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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sehen wollte, oder aber eine Abfolge unbeweglicher Fotografien, und statt dessen sah es keins und beides.
    Es verging Zeit in dieser PolaroidWelt. Nicht mit derselben Geschwindigkeit wie in dieser
    (wirklichen ?)
    Welt, sonst wäre die Sonne schon dreimal auf (oder unter)gegangen, und was der merkwürdige Hund tat, wäre längst abgeschlossen gewesen (falls er überhaupt etwas tat), und wenn nicht, wäre er einfach fort, und man würde lediglich diesen reglosen und scheinbar ewigen, verwitterten Lattenzaun sehen, der ein ungepflegtes Rasenstück begrenzte, aber sie verging.
    Der Kopf des Hundes drehte sich zu dem Fotografen, Besitzer des Schattens, herum wie der Kopf eines Hundes im Griff eines epileptischen Anfalls: Eben noch wurden das Gesicht und fast die gesamte Kopfform von dem herunterhängenden Ohr verdeckt; dann sah man ein schwarzbraunes Auge, umgeben von einer runden und irgendwie glibberigen Korona, bei der Kevin an schlecht gewordenes Eiweiß denken mußte; dann sah man die halbe Schnauze mit Lefzen, die leicht runzlig aussahen, als würde der Hund gleich bellen oder knurren; und zuletzt sah man etwa zwei Drittel eines Gesichts, das gräßlicher war, als es bei einem normalen Hund der Fall sein durfte, selbst bei einem ausgesprochen bösen Tier. Die weißen Haare auf der Schnauze deuteten daraufhin, daß er nicht mehr jung war. Ganz am Ende des Bands konnte man sehen, daß der Hund die Lefzen tatsächlich fletschte. Etwas Weißes funkelte, das Kevin für einen Zahn hielt. Das sah er aber erst beim dritten Durchlauf. Das Auge hielt ihn im Bann. Es war mörderisch. Diese Promenadenmischung sprühte geradezu vor Mordlust. Und der Hund hatte keinen Namen; das wußte er ebenso gewiß. Er wußte ohne den Schatten eines Zweifels, daß kein Polaroidmann, keine Polaroidfrau und kein Polaroidkind diesem Polaroidhund je einen Namen gegeben hatte; es war ein Streuner, als Streuner geboren, als Streuner groß und alt und böse geworden, die Inkarnation aller Hunde, die je über das Antlitz der Erde gestreunt waren, namenlos und heimatlos, Hühner töteten und Abfall aus Mülltonnen fraßen, die umzuwerfen sie schon lange gelernt hatten, und in Abwasserrohren und unter den Veranden verlassener Häuser schliefen. Sein Verstand würde verkümmert sein, aber seine Instinkte scharf und rot. Er
    Als Pop Merrill das Wort ergriff, wurde Kevin so gründlich aus seinem Nachdenken gerissen, daß er fast geschrien hätte.
    »Der Mann, der diese Bilder gemacht hat«, sagte er.» Wenn es so jemanden überhaupt gegeben hat, will ich damit sagen. Was meint ihr, ist aus dem geworden!«
    Pop hatte das letzte Bild mittels Fernbedienung festgehalten.
    Eine Statiklinie verlief quer über das Bild. Kevin wünschte sich, sie würde durch das Auge des Hundes gehen, aber die Linie war darunter. Dieses Auge starrte sie an haßerfüllt, dumm, mordlüstern
    nein, nicht dumm, nicht völlig, das machte ihn nicht nur furchteinflößend, sondern entsetzlich , und niemand mußte Pops Frage beantworten. Man brauchte keine Bilder mehr, um zu wissen, was als nächstes passieren würde. Der Hund hatte wahrscheinlich etwas gehört: Selbstverständlich hatte er etwas gehört, und Kevin wußte auch, was. Er hatte das quietschige kleine Surren gehört.
    Weitere Bilder würden zeigen, wie er sich weiter drehte, dann würde er immer mehr von jedem Bild einnehmen, bis nur noch der Hund selbst zu sehen sein würde kein ungepflegter, fleckiger Rasen, kein Zaun, kein Gehweg, kein Schatten. Nur der Hund.
    Der angreifen wollte.
    Der töten wollte, wenn er konnte.
    Kevins trockene Stimme schien jemand anderem zu gehören.
    »Ich glaube, er mag es nicht, wenn man ihn fotografiert«, sagte er.
    Pops kurzes Lachen war, als würde man trockene Zweige über dem Knie zu Feuerholz brechen.
    »Spulen Sie zurück«, sagte Mr. Delevan.
    »Wollen Sie das ganze Ding noch mal sehen?« fragte Pop.
    »Nein nur die letzten zehn Sekunden oder so.«
    Pop spulte mit der Fernbedienung zurück und ließ es noch einmal laufen. Der Hund drehte den Kopf so ruckartig wie ein Roboter, der alt und abgelaufen, aber immer noch gefährlich ist, und Kevin wollte ihnen sagen: Hörtauf. Hört einfach auf. Es reicht. Hören wir auf und vernichten wir diese Kamera. Denn da war noch etwas, oder nicht? Etwas, worüber er nicht nachdenken wollte, aber bald würde er darüber nachdenken müssen, ob es ihm gefiel oder nicht; er konnte spüren, wie es in seinem Verstand an die Oberfläche kam wie der breite

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