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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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irgendwie gelang es mir, nicht zu schreien.«
    Dave sah sie mit seinen tiefliegenden, gequälten Augen an.
    Dann lächelte er. Sam Peebles vergaß dieses geisterhafte Lächeln nie mehr; es sollte ihn fortan in seinen Träumen verfolgen.
    »Aber das macht nichts«, fuhr Dave fort. »Irgendwo, tief in meinem Inneren, schreie ich seither ununterbrochen.«

    7

    »Ich würde gerne sagen, daß ich am Ende ihren Einfluß auf mich abschütteln konnte, aber das wäre gelogen. Es war einfach Zufall
    oder was gläubige Menschen eine höhere Ordnung nennen. Sie müssen wissen, daß ich 1960 völlig vom Rest der Stadt abgeschnitten war. Wissen Sie noch, wie ich gesagt habe, daß ich einmal Mitglied des Rotary Clubs war, Sam? Nun, im Februar 1960 hätten diese Männer mich nicht mehr eingestellt, um die Pißbecken in ihren Klos sauberzumachen. Was Junction City anbetraf, war ich nur eins von vielen bösen Kindern und lebte ein Pennerdasein.
    Leute, die ich mein Leben lang gekannt hatte, gingen auf die andere Straßenseite, um mir auszuweichen, wenn ich ihnen begegnete.
    Damals hatte ich die Konstitution eines Berserkers, aber der Fusel höhlte mich doch langsam aus, und was mir der Fusel nicht nahm, nahm mir Ardelia Lortz.
    Ich habe mich mehr als einmal gefragt, ob sie sich nicht bei mir holen würde, was sie brauchte, aber das hat sie nicht. Vielleicht nützte ich ihr auf diese Weise nichts aber das war, glaube ich, nicht der Grund. Ich glaube nicht, daß sie mich geliebt hat ich glaube nicht, daß Ardelia jemanden lieben konnte , aber ich glaube, daß sie einsam war. Ich glaube, sie hat lange, lange Zeit gelebt
    wenn man ihr Dasein leben nennen kann, und sie hat «
    Dave verstummte. Seine gekrümmten Finger trommelten unablässig auf die Knie, und sein Blick wanderte wieder, wie Trost suchend, zum Getreidefahrstuhl am Horizont.
    »Lebensgefährten scheint mir das Wort zu sein, das es am besten trifft. Ich glaube, sie hat einen Teil ihres langen Daseins Lebensgefährten gehabt, aber ich glaube auch, als sie nach Junction City kam, lag der letzte schon lange zurück. Fragt nicht, was sie mir gesagt hat, das diesen Eindruck erweckte, ich kann mich nämlich nicht erinnern. Es ist weg, wie so vieles. Aber ich bin ziemlich sicher, daß es stimmt. Und sie hatte mich auf die Rolle vorbereitet. Ich bin ziemlich sicher, daß ich mit ihr gekommen wäre, wäre sie nicht entdeckt worden.«
    »Wer hat sie entdeckt, Dave?« fragte Naomi und beugte sich nach vorne. »Wer?«
    »Deputy Sheriff John Power. Damals war Norman Beeman Sheriff von Homestead County, und Norm ist der beste Grund dafür, daß Sheriffs ernannt und nicht gewählt werden sollten. Die Wähler gaben ihm den Job, als er 1945 mit einem Koffer voller Orden zurückkam, die er sich mit Pattons Armee in Deutschland verdient hatte. Er war ein Teufelskerl, das muß man ihm lassen, aber als CountySheriff war er nicht mehr wert als ein Furz bei Sturm. Er hatte das breiteste, weißeste Lächeln, das ihr je gesehen habt, und konnte einem tonnenweise Honig ums Maul schmieren. Und er war selbstverständlich Republikaner. Das ist in Homestead County immer am wichtigsten gewesen. Ich glaube, Norm würde auch heute noch gewählt werden, wenn er im Sommer 1963 nicht im Hughies’ Friseursalon tot umgefallen wäre. Daran kann ich mich noch deutlich erinnern; da war Ardelia schon eine Weile fort, und ich war wieder einigermaßen zu mir gekommen.
    Es gab zwei Geheimnisse für Norms Erfolg abgesehen von seinem breiten Grinsen und den Tonnen Honig, meine ich. Zunächst einmal war er ehrlich. Soweit ich weiß, hat er nie einen roten Heller Bestechungsgeld genommen. Zweitens hat er immer darauf geachtet, daß er stets einen Hilfssheriff unter sich hatte, der helle im Oberstübchen war und selbst keine Ambitionen nach dem Job hatte. Mit den Typen ist er immer bestens umgesprungen; jeder einzelne bekam eine felsenfeste Empfehlung, wenn er weiterziehen und weiterkommen wollte. Norm hat sich der Seinen angenommen. Ich glaube, wenn man sich umsieht, würde man sechs bis acht städtische Polizeichefs oder Obersten der Staatspolizei im Mittelwesten finden, die zwei oder drei Jahre hier in Junction City verbracht und für Norm Beeman die Kastanien aus dem Feuer geholt haben.
    Aber John Power nicht. Der ist tot. Wenn Sie in seinem Nachruf nachlesen würden, könnten Sie feststellen, daß dort als Todesursache Herzanfall steht, obwohl er nicht einmal dreißig Jahre alt war und keine der schlechten Gewohnheiten

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