Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
spät waren. Zehn Minuten nach zehn war er wieder bei sich zu Hause.
    Die PLAYLampe an seinem Anrufbeantworter leuchtete. Er drückte den Knopf, holte eine Zigarette heraus und zündete ein Streichholz an.
    »Hallo, Sam«, sagte die leise und völlig unverwechselbare Stimme von Ardelia Lortz, und das Streichholz verharrte zehn Zentimeter von Sams Zigarette entfernt. »Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen. Ihre Bücher sind überfällig.«
    »Ah, Scheißel«. rief Sam aus.
    Etwas nagte schon die ganze Woche in ihm, so wie ein Wort, das man sucht, die Zunge als Trampolin benützt und gerade außer Reichweite herumhüpft. Die Bücher. Die gottverdammten Bücher.
    Die Frau würde ihn zweifellos genau als die Art von Philister betrachten, die sie in ihm sehen wollte er mit seinen anmaßenden Bemerkungen, welche Plakate in die Kinderbibliothek gehörten und welche nicht. Die Frage war nur, ob sie ihre Schelte auf Band gesprochen hatte oder wartete, bis sie ihn leibhaftig vor sich hatte.
    Er schüttelte das Streichholz aus und warf es in den Aschenbecher neben dem Telefon.
    »Ich glaube, ich hatte Ihnen erklärt«, fuhr sie mit ihrer sanften und ein ganz klein wenig zu vernünftigen Stimme fort, »daß der Speaker’s Companion und Best Loved Poems of the American People aus der Abteilung für spezielle Nachschlagewerke der Bibliothek stammen und nicht länger als eine Woche ausgeliehen werden können.
    Von Ihnen hätte ich mehr Verständnis erwartet, Sam. Wirklich.«
    Zu seiner unsagbaren Verlegenheit mußte Sam feststellen, daß er mit einer unangezündeten Zigarette zwischen den Lippen hier in seinem eigenen Haus stand und Schamesröte der Schuld ihm in Hals und Wangen stieg. Er war wieder einmal unerbittlich in die vierte Klasse zurückversetzt worden diesmal saß er auf einem Hocker, Gesicht zur Ecke, und hatte eine Eselsmütze fest auf dem Kopf.
    Im Tonfall, als würde sie einen großen Gefallen gewähren, fuhr Ardelia Lortz fort: »Aber ich habe beschlossen, Ihnen einen Aufschub zu gewähren; Sie haben bis Montagnachmittag Zeit, die ausgeliehenen Bücher zurückzubringen. Bitte helfen Sie mir, auf unangenehme Maßnahmen zu verzichten.« Eine Pause. »Denken Sie an den Bibliothekspolizisten, Sam.«
    »Der Witz wird langsam alt, ArdeliaBaby«, murmelte Sam, aber er sprach nicht einmal mehr zu der Aufzeichnung. Sie hatte aufgelegt, nachdem sie den Bibliothekspolizisten erwähnt hatte, und die Maschine schaltete lautlos ab.

    2

    Sam nahm ein frisches Streichholz, um seinen Glimmstengel anzuzünden. Er atmete noch den ersten Zug aus, als ihm eine Vorgehensweise einfiel. Diese war vielleicht ein wenig feige, würde aber sein Saldo bei Ms. Lortz ein für allemal ausgleichen.
    Er hatte Naomi ihre rechtmäßige Belohnung gegeben, jetzt würde er dasselbe für Ardelia tun. Er setzte sich an den Schreibtisch im Arbeitszimmer, wo er die berühmte Rede verfaßt hatte, und zog den Notizblock zu sich.
    Unter den Aufdruck (Büro SAMUEL PEEBLE5) kritzelte er nachfolgende Notiz:
    Liebe Ms. Lortz,
    ich möchte mich dafür entschuldigen, daß ich Ihre Bücher zu spät zurückgebracht habe. Dies ist eine aufrichtige Entschuldigung, da mir die Bücher bei der Vorbereitung meiner Rede eine unschätzbare Hilfe waren. Bitte nehmen Sie dieses Geld als Gebühr für säumige Bücher. Den Rest behalten Sie bitte als Ausdruck meines Dankes.
    Mit vorzüglicher Hochachtung
    Ihr
    Sam Peebles
    Sam las den Brief noch einmal durch, während er eine Büroklammer aus der Schublade kramte. Er überlegte sich, ob er » daß ich Ihre Bücher« in » daß ich die Bücher der Bibliothek« umwandeln sollte, beschloß dann aber, es so zu lassen. Ardelia Lortz hatte ganz den Eindruck auf ihn gemacht, als würde sie der Philosophie l’etat c’est moi folgen, auch wenn l’etat in diesem Fall nur die örtliche Bibliothek war.
    Er nahm einen Zwanzigdollarschein aus der Brieftasche und befestigte ihn mit der Büroklammer an dem Brief. Danach zögerte er noch einen Moment und trommelte mit den Fingerspitzen unruhig auf der Schreibtischplatte.
    Sie wird es als Bestechung auffassen. Wahrscheinlich wird sie beleidigt und wütend wie der Teufel sein.
    Das mochte stimmen, aber Sam war es einerlei. Er wußte, was hinter dem gemeinen Anruf dieser Lortz heute morgen steckte
    hinter beiden Anrufen wahrscheinlich. Er war ihr wegen der Plakate in der Kinderbibliothek ein wenig zu sehr auf die Füße getreten, und jetzt zahlte sie es ihm heim oder versuchte es. Aber dies war

Weitere Kostenlose Bücher