Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising
erzählen, was zwischen mir und Jimmu vorgefallen war, nicht zuletzt deshalb, weil ich das Gefühl hatte, dass ich allein hier nicht mehr sicher war.
Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass Jimmu nicht bloß vorhatte, mir die Hand zu schütteln und sich höflich nach meiner Einschätzung der Chancen von Neuengland im diesjährigen Super Bowl zu erkundigen. Er hatte ganz sicher eine grässliche Gewalttat an mir verüben wollen - aber warum?
»Nur weil ich ein Halbling bin?«, fragte ich mich. »Oder steckt noch mehr dahinter?«
Ich hoffte wirklich, dass Jimmu einen besseren Grund hatte, mich zu töten, als mein genetisches Erbe, auch wenn ich wusste, dass sich die Menschen gerade deswegen besonders gerne gegenseitig massakrierten. Aber wenn Halblinge so verhasst waren, dass manche in der übernatürlichen Gemeinschaft es okay fanden, sie zu töten, dann wäre ich in der Welt meiner Mutter niemals sicher.
»Und nicht mehr richtig zu Hause in der meines Vaters...«, dachte ich noch.
Ich schüttelte diese Gedanken ab, denn jetzt war sicher nicht der Zeitpunkt, an die Zukunft zu denken. Erst einmal musste ich sicher in mein Zimmer und zu Ryu gelangen, möglichst ohne vom Schlangenmann zerstückelt zu werden. Keine leichte Aufgabe, denn ich hatte keinen blassen Schimmer, wo ich mich gerade befand.
»Als Besucher müsste man hier wirklich erst einmal einen Ortsplan in die Hand gedrückt bekommen«, dachte ich und sah mich um, um herauszufinden, in welche Richtung ich mich wenden sollte. Normalerweise hatte ich einen ganz guten Orientierungssinn, aber dieser Ort störte irgendwie mein internes Navigationsgerät.
Auf keinen Fall wollte ich auf dem Weg zurück, über den
ich gekommen war, falls Jimmu schon damit fertig war, denjenigen zu zerstückeln, der uns gestört hatte. Also ging ich auf zwei große Flügeltüren vor mir zu. Ich fühlte mich ziemlich bescheuert in meinem ausgeblichenen alten Badeanzug, aber niemand schenkte mir Beachtung. Was nur gut war, denn Jimmus Verhalten mir gegenüber hatte mich durchaus überzeugt, dass praktisch jeder hier mir nach dem Leben trachten konnte, nur weil ich war, wer ich war. Kein besonders angenehmes Gefühl.
Unauffällig öffnete ich eine der Türen einen Spalt weit und schlüpfte hindurch. Vorsichtig schloss ich sie hinter mir, drehte mich um und stand plötzlich Morrigan, der Alfar-Königin, gegenüber.
»Mist«, dachte ich und beeilte mich, schnell eine kleine Verbeugung zu machen, die aber leider wenig anmutig wirkte.
Die Königin nickte mir huldvoll zu. Zum ersten Mal sah ich sie stehend. Sie war nicht größer als einen Meter siebzig, aber die Kraft, die von ihr ausging, ließ mich zurückweichen. Zwei hübsche Zofen standen beschützend zu beiden Seiten hinter ihr, aber als sie sahen, wer da eingetreten war und was ich anhatte, waren sie es, die zurückwichen.
»So furchteinflößend bin ich nun auch wieder nicht, oder?«, dachte ich und wünschte mir, Jimmu hätte denselben Respekt vor mir an den Tag gelegt.
»Jane«, erklang die schleppende Stimme der Königin, und ein langsames Lächeln legte sich um ihre Mundwinkel. »Wie schön, dich zu sehen.«
»Danke, Majestät«, erwiderte ich.
»Hattest du eine angenehme Nachtruhe?«
»Ja, Majestät.«
»Wie hat dir der Pool gefallen?«
»Oh, gut, danke«, sagte ich, und mein innerer kleiner Crackteufel fügte insgeheim hinzu: »… dass Ihr Drogen beigefügt habt.« »Die Wirkung ist ziemlich stark«, hörte ich mich dann wieder laut sagen.
»Ja, das ist sie wohl, für dich.« Unsere Augen trafen sich, und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass sie mich wirklich ansah. »Du lebst in Nell Zwergs Territorium, oder?«, fragte sie mich. Ich versuchte nicht zu kichern.
»Äh, ja, ich denke schon, bei Nell Zwerg.«
Die Königin sah mich prüfend an. »Sie muss dich schulen. Ich werde mit ihr in Kontakt treten. Wir können dich nicht völlig schutzlos lassen.«
»Nein, das können wir wirklich nicht«, dachte ich und musste daran denken, dass ich in Jimmus Gegenwart wie paralysiert gewesen war.
»Indes, wie gefällt es dir bisher hier im Verbund?« Die Königin fasste mich am Arm, und ich entspannte mich etwas. Jimmu würde bestimmt nicht an Morrigan vorbei zu mir durchdringen, und ich bezweifelte, dass die Königin es zulassen würde, dass einem ihrer Gäste vor ihren Augen der Kopf abgeschlagen würde, auch wenn es sich bei mir nur um einen Halbling handelte.
»Oh, es ist ganz wunderbar«, sagte ich, und in
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