Nachtwelt
Klamotten an und bringt Mimi einen
warmen Pulli mit.
Als Mimi aus dem Auto steigt, fängt ihr
Herz wie verrückt an zu klopfen und ihr ist heiß. Petra kommt zu ihr und sagt:
„Du siehst aus, als ob du einen Sonnenbrand hast. Deine Birne ist ganz rot.
Außerdem guckst du irgendwie blöd.“
„Na, vielen Dank. Das ist die Vorfreude
auf eure Medizinerclique.“
Petra legt ihr tröstend den Arm um die
Schulter: „Ach, komm. Sind ja nicht nur Ärzte da. Wird bestimmt ganz nett. Nur
ein Stündchen.“
Am Strand sieht man gerade noch, wie der
Falkensteiner Leuchtturm in der Dämmerung versinkt. Es sind sechzig bis achtzig
Leute gekommen. Organisieren können die Mediziner wirklich gut. In mehreren
Fässern brennen Feuer. Es gibt Fackeln und Musik. Cola, Wasser, Wein und Bier
bekommt man an einer Getränkestation.
Mimi überlegt, wie oft die wohl gelaufen sind
bis sie all’ diese Dinge an den Strand geschafft hatten. Sie holt sich für 1,50
Euro ein Bier und gesellt sich zu der Gruppe, mit der Petra und Ben zusammen
stehen. Sie drückt den Bügel ihres Bieres zurück und der Verschluss springt,
mit einem Plop, auf.
Während Mimi ihr Bier trinkt, hat sie das
Gefühl, jemand hinter ihr würde sie beobachten. Sie dreht sich um und schaut
direkt in ein dunkles Paar Augen. Der Mann aus ihrem Traum steht, nur fünf
Meter entfernt, an einer der Feuertonnen und starrt sie an. Er scheint entsetzt
zu sein, sie zu sehen. Panik kriecht Mimi von den Füssen in Richtung Bauch. Sie
ist sich sicher, dass sie diesen Mann, außer in ihrem Traum, vorher noch nie
gesehen hat. Er ist eben nur ein Mann, den man sich in seinen Träumen
zusammenbaut. Warum gibt es ihn in Wirklichkeit??
Mimi reißt Petra in die Richtung in der
Typ steht: „Kennst du den Typen?“ Sie zeigt zu der Feuertonne.
„Welchen denn, da stehen so viele.“
„Jetzt ist der weg, wieso ist der jetzt
weg?! Ich muss wissen, ob du den kennst. Wenn du den kennst, dann kenne ich den
vielleicht auch“, stottert Mimi konfus und leicht hysterisch.
Das der Mann weg ist hat nichts mit Magie
zu tun. Man muss sich nur drei Schritte von den Feuertonnen entfernen und schon
verschluckt einen die Dunkelheit. Mimi hört, wie Petra zu ihr sagt: „Süße,
alles ist gut. Wir gucken mal, ob wir ihn finden.“
„Alles in Ordnung?“, will Ben wissen.
„Mimi ist so blass“.
Wegen Bens Frage schauen auch einige
andere in Mimis Richtung. Wahrscheinlich alles Ärzte, die bei dem Wort blass,
direkt in die Erste-Hilfe-Startposition gegangen sind.
„Ja, alles in Ordnung“, antwortet Petra. „Wir
gehen mal was Essen. Bestimmt geht es Mimi dann besser.“
Petra zieht ihre Freundin zu einer der
Grillstationen. Hier stehen die Leute dicht gequetscht. Schichten im
Krankenhaus macht anscheinend hungrig. Petra hat bezahlt und die Mädels nehmen sich
die einzelnen Zutaten für einen Hot Dog. Petra zuliebe würgt Mimi ihr Essen
herunter. Ihr ist kalt und auch ein bisschen schlecht, als sie sagt: „Ich gehe
jetzt nach Hause. Irgendwie bin ich fertig.“
Petra begleitet sie noch ein Stück in
Richtung des Parkplatzes, um sie dort zu verabschieden: „Träum was Schönes, Mimi.
Manchmal werden Träume wahr. Du siehst es an Ben und mir. Ich habe nie
aufgehört, um eine solche Liebe zu kämpfen und nun ist sie da.“
Mimi hat keine Ahnung, was Petra ihr sagen
will und auch keine Lust, solche Gespräche zu führen. Im Weggehen sagt sie: „Ja,
ja, ich weiß. Du würdest für die Liebe sterben.“
„Ja, dass würde ich.“
Mimi schaut noch einmal zu ihrer Freundin.
Damit sie nicht anfängt zu weinen, kneift sie die Augen zusammen. Sie schüttelt
den Kopf – ihr reicht es für heute.
Die blöden Fragen nach ihrer letzten
Nacht, der Irminsulanhänger von Michi und der Mann aus ihrem Traum, der heute
Abend nicht hätte hier sein dürfen. Mimi ist mit ihren Nerven am Ende. Ganz
allein steht sie in der Dunkelheit und fühlt sich plötzlich beobachtet. Einen
kurzen Moment glaubt sie in der Dunkelheit honigfarbene Augen aufblitzen zu
sehen.
Sie hat das Gefühl, der Wahnsinn reicht
ihr die Hand. Sie muss nur einen kleinen Schritt auf ihn zumachen und er nimmt
sie mit, auf eine lange Reise.
D ie Nachtwelt
Mimis Urlaubswoche war ein einziger
Albtraum. Ihre Nächte waren unruhig und an manchen Abenden hatte sie Angst
schlafen zu gehen.
In ihren Träumen sah sie die Lichtung und
die dort brennenden Feuer. Sie stand am Waldrand und beobachtete die Leute.
Als wollten sie
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