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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sagte.
    »Wie dem auch sei, vor ein paar Jahren hat er herausgefunden, daß man mit diesen Spielzeugen nicht nur Geld verdienen konnte, indem man anderen Leuten Kassetten auslieh. Wenn man bereit war, nur achthundert Piepen locker zu machen, konnte man Filme und Schnappschüsse der Leute auf Videoband überspielen. Viel einfacher anzusehen.«
    Kevin gab ein leises, unwillkürliches Geräusch von sich, und Pop lächelte und nickte.
    »Jaha. Du hast mit deiner Kamera achtundfünfzig Bilder gemacht, und wir haben alle gesehen, jedes war ein klein wenig anders als das vorhergehende; ich denke, wir wissen auch alle, was das bedeutet, aber ich wollte es selbst sehen.«
    »Sie haben versucht, einen Film aus diesen Schnappschüssen zu machen?« fragte Mr. Delevan.
    »Nicht versucht, ich habe einen Film daraus gemacht«, sagte Pop.
    »Besser gesagt, der Mann aus der Stadt, den ich kenne. Aber es war meine Idee.«
    »Ist es ein Film?« fragte Kevin. Ihm war klar, was Pop gemacht hatte, und ein Teil von ihm war etwas verdrossen, weil er selbst nicht darauf gekommen war, aber weitgehend war er baff vor Staunen (und Entzücken) über den Einfall.
    »Sieh selbst«, sagte Pop und schaltete den Fernseher ein. »Achtundfünfzig Bilder. Wenn der Bursche Schnappschüsse von Leuten überspielt, nimmt er im allgemeinen jedes fünf Sekunden lang auf Video auf lange genug, daß man es sich gut ansehen kann, aber nicht so lange, daß man sich langweilen würde, bis das nächste kommt. Ich habe ihm gesagt, ich wollte jedes nur eine Sekunde lang und ohne Blenden zwischen den einzelnen Bildern.«
    Kevin fiel ein Spiel ein, das er in der Grundschule gespielt hatte, wenn eine Stunde zu Ende war und er vor Beginn der nächsten noch etwas Zeit hatte. Er hatte einen kleinen Notizblock, der Regenbogenblock hieß, weil er mit dreißig gelben Seiten anfing, dann kamen dreißig rosa Seiten, dann dreißig grüne und so weiter. Für das Spiel schlug man die letzte Seite auf und zeichnete ein Strichmännchen mit weiten Hosen und ausgestreckten Armen. Auf der nächsten Seite malte man dasselbe Strichmännchen mit derselben weiten Hose auf derselben Stelle, aber diesmal zeichnete man die Arme ein Stück höher aber nur ein winziges Stück. Das machte man auf jeder Seite, bis das Strichmännchen die Arme über dem Kopf zusammenschlug. Wenn man dann noch Zeit hatte, malte man das Strichmännchen weiter, das nun die Arme langsam wieder senkte. Wenn man fertig war, konnte man die Seiten ganz schnell durchblättern und hatte einen behelfsmäßigen Trickfilm mit einem Boxer, der über einen K. o. jubelt: Er hob die Hände über den Kopf, schlug sie zusammen, schüttelte sie und ließ sie wieder sinken.
    Kevin erschauerte. Sein Vater sah ihn an. Kevin schüttelte den Kopf und murmelte: »Nichts.«
    »Ich will damit sagen, das Band dauert nur etwa eine Minute«, sagte Pop. »Ihr müßt genau hinsehen. Fertig?«
    Nein, dachte Kevin.
    »Meinetwegen«, sagte Mr. Delevan. Er versuchte immer noch, griesgrämig und verdrossen zu klingen, aber Kevin hörte, daß er nichtsdestotrotz ein gewisses Interesse entwickelt hatte.
    »Okay«, sagte Pop Merrill und drückte auf den Startknopf.
    Kevin sagte sich immer wieder, daß es albern war, Angst zu haben.
    Er sagte es sich, aber es half kein bißchen.
    Er wußte, was er sehen würde, weil er und Meg schon bemerkt hatten, daß die Sun nicht nur ein und dasselbe Bild immer wiederholte wie ein Fotokopierer; sie brauchten nicht lange, bis sie dahinterkamen, daß die Fotos von einem zum nächsten eine Bewegung beschrieben.
    »Sieh doch«, hatte Meg gesagt. »Der Hund bewegt sich!«
    Anstatt mit einer seiner freundlichen, aber nervtötenden, altklugen Bemerkungen daherzukommen, die er normalerweise für seine jüngere Schwester bereithielt, hatte Kevin gesagt: »Es sieht so aus. .. aber man kann es nicht mit Sicherheit sagen, Meg.«
    »Kann man doch«, sagte sie. Sie waren in seinem Zimmer, wo er die Kamera düster betrachtet hatte. Sie lag mitten auf seinem Schreibtisch, die neuen Schulbücher, die er in Schutzhüllen packen wollte, waren zur Seite geschoben. Meg hatte den Hals der Schreibtischlampe so gedreht, daß diese einen grellen Lichtkreis auf die Schreibtischunterlage warf. Sie schob die Kamera beiseite und legte das erste Bild das mit dem Zuckergußfleck am Rand in die Mitte des Lichts. »Zähl die Zaunpfosten zwischen den Hinterfüßen des Hundes und dem rechten Bildrand«, sagte sie.
    »Es sind Zaunlatten und keine

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