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Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising

Titel: Nachtstürme - Peeler, N: Nachtstürme - Tempest Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Peeler
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schließlich offenbar davon überzeugt hatte, dass ich nicht gleich umkippen und sterben würde, ließ er sich dazu herab, meinem feindseligen Blick zu begegnen. Als ich in seinen Augen sah, wie besorgt er um mich war, verflog meine Wut.
    Da er mich noch heilte und ich sowieso nicht sprechen konnte, hatte ich Zeit, ihn eingehend zu betrachten. Irgendwie kam er mir bekannt vor, aber nicht auf so beängstigende Weise wie Jimmu. In seiner menschlichen Erscheinung wirkte Anyan eher wie jemand, der mir im Traum begegnet war. Das war ein seltsames Gefühl, aber nicht unangenehm. Ich erkundete sein Gesicht, das sich so nah vor meinem befand. Seine Haare hatten die gleiche Farbe wie sein Fell als Hund, und es war genauso zerzaust und lang. Es fiel ihm wirr und lockig auf seine hohen Wangenknochen. Er hatte markante Züge, eine lange, dominante Nase, die noch dazu ziemlich schief war, einen breiten Mund mit vollen Lippen und ein kantiges Kinn. Seine Augen waren groß und ausdrucksvoll, aber diese Beschreibung passte eigentlich auf alles an ihm. Schließlich war er ein äußerst beeindruckender Hund, also verwunderte es kaum, dass er auch als Mensch außergewöhnlich groß gewachsen war. Ich
schätzte ihn auf weit über einen Meter achtzig, und seine Hände umfassten problemlos meinen Hals. Wahrscheinlich könnte er meinen Kopf zerquetschen wie eine Traube.
    »Ich kenne dich«, dachte ich. Einen Augenblick lang glaubte ich schon, es würde mir wieder einfallen, aber dann verblasste die Idee wieder, bevor sie wirklich Formen angenommen hatte. Ich konzentrierte mich und starrte dabei in seine grauen Augen.
    »Tut mir leid«, sagte er und schreckte mich damit aus meinen Gedanken. »Ich wollte dich nicht täuschen. Ich dachte wirklich, du weißt, was gemeint ist, als ich dir sagte, ich sei ein Barghest.«
    Ich lächelte ihn an. »Roald Dahl«, krächzte ich entschuldigend.
    Er starrte mich einen Moment lang irritiert an, bevor er verstand und sich sein Gesicht aufhellte. » Hexen hexen ?«, fragte er lachend. »Meine Güte, Mädchen. Kein Wunder, dass du Angst vor mir hast.« Er kicherte - es klang voll und tief -, und sein Lachen drang über seine Hände in meinen Körper. »Keine Sorge, das ist keine authentische Darstellung unserer Art.«
    Ich zog skeptisch eine Augenbraue hoch, und er lächelte verständnisvoll. »Wir sind bimorphe Wesen, wie deine Mutter. Wir haben eine menschliche und eine Hundeform. Aber mit extragroßen Zähnen und Pfoten«, erklärte er, und als er erneut lächelte, fielen mir seine leicht verlängerten Eckzähne auf. Seine Hände konnte ich gerade nicht sehen, aber mir war klar, wie groß sie sein mussten, da er sie mir ohne Probleme ganz um den Hals legen konnte.
    Wir saßen uns noch eine Weile gegenüber, bis er behutsam
meinen Hals losließ. Während dieser Zeit achtete ich tunlichst darauf, ihm nicht in den Schritt zu starren. Es irritierte mich, einen splitterfasernackten Typen vor mir zu haben, dessen unglaublich wuschelige Ohren ich erst neulich noch gekrault hatte.
    »Wie fühlst du dich?«, erkundigte er sich fürsorglich. Zum Test räusperte ich mich und spürte nur noch ein leichtes Kratzen. Ich weitete meinen Test aus und hustete probeweise. Erleichtert stellte ich fest, dass ich keine Schmerzen mehr hatte.
    »Schon viel besser«, sagte ich schließlich. Meine Stimme war noch etwas rau, aber das waren offenbar die einzigen Nachwirkungen, die von meinem Zusammenstoß mit Jarl übriggeblieben waren. Das und ein tiefes Gefühl der Erschöpfung. Ich fühlte mich, als hätte ich fünf Marathonläufe hintereinander gemacht, und spürte, dass ich dem totalen Kollaps nahe war. Ich glaube, ich stand außerdem unter Schock.
    »Gut«, sagte er und legte die Hand an mein Kinn, um mein Gesicht zu betrachten. Ich blickte ihn an, während meine Erinnerung mit mir Verstecken spielte.
    »Ryu hätte dich gar nicht erst hierherbringen dürfen«, sagte er, und seine raue Stimme klang vorwurfsvoll. »Es war viel zu früh.«
    Ich war zum Umfallen erschöpft, und nun hatte mich Anyan auch noch daran erinnert, dass ich mir weiterhin Sorgen um Ryus Sicherheit machen musste. Als ich daran dachte, hatte ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich flippte aus, oder ich fing hysterisch an zu heulen. Ich entschied mich für Ersteres.

    »Ich bin doch kein Kind, du Riesenköter!«, schimpfte ich wütend und lenkte all meine Frustration, die sich an diesem Abend in mir angestaut hatte, auf Anyans haarige Brust. »Nur weil ich ein

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