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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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dieser Abdrücke ihnen mitzuteilen. Ihr gehört nicht hierher. Ihr seht Dinge, die gar nicht da sind, und merkt nicht, was sich euch von hinten nähert.
    Und zum ersten Mal an jenem Abend - einschließlich des Moments, in dem er angeschossen worden war - verspürte Hart einen Anflug echter Angst.
    »Ein verdammter Werwolf«, sagte Lewis und schaute erneut zum Seeufer. »Die Alte ist hinüber. Ganz bestimmt. Ich würde sagen, wir verziehen uns von hier. Nach der Sache da« - er nickte in Richtung des Hauses der Feldmans - »sollten wir uns lieber beeilen. Das alles ist absolut beschissen gelaufen. Wir halten auf der Landstraße einen Wagen an, entsorgen den Fahrer und sind im Handumdrehen zurück in der Stadt.« Er schnippte theatralisch mit den Fingern.
    Hart erwiderte nichts. Er deutete nach vorn. »Ich möchte sehen, ob sie baden gegangen ist oder nicht.«
    Lewis seufzte übertrieben laut, wie ein Teenager. Aber er folgte Hart. Wortlos schlichen sie sich zum felsigen Ufer und hielten zwischendurch immer wieder kurz inne.
    Der jüngere Mann blickte auf den Lake Mondac hinaus. Die Oberfläche war nun vollständig in den Schatten der Dämmerung gehüllt und kräuselte sich in der Brise wie eine schwarze schuppige Schlangenhaut. »Dieser See gefällt mir nicht«, verkündete Lewis. »Der ist total unheimlich.«
    Er macht viel zu viel Lärm, dachte Hart verärgert und beschloss, die Zügel etwas fester anzuziehen. Es war heikel, aber es musste sein. »Weißt du, Lewis«, flüsterte er, »du hättest beim
Haus nicht plötzlich losplappern und den Wagenschlüssel erwähnen dürfen. Ich hätte mich nämlich an die Frau anschleichen können.«
    »Also ich bin an allem schuld, ja? Es war allein mein Fehler.«
    »Ich meine nur, wir müssen vorsichtiger sein. Und als du im Esszimmer warst, hast du erst was zu der Frau gesagt, anstatt einfach zu schießen.«
    Lewis hatte es gut drauf, gleichzeitig schuldbewusst und mürrisch zu blicken. »Ich konnte doch nicht ahnen, dass sie ein Cop ist. Scheiße, woher sollte ich das wissen? Immerhin hab ich nicht den Schwanz eingezogen, sondern beinahe Blei geschluckt, Kumpel.«
    Blei geschluckt?, dachte Hart. Niemand sagte je »Blei geschluckt«.
    »Diese Gegend ist zum Kotzen«, fügte Lewis hinzu, strich sich über das kurze Haar und rieb sich das Ohrläppchen. Er runzelte die Stirn und erinnerte sich dann, dass der Ohrstecker mittlerweile in seiner Hosentasche verstaut war. »Ich hab eine Idee, Hart. Wie weit ist es bis zur Landstraße? Etwa anderthalb Kilometer?«
    »Kommt hin.«
    »Lass uns den Ersatzreifen vorn an den Ford montieren und damit bis zur Einmündung fahren. Den Plattfuß hinten lassen wir so. Verstehst du, was ich meine? Der Schlitten hat Vorderradantrieb. Wir kommen problemlos bis zur Landstraße. Jemand wird anhalten, um uns zu helfen. Ich winke den Wagen heran, der Fahrer kurbelt das Fenster runter und peng, das war’s. Ehe der Wichser schnallt, was mit ihm passiert, ist es auch schon vorbei. Dann nehmen wir die Karre und fahren nach Hause. Wir könnten ins Jake’s gehen. Warst du schon mal da?«
    Harts Aufmerksamkeit war auf den See gerichtet. »Nein, kenne ich nicht«, sagte er geistesabwesend.
    Lewis legte die Stirn in Falten. »Und du willst aus Milwaukee
sein? Das Jake’s ist die beste Bar der ganzen Stadt.« Er sah am Ufer entlang und wies auf eine Stelle ungefähr fünfzig Meter weiter südlich. »Ich glaube, es war da drüben.«
    Hart sagte nichts.
    »Mann, ich hab sie in ihren verfluchten Kopf getroffen. Und ihr Wagen ist ins Wasser gestürzt. Sie ist auf jeden Fall tot, entweder erschossen oder ertrunken.«
    Vielleicht, dachte Hart.
    Doch er musste immer wieder daran denken, wie die Polizistin sich in der Auffahrt beim Haus der Feldmans verhalten hatte. Sie hatte nicht Hals über Kopf die Flucht ergriffen, war nicht in Panik geraten. Nein, sie hatte erhobenen Hauptes dagestanden, mit straff aus der Stirn gezogenem Haar, den Wagenschlüssel - den Schlüssel zur Sicherheit, könnte man sagen - in einer Hand, die Waffe in der anderen. Sie hatte gewartet und gewartet. Damit er sich ihr als Ziel anbot.
    Nichts davon bedeutete natürlich, dass sie nicht ertrunken war und nun in einem tonnenschweren Fahrzeugwrack auf dem Grund dieses unheimlichen Sees lag. Aber es bedeutete, dass sie sich nicht ohne äußerste Gegenwehr geschlagen geben würde.
    »Sehen wir lieber nach, bevor wir irgendwas anderes unternehmen«, sagte Hart.
    Wieder eine finstere Miene.
    Hart

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