Nachts
Legierungen, Polymeren, weiß Gott was. Unwichtig.
Rotz. Daraus bestand heutzutage in Wirklichkeit alles, und man mußte sich nicht besonders anstrengen, um eine Kamera kaputtzuschlagen, die aus Rotz bestand.
Die Linse zersplitterte. Plastiksplitter flogen herum, und das erinnerte Pop an etwas anderes. War es die linke oder die rechte Seite gewesen? Er runzelte die Stirn. Die linke. Glaubte er. Sie würden es ohnehin nicht bemerken, und wenn doch, würden sie auch nicht mehr wissen, auf welcher Seite es gewesen war, davon konnte man fast ausgehen, aber Pop hatte sich sein Nest nicht aus >Fasts< gebaut. Es war klug, vorbereitet zu sein.
Immer klug.
Er legte den Hammer weg, wischte mit einem kleinen Pinsel Glas und Plastikscherben vom Tisch auf den Boden, dann legte er auch den Pinsel weg und nahm einen Fettstift mit schmaler Spitze und ein Präzisionsmesser zur Hand. Er zeichnete die ungefähre Form des Stücks auf, das von Kevin Delevans Sun abgebrochen war, als Meg sie auf den Boden gestoßen hatte, dann schnitt er diese Linie mit dem Präzisionsmesser nach. Als er glaubte, daß er tief genug in das Plastik geschnitten hatte, legte er auch das Präzisionsmesser wieder in die Schublade und stieß die Polaroid von der Werkbank. Was einmal passiert war, sollte sich wiederholen lassen, besonders mit der Sollbruchstelle, die er geschaffen hatte.
Es funktionierte auch wie arn Schnürchen. Er untersuchte die Kamera, die nun eine gesprungene Linse hatte und der obendrein ein Stück Plastik an der Seite fehlte, nickte und verbarg sie im dunklen Schatten unter der Werkbank. Dann suchte er das Stück Plastik, das er von der Kamera abgeschlagen hatte, und warf es in den Müll zu dem Karton und dem einen Foto, das er gemacht hatte.
Jetzt konnte er nur noch warten, bis die Delevans kamen. Pop brachte die Videokassette in die brechend volle, kleine Wohnung, in der er hauste. Er legte sie auf den Videorecorder, den er gekauft hatte, damit er die Pornofilme ansehen konnte, die es heutzutage zu kaufen gab, dann setzte er sich und las die Zeitung. Er sah, daß in Pakistan ein Flugzeug abgestürzt war. Hundertdreißig Menschen waren ums Leben gekommen. Die verdammten Narren starben dauernd, dachte Pop, aber das machte nichts. Ein paar Dummköpfe weniger auf der Welt das war nicht schlecht. Dann schlug er die Sportseite auf, weil er wissen wollte, wie die Red Sox gespielt hatten. Sie hatten immer noch eine gute Chance, die Eastern Division zu gewinnen.
Kapitel Fünf
»Was war es?« fragte Kevin, als sie zum Aufbruch rüsteten. Sie hatten das Haus für sich allein. Meg war im Ballettunterricht, Mrs.
Delevan spielte Bridge mit ihren Freundinnen. Sie würde um fünf mit einer riesigen Pizza und den neuesten Nachrichten nach Hause kommen, wer sich scheiden ließ oder zumindest mit dem Gedanken spielte.
»Geht dich nichts an«, sagte Mr. Delevan mit einer rauhen Stimme, die wütend und verlegen zugleich klang.
Der Tag war kalt. Mr. Delevan hatte nach seiner leichten Jacke gesucht, jetzt hielt er inne, drehte sich um und sah seinen Sohn an, der hinter ihm stand, ebenfalls eine Jacke anhatte und die Sun in einer Hand hielt.
»Na gut«, sagte er. »Ich bin dir noch nie mit diesem Mist gekommen und will, glaube ich, gar nicht damit anfangen. Du weißt, was ich meine.«
»Ja«, sagte Kevin und dachte: Ich weiß ganz genau, wovon du sprichst, will ich damit sagen.
»Deine Mutter weiß nichts davon.«
»Ich werde es ihr nicht sagen.«
»Sag das nicht«, fuhr ihn sein Vater an. »Beschreite diesen Weg niemals, sonst kannst du nicht mehr zurück.«
»Aber du hast gesagt; du hast nie «
»Nein, ich habe es ihr nie gesagt«, antwortete sein Vater, der endlich die Jacke gefunden hatte und sich schulterzuckend hineinwand. »Sie hat mich nie gefragt, und ich habe es ihr nie gesagt.
Wenn sie dich nie fragt, mußt du es ihr nie erzählen. Findest du, daß das ein Scheißargument ist?«
»Ja«, sagte Kevin. »Um die Wahrheit zu sagen, ja.«
»Okay«, sagte Mr. Delevan. »Okay aber so halten wir das.
Wenn das Thema je zur Sprache kommt, mußt du müssen wir es sagen. Wenn nicht, dann nicht. So machen wir das in der Welt der Erwachsenen. Es klingt beschissen, nehme ich an, und manchmal ist es beschissen, aber s o machen wir es eben. Kannst du damit leben?«
»Ja. Ich glaube schon.«
»Gut. Gehen wir.«
Sie gingen nebeneinander die Einfahrt entlang und machten die Reißverschlüsse ihrer Jacken zu. Der Wind spielte mit dem Haar von
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