitsche. Das ist jeden Tag so.
An der Kreuzung verschuldet das langsame Pferdefuhrwerk eine Stockung. Eine elegante Dame am Steuer ihres offenen Sportzweisitzers hupt ungeduldig. Ein Lastwagenführer schimpft erregt aus dem Führerstand heraus.
»Sachte, immer sachte«, ruft der doofe Bruno. Dann sieht er die Dame im Sportwagen. Er beugt sich zu ihr hinunter und schreit: »Donnerwetter, Frollein, wann krieg'n Se wieder mal ein Kind?«
Die Dame will, um weiteren Belästigungen zu entkommen, Gas geben, aber sie kommt im Gewühl nicht vor und nicht zurück. Die Passanten bleiben stehen und lachen.
Endlich löst ein Verkehrspolizist die Stauung.
»Mann, sehen Sie zu, daß Sie endlich weiterkommen, und reißen Sie keine blöden Witze«, fährt er Bruno an.
Lachend tippt der Kutscher mit den Fingern an den Rand seiner blauen Schirmmütze. Dann fährt er gemächlich weiter. Aus der Stadt hinaus. An einer hübschen Birkenallee vorbei, Richtung Wald. Ab und zu überholen ihn Radfahrer.
Das Pferdefuhrwerk biegt in einen entlegenen Waldweg ein. Der Kutscher hält an, springt vom Bock und beginnt Holz aufzuladen. Die Stämme sind schwer, er muß sich plagen und kommt ins Schwitzen dabei. Als er gerade fertig ist, überrascht ihn der Förster.
»Was machen Sie denn hier?«
»Det jeht Se nischt an.«
»Sind Sie berechtigt, das Holz abzuholen?«
»Wat weeß ick denn?«
»So«, entgegnet der Förster, »Holzdiebstahl also. Sie kommen mit zur Polizei.«
»Se können mir den Buckel runterrutschen.«
Der Förster schwingt sich auf sein Fahrrad und fährt eiligst zur nächsten Polizeistation. Gemächlich rollt der doofe Bruno mit seinem Pferdefuhrwerk und dem gestohlenen Holz der Stadt entgegen. Nach drei Kilometern hat ihn die Polizeistreife bereits gefaßt. Er wird festgenommen und in das Polizeiamt eingeliefert.
Dort kennt man ihn schon. Der Kriminalinspektor Bauer vernimmt ihn.
»Tag, Bruno«, beginnt der Beamte, »haste wieder was ausgefressen?«
»Na ja, Herr Wachtmeester.«
»Du verdienst doch genug, warum hast du auch noch Holz geklaut?«
»Na, mit dem Jeld reicht doch keener, det wissen Se doch, Herr Wachtmeester.«
»Aber da darf man doch nicht einfach klauen.«
»Wat kann ick dafür, daß se mich gleich erwischen?«
»Du gibst also zu, daß du das Holz klauen wolltest?«
Das gutmütige Gesicht des doofen Bruno verzieht sich zu einer listigen Grimasse.
»Det kann ick leicht tun, Herr Wachtmeester. Mir passiert ja nischt.«
»Was meinst du?«
»Ick hab' den Paragraphen eenundfuffzig.«
»Was hast du?«
Bruno lacht.
»Mich haben se doch schon mal geschnappt«, erwidert er, »und denn mussten se mich wieder loofenlassen. Wissen Se, ich bin nich janz richtig im Koppe, und deshalb kann mir nischt passieren.«
Kriminalinspektor Bauer lacht schallend.
»Sie sind ja gut, Mann«, sagt er. Dann geht er an den Apparat und ruft die Staatsanwaltschaft an und schildert den Vorfall.
»Was«, entgegnet der Staatsanwalt, »läuft der immer noch frei herum?«
»Ja«, antwortet der Beamte lachend.
»Ich weiß auch nicht, was man mit dem anfangen soll. Beim Richter kommen wir nicht mit ihm durch, das haben wir schon einmal durchexerziert. Hören Sie, Inspektor, das ist ja keine große Affäre. Im Grunde ist der Mann doch harmlos.«
»Natürlich, Herr Staatsanwalt.«
»Fragen Sie bei seinen Eltern nach, ob sie den Schaden gutmachen. Oder der Kerl soll das Holz wieder in den Wald fahren, wo er es hergeholt hat. Schreien Sie ihn einmal richtig zusammen und sagen Sie ihm, daß wir ihm das nächstemal den Kopf heruntermachen. Man kann nicht wissen, vielleicht hilft's.«
»Jawohl, Herr Staatsanwalt.«
Inspektor Bauer ist ein alter, erfahrener Beamter. Bevor er den Holzdieb entläßt, fragt er
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