Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness (Darkness Chosen 01)
Vorwarnung hereinplatzen. Oder er würde auf ihrem Handy anrufen, wild herumblöken, ihr mordsgute Ratschläge geben, als hätte sie b-l-ö-d auf der Stirn stehen und wäre total lebensuntüchtig. Dabei wollte sie doch bloß ein bisschen ungestört sein und ihre Wunden lecken …
Der Idiot klopfte erneut, und dieses Mal war es echt aufdringlich.
Mit Kresley auf dem Arm ging sie zur Tür und blinzelte durch den Spion.
Sie sah einen hünenhaften Typen im Overall mit dem Logo
des Umzugsunternehmens auf der Brusttasche. Er hielt ein Klemmbrett und kritzelte darauf herum.
Na logo. Der Papierkram. Zu allem Überfluss wollte Jasha wohl auch noch, dass sie den unfreiwilligen Umzug aus eigener Tasche bezahlte. Dieser Mistkerl.
Sie öffnete die Tür.
Der Umzugsmensch würdigte sie kaum eines Blickes, sondern ratterte stereotyp herunter: »Hi, Mrs. Smith, ich bin Max Lederer. Ich brauch Ihre Unterschrift auf diesen Papieren. Zur Bestätigung, dass wir nichts beschädigt haben.«
»Ich … ich hab noch nicht überall nachgesehen.« Hoffentlich merkte er nicht, dass sie geweint hatte.
»Soll ich warten?« Er spähte zu Kresley, der mit einem Mal stocksteif in ihren Armen lag.
»Ja, das wäre nett.« Sie schob Kresley in eine Armbeuge und griff mit der anderen Hand nach dem Klemmbrett. Auf den Formularen stand CANTU MOVERS, gefolgt von einer Auflistung der Räume.
Max zog einen Stift hinter dem Ohr hervor und tippte auf den Durchschlag. »Inspizieren Sie sämtliche Zimmer, und wenn alles okay ist, unterschreiben Sie bitte hier. Sollte irgendein Problem auftauchen, notieren Sie sich kurz ein paar Stichworte. Dann gehen wir das nachher zusammen durch.« Max war hochgewachsen, blond, sonnengebräunt und er sprach mit leichtem Akzent. Ann tippte darauf, dass er bei Frauen mächtig gut ankam. Er roch zwar säuerlich verschwitzt, aber bei dem Job war das kein Wunder. Vermutlich musste er den ganzen Tag Möbel schleppen, und das bei den hochsommerlichen Julitemperaturen, die derzeit in Napa Valley herrschten. Und er war barfuß. Wie abgefahren.
Er musste ihren Blick aufgefangen haben, denn er erklärte trocken: »Ich hatte heute Morgen neue Stiefel zur Arbeit angezogen, und jetzt tun mir die Füße weh.«
»Und ich kann Ihnen noch nicht mal ein Stück Heftpflaster anbieten.« Weil Jasha, dieser Schuft, heimlich und ohne ihr Wissen den Umzug organisiert hatte. Sie hätte sich auch nicht für Geld und gute Worte dazu breitschlagen lassen, denn ihr schwante, dass er sie so schnell ohnehin nicht wieder zurückließ. Auch nicht, wenn die Gefahr gebannt wäre. »Okay, Max, ich mach schnell. Wenn Sie hier kurz warten wollen.« Sie wollte im Schlafzimmer anfangen und von dort aus ihre Runde drehen.
Kaum war Max über die Schwelle getreten, begann Kresley zu knurren. Es war ein ähnlich kehliges, furchteinflößendes Knurren wie seinerzeit bei Jasha.
»Das ist aber’ne verdammt große Katze.« Auf Max’ Gesicht zeigten sich Abscheu und Ekel.
»Haben Sie ihn etwa im Bad eingeschlossen? Kein Wunder, dass er Sie anfaucht.« Sie drückte den Kater an ihren Busen. Nach seiner Reaktion zu urteilen, schien Kresley fest entschlossen, sich auf Max zu stürzen. Und bei ihrer Glückssträhne hätte sie dann vermutlich ruck, zuck eine Klage am Hals.
»Ich bring ihn so lange weg.« Während sie mit dem Kater ins Bad lief, klingelte ihr Handy.
Hinter ihrem Rücken schnappte unvermittelt die Eingangstür zu, und Max drehte den Schlüssel um.
Ann erstarrte. Jetzt wusste sie, weshalb Kresley dermaßen knurrte und fauchte.
Sie zog das Böse an. Und geriet immer an die falschen Menschen.
Und dieses Mal war sie an ihn geraten.
Sie hatte ihn sogar selbst hereingelassen.
35
A nn wirbelte herum.
Max grinste. Sie hatte dieses Grinsen schon einmal gesehen, in den Wäldern, als der Varinski sich auf den Angriff vorbereitete. Aber damals hatte sie ein Messer dabeigehabt und eine Ikone, die sie beschützte.
Ihr Herz trommelte panisch gegen ihren Rippenbogen. Sie fühlte, wie ihr der kalte Angstschweiß ausbrach. Und das Handy hörte auf zu klingeln.
Jasha glaubte bestimmt, dass sie nicht mit ihm sprechen wollte. Kein Wunder nach ihrer aufgeheizten Debatte. Himmel noch, was sie ihm alles an den Kopf geworfen hatte!
Auweia, was hatte sie sich dabei bloß gedacht?
Das hatte sie davon. Jetzt war sie allein und diesem Typen hilflos ausgeliefert.
Max kam näher, seine nackten Füße gingen geräuschlos über den Parkettboden.
Das Handy klingelte
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