Nackige Engel
haben die nichts zu tun.
Dieselhofers Beharrlichkeit, mir das immer wieder ausreden zu wollen, bewirkte das genaue Gegenteil. Sie machte mich zunehmend misstrauisch und grantig.
– Sie wiederholen sich. Was immer ich in diese Richtung andeute, tun Sie als Blödsinn ab. Warum eigentlich?
Dieselhofer schwieg. Ich sah ihn förmlich vor mir, wie er sich wand.
Er räusperte sich.
– Dienstweg. Mehr kann ich nicht sagen, okay?
So war das also. Man hatte ihm einen Wink gegeben. Womöglich hatte ich ihn falsch eingeschätzt. Wie man den Rücken für Verbeugungen wieder geschmeidig bekam, musste er nicht erst bei Pilates lernen.
– Das macht einen richtig neugierig, wer und was dahintersteckt.
– Sie können vielleicht ein sturer Bock sein.
Er räusperte und schnaubte wie ein Ross.
– Sonst noch was?
– Das mit der Spielsucht von Wolfertshofer . . .
– Wissen wir längst, raunzte er. Die Namen der Schafkopfbrüder von seinem letzten Abend im Wirtshaus liegen komplett vor.
Ich wartete auf weitere Hinweise.
– Wollten Sie was sagen?, fragte ich schließlich.
– Bei aller Liebe, Gossec, Namen gebe ich Ihnen keine. Aber wenn Sie die Herren treffen möchten, morgen Abend sitzen sie wieder zusammen. Wie jeden Donnerstag.
Um ihn wieder lockerer zu machen, rückte ich mit meiner wertvollsten Information heraus.
– Womöglich hat einer von denen in meinen Laden eingebrochen.
– Hoppla, wie kommen Sie dann darauf?
Ich erzählte ihm die Sache mit der Autogrammkarte.
– Und warum gerade die?
– Wegen Foto und Unterschrift von Wolfershofer bricht niemand bei mir ein. Um das Spielprotokoll muss es gegangen sein. Auf der Rückseite waren Gewinn und Verlust notiert.
Dieselhofer überlegte.
– Da ist was dran. Am besten, Sie kommen zu mir aufs Revier, dann gehen wir die ganze Sache noch mal durch und schauen uns die Fotos von den drei Herren an. Vielleicht fällt Ihnen doch noch etwas dazu ein. Ein Hinweis, eine Idee, eine Erinnerung. Probieren wir es halt.
48
Als ich in Dieselhofers Büro auftauchte, stocherte er mit der Plastikgabel in einer Sushibox. Dazu las er die Zeitung.
– Ist praktisch fettfrei, sagte er entschuldigend und faltete die Zeitung zusammen. Dann warf er sie auf den Altpapierhaufen.
– Haben Sie es gelesen heute? Ihre braunen Kameraden sind ja ziemlich solvent.
– Von wem reden Sie denn?
– NKM. Die hätten doch beinahe die Prinz-Rupprecht-Halle gekauft.
Jetzt, wo Dieselhofer das sagte, kam mir die ganze Geschichte völlig absurd vor. Woher sollte dieser zusammengewürfelte Haufen, der in der Burg Berneck bei Flaschenbier abhing, so viel Geld haben?
– Nein, davon wusste ich nichts. Ich dachte, es geht um die Partei oder irgendwelche ihrer reichen Unterstützer.
Er deutete auf den Zeitungsstapel.
– Habe ich ausgelesen. Können Sie mitnehmen.
Ich steckte mir die Zeitung in die Jackentasche.
Vorsichtig leckte Dieselhofer an der Gabelspitze, die er ein wenig in das beigegebene Schälchen mit Meerrettich getunkt hatte.
– Scharf!
– Meerrettich.
Ich blickte in ein schmerzgezeichnetes Antlitz.
– Kren?
– Genau. Nur ohne Tellerfleisch.
Sorgfältig und ohne Hast drückte er den Deckel auf seine Sushibox und stellte sie beiseite.
– Wird ja nicht kalt.
Dann fuhr er mit seinem Bürostuhl ein Stück nach hinten, um besseren Rufkontakt nach nebenan zu haben.
– Kriegen wir wenigstens einen Kaffee?
Nun kamen wir zur Sache. Dieselhofer interessierte sich für jedes Detail auf der Rückseite der Autogrammkarte. Aber ich konnte nicht mehr beisteuern, als dass es Zahlenkolonnen waren, wie sie beim Kartenspiel von Spielrunde zu Spielrunde notiert wurden.
– Hat es einen Saldo gegeben? Erinnern Sie sich, wer gewonnen und wer verloren hat?
Ich schüttelte den Kopf.
Dieselhofer zog aus der Schublade seines Schreibtischs die Fotos der Schafkopfbrüder hervor und reichte sie mir herüber. Ich studierte jedes Foto. Tatsächlich erinnerte ich mich an den einen seines Schnauzers wegen. Aber das war es auch schon.
– Nette, biedere Herren allesamt. Zwei Familienväter, einer von auswärts. Ein Schreiner. Und?
Ich zuckte die Achseln.
– Nichts.
Resigniert schob Dieselhofer sein Material in die Schublade zurück.
– Ich glaube ja immer noch, dass der Knoten, der nicht aufgehen mag, bei Ihnen im Kopf drinnen ist. Aber was soll man machen?
Er schaute auf die Uhr.
– Jessas, ich habe ja noch einen Termin. Haftprüfung.
Wir verabschiedeten uns.
Ich zog mir draußen
Weitere Kostenlose Bücher