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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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auf, je nachdem, wieviel ich zu trinken gehabt hatte, und ich war normalerweise bis auf die Knochen durchgefroren. Über diese Monate kann ich euch nicht viel sagen, aber ich weiß soviel, daß der Staat lowa 1959/60 einen verdammt strengen Winter erlebte. Ich glaube, ein nüchterner Mann wäre in vielen Nächten in den Maisfeldern erfroren.
    In der Nacht, von der ich euch als nächstes erzählen will, gab es keine Probleme das muß schon im Juli 1960 gewesen sein, und es war heißer als in den Öfen der Hölle. Ich weiß noch, wie der Mond in dieser Nacht ausgesehen hat, aufgedunsen und rot hing er über den Feldern. Und es schien, als würde jeder Hund in Homestead County diesen Mond anheulen.
    Als ich in dieser Nacht zu Ardelias Haus schlich, war mir, als würde ich unter den Ausläufern eines Zyklons dahinschreiten.
    Diese Woche den ganzen Monat, glaube ich war sie langsam und müde gewesen, aber nicht in dieser Nacht. In dieser Nacht war sie hellwach und rasend vor Wut. So hatte ich sie seit dem Abend nicht mehr gesehen, nachdem Mr. Lavin ihr befohlen hatte, das Plakat von Rotkäppchen abzunehmen, weil es den Kindern Angst machte. Anfangs merkte sie nicht einmal, daß ich da war. Sie ging splitternackt wie am Tag ihrer Geburt falls sie überhaupt je geboren worden ist , mit gesenktem Kopf und geballten Fäusten im Erdgeschoß hin und her. Sie war wütender als ein Bär mit wundem Arsch. Normalerweise hatte sie das Haar zu einem altjüngferlichen Knoten hochgesteckt, aber als ich durch die Küchentür eintrat, trug sie es offen und ging so schnell auf und ab, daß es hin und her flog.
    Ich konnte hören, wie es kurze, knisternde Laute von sich gab, als wäre es mit statischer Elektrizität aufgeladen. Ihre Augen waren blutrot und leuchteten wie die Eisenbahnlampen, die sie früher aufgehängt haben, wenn die Schienen irgendwo versperrt waren, und sie schienen ihr förmlich aus dem Gesicht zu quellen. Ihr Körper war von Schweiß wie eingeölt, und so erbärmlich mein Zustand war, ich konnte sie riechen; sie stank wie ein läufiger Rotluchs. Ich weiß noch, ich konnte sehen, wie dicke, ölige Tropfen ihr an Brust und Bauch hinabliefen. Und auf Hüften und Schenkeln glänzte der Schweiß. Es war eine dieser stillen, drückenden Nächte, wie wir sie manchmal hier haben, wenn die Luft nach Gras riecht und einem auf der Brust liegt wie eine Wagenladung Alteisen und jeder Atemzug, den man macht, voll Maisfäden zu sein scheint. In solchen Nächten wünscht man sich, es würde blitzen und donnern und ein Gewitterregen herunterprasseln, aber so weit kommt es nie. Man wünscht sich auch, der Wind würde wehen, nicht nur, um einem ein wenig Abkühlung zu verschaffen, sondern auch, weil er das Geräusch des Maises ein wenig erträglicher machen würde das Geräusch, wie der Mais sich rings um einen aus dem Erdboden zwängt, was sich anhört wie ein alter Mann mit Arthritis, der versucht, am Morgen vom Bett aufzustehen, ohne seine Frau zu wekken.
    Dann merkte ich, daß sie diesmal nicht nur wütend wie der Teufel war, sondern auch Angst hatte. Und die Verwandlung, die mit ihr vonstatten ging, wurde beschleunigt. Was auch immer sich in ihr abspielte, es hatte sie auf Hochtouren gebracht. Sie sah eigentlich nicht älter aus; sie sah weniger präsent aus. Ihr Haar sah dünner aus, wie das Haar eines Babys. Man konnte die Kopfhaut darunter erkennen. Und ihre Haut sah aus, als würde ihr eine zweite Haut wachsen ein feines, gazeartiges Netz war auf ihren Wangen, um die Nasenlöcher, in den Augenwinkeln. Wo ein Hautfältchen war, konnte man es am besten sehen. Es flatterte ein wenig, wenn sie ging. Wollt ihr etwas Verrücktes hören? Wenn heute der Jahrmarkt in die Stadt kommt, kann ich nicht einmal in die Nähe des Zuckerwatteverkäufers gehen. Kennt ihr die Maschine, mit der sie gemacht wird? Sieht aus wie ein Krapfen und dreht sich immer im Kreis, und dann hält der Mann einen Pappkartonkegel hinein und wickelt die rosa Zuckerwatte darauf. So sah Ardelias Haut allmählich aus wie feinste Fädchen gesponnenen Zuckers.
    Ich glaube, ich habe gesehen, was sie machte. Sie machte genau dasselbe wie Raupen, wenn sie schlafen gehen. Sie spann einen Kokon um sich.
    Ich stand eine Zeitlang unter der Tür und sah sie auf und ab gehen. Sie bemerkte mich eine ganze Weile nicht. Sie war zu sehr damit beschäftigt, sich in den Nesseln zu wälzen, in die sie sich gesetzt hatte. Zweimal schlug sie mit der Faust gegen die Wand und hieb sie glatt

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