Nackt schlafen ist bio
Ich schrieb in der Schule Aufsätze über Trüffelschweine oder die Sauberkeit des Hausschweins, zeichnete immer und überall das Ferkel aus Pu der Bär , Wilbur und Schweinchen Dick und sammelte diversen Schweinchen-Krimskrams wie Sticker, Figürchen und Schlüsselanhänger. Irgendwann hatte ich Schweine dann gründlich satt, doch es dauerte Jahre, bis sich das herumgesprochen hatte – ob Geburtstag, Weihnachten oder ein anderer Anlass, nie bekam ich etwas anderes als »Schweinkram« geschenkt.
Und so bin ich jetzt etwas besorgt, dass ich den Rest meines Lebens nur noch mit ökologisch einwandfreien Präsenten bedacht werde, weil alles, was nicht hundertprozentig umweltfreundlich ist, für mich erst gar nicht infrage kommt. Na ja, das ist vermutlich immer noch besser als Schweine. Trotzdem sollte ich mir nach meinem grünen Jahr wohl hin und wieder ein ganz normales T-Shirt aus dem Kaufhaus zulegen und Haarspray benutzen, schon um die Leute daran zu erinnern, dass ich mich nicht nur über Mehrwegtaschen und vegane Zahnseide freue.
2. MAI , 63. TAG
Wechsel zu natürlichem Deo
Gerade habe ich einen Kommentar zu meinem Eintrag bekommen, dass ich zu einem natürlichen Deo wechseln will. Jemand mit dem Benutzernamen Bureinato schreibt: »Bin zufällig auf deine Seite geraten … und wollte dir sagen, dass ich Listerine-Mundspülung unter die Achseln tupfe und es das beste aluminiumfreie Deo ist, das ich je hatte.«
Ich habe inzwischen eine ganze Reihe merkwürdiger Leser. Neulich hat eine Frau in einem Kommentar gebeichtet, dass sie eine irrationale Angst vor Haarföhnen hat, und nicht wenige Leser sind geradezu emoticonsüchtig und spicken ihre Kommentare mit Smileys, überraschten, traurigen und angewiderten Gesichtern, und das in einem einzigen Absatz. Wordpress, mein Blogprogramm, hat ein Kästchen auf der Statistikseite, in dem steht, über welchen Suchbegriff bei Google jemand zu mir auf die Seite gekommen ist, und das ist oft überraschend, manchmal auch in höchstem Maße alarmierend. Einerseits gibt es da ziemlich normale Suchanfragen wie »Was ist eine Distel?«, »natürliches Deo« oder »Vanessa Farquharson« (ja, gut, die war wahrscheinlich von mir). Aber ich lese auch »Cliparts Affen«, »sexy Zahnarzt«, »Erdkeks« und – mein Lieblingsbeispiel: »Haben Schoko-Handys eine Kamera?«
Wie könnte ich es nur hinkriegen, meinen Blogeintrag zum Deo mit Suchanfragen nach Paris Hilton zu verlinken …?
4. MAI , 65. TAG
Kaugummikauen aufgeben
»Ich versteh sowieso nicht, warum Leute Kaugummi kauen«, sagte meine Schwester. »Es ist eine so überflüssige Anstrengung. Wer will denn schon eine Stunde lang auf etwas herumbeißen, das er danach nicht einmal runterschlucken darf?«
Das ist ein Argument. Auch wenn es von einem Mädchen stammt, das findet, man sollte eiserne Lungen im normalen Einzelhandel käuflich erwerben können. Und einmal hat sie sich einfach nur so die abgelegte Halskrause von meiner Mutter gemopst, weil sie angeblich zu erschöpft war, den Kopf oben zu halten.
6. MAI . 67. TAG
Den Backofen nicht mehr benutzen
Nachdem ich letzten September etwa 240 Prozent meines Gehalts für eine Wagenladung von Marken-Stretchhosen ausgegeben hatte, litt ich an einem schlimmen posttraumatischen Spontankauf-Syndrom. Mitten im Delirium verfiel ich auf die Idee, mich dadurch zu kurieren, dass ich nochmals 40 Dollar auf meinem Konto zusammenkratzte, um mich einer Gruppe von energydrinksüchtigen Adrenalin-Junkies anzuschließen, die sich am ersten Maisonntag in aller Frühe in knallenge Sportklamotten zwängen wollten (so ähnlich wie die Stretchhosen, die ich gerade gekauft hatte), um dann zur Kreuzung zwischen Yuppie und Preppy zu pesen und mit 8 000 anderen verrückten Frühaufstehern 10 Kilometer weit zu rennen.
Das Ganze firmiert unter dem Namen Sporting Life 10K, wird von meiner Zeitung gesponsert, und ich habe mich dafür angemeldet. Aus irgendeinem Grund hatte ich mit den ganzen überteuerten Einkäufen im Arm das Gefühl, als könne ich, wenn ich die Sache nur ernst genug nähme und wirklich hart genug dafür trainierte, vielleicht wirklich eine echte Läuferin werden und nicht bloß eine Joggerin.
An dieser Stelle sollte ich vielleicht damit herausrücken, dass ich eine ausgesprochen typische Erstgeborene bin: Die größte Sorge meiner Eltern war – zumindest kam es mir so vor –, ich könnte erwachsen werden, ohne dass meine spezifischen Begabungen genug gefördert worden waren; dem
Weitere Kostenlose Bücher