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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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unfassbar seidige Mähne und werfe dann alle Hüte, Klammern und Gummibänder in den Müll, weil es nie wieder einen Bad-Hair-Tag geben wird.
    Dieser Logik folge ich, seit ich mit ungefähr dreizehn Jahren endlich genug Taschengeld bekommen habe, um mir mein eigenes Shampoo kaufen zu können. Lächerlich, ich weiß, aber bestimmt ergeht es unzähligen Frauen genauso, sonst wären nicht mehr als hundert verschiedene Marken von etwas auf dem Markt, was im Grunde nur eine leichte Abwandlung von Seife ist.
    Je mehr ich allerdings über Toxine und Chemikalien erfahre, desto skeptischer werde ich gegenüber den bekannten Markenprodukten. Nicht dass alle krebserregend und schädlich sind, aber die meisten nutzen zumindest unseren Wunsch aus, hübsch auszusehen, gut zu riechen und sich gut zu fühlen. Das heißt übersetzt: synthetische Farben (grün = Apfel), Düfte (#54 = Apfel) und Zusätze wie Natriumlaurylsulfat, damit es schön schäumt, sowie kationische Polymere zum Glätten. Was wiederum bedeutet, dass jedes Mal, wenn ich eine Flasche öffne und einen nach »Frühlingsmorgen« duftenden Klacks Flüssigkeit auf meinem Kopf verreibe, bis jede Menge Schaum entstanden ist, das Ganze ausspüle und den Vorgang eventuell wiederhole, zwar meine Haare gesäubert, langfristig gesehen aber sowohl ich als auch der Ontario-See geschädigt werden können.
    Angesichts dessen habe ich mich entschlossen, zu einem natürlichen Shampoo zu wechseln. Allerdings wollte ich keine ganze Flasche kaufen, nur um dann festzustellen, dass es nichts taugt. Also nahm ich ein paar Minifläschchen, die von meinem letzten Hotelaufenthalt übrig waren, und ging damit zu Big Carrot, wo man mindestens fünf oder sechs verschiedene umweltfreundliche Sorten aus großen Nachfüllspendern zapfen kann, allesamt parabenfrei, ohne Natriumlaurylsulfat und ohne Konservierungsstoffe. Manche sind sogar unparfümiert – aber werbefrei waren sie nicht, auf ihren Aufklebern priesen sie allesamt ihre pH-Neutralität, ihre Feuchtigkeitsformeln für fettiges, trockenes oder normales Haar und ihre pflegende Wirkung an. Aber da ich ja liebend gern beworben werde, zapfte ich mir von jeder Sorte eine Probe und machte mich zu Hause ans Experimentieren.
    Die empirischen Ergebnisse in ungeordneter Reihenfolge: lausig, eklig, stinkend, zum Heulen, zum Speien. Beim dritten setzte ich mich doch tatsächlich an den Computer und recherchierte zur Sicherheit die Liste der Inhaltsstoffe, weil ich fürchtete, versehentlich Feuchtigkeitscreme erwischt zu haben; und ich bin ziemlich sicher, dass das fünfte meine Haare schmutziger statt sauberer gemacht hat.
    Verfilzte, fettige Strähnen fielen mir in mein ärgerlich dreinschauendes Gesicht und die gerunzelte Stirn, als ich einen Blogeintrag über den Wechsel zu natürlichem Shampoo schrieb und dabei mit meinem Unmut nicht hinterm Berg hielt. Wie sich herausstellte, wussten meine Leser dazu ebenfalls eine Menge zu sagen. Manche empfahlen ihre Lieblingsmarken, interessanter war allerdings der Dialog, der sich mit der sogenannten »No ’poo«-Bewegung entspann. All diese Ablehner jeglichen Shampoogebrauchs beharrten eisern darauf, ich müsse nur aufhören, meine Haare zu waschen, dann würde mein Körper entsprechend reagieren und die Talgproduktion anpassen, sodass ich schließlich glänzende, aber keine fettigen Locken hätte.
    Der einzige Haken daran war, dass es etwa eine Woche dauern würde, bis sich mein Körper umstellte. Das war leider ein zu großer Haken. Ich musste jeden Tag ins Büro, und trotz der Tatsache, dass manche meiner männlichen Kollegen schon in mottenzerfressenen Pullovern, Filzpantoffeln und mit Brillen mit Fensterglas am Arbeitsplatz gesichtet wurden, hatte ich den Ruf der Schicken und Schönen zu wahren, schließlich schrieb ich im Feuilleton. Da konnte ich in absehbarer Zeit, egal, wie kurzfristig, keine Fettablagerungen an der Kopfhaut dulden.
    Doch als ich weiter in den Kommentaren schmökerte, fiel mir auf, dass mehrere Frauen geschrieben hatten, sie würden sich statt Shampoo Essig ins Haar sprühen. Zwar wollte ich nichts allzu Ausgefallenes probieren, aber ein alltägliches Produkt, das in meinem Küchenschrank stand, schien einen Versuch wert zu sein – immerhin benutzen die Menschen Essig seit Jahren als natürlichen Haushaltsreiniger, er würde also irgendetwas in Richtung Hygiene bewirken. Und was für einen Zweck hatte dieses ökologische Jahr überhaupt, wenn ich mich nicht zumindest hin und

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