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Nackt schlafen ist bio

Nackt schlafen ist bio

Titel: Nackt schlafen ist bio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farquharson
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verkaterten Gesicht passte. »Wie geht’s dir?«
    »Ach, ganz gut«, seufzte er. Justin sprach fast immer in diesem klagenden Singsang, ganz egal, was er sagte.
    »Wann hast du dich angemeldet?«, fragte ich.
    »Ähm, gestern?«, überlegte er. »Ja, gestern.«
    Er erklärte, dass er sich das Ziel gesetzt habe, bis zum Sommer in Form zu kommen, doch er könne sich zu sportlicher Betätigung nur aufraffen, wenn er sich bei solchen Sachen beteilige.
    »Verstehe«, sagte ich. »Und wie geht’s dir mit deinem Knöchel, Maryam?«
    »Er tut weh, aber was soll’s«, erwiderte sie lässig wie immer. Sie hatte diesen Lauf schon ein paarmal mitgemacht, ganz zu schweigen von dem Halbmarathon letzten Herbst, und musste heute keine persönliche Bestzeit laufen.
    »Und wie fühlst du dich?«, fragte sie mich.
    »Irgendwo zwischen Ohnmacht und Kotzen«, antwortete ich.
    Also verbrachten Maryam und Justin die restliche Taxifahrt damit, mir zu versichern, dass ich prima klarkommen würde und das Ganze sowieso im Nu hinter mich gebracht hätte.
    Nachdem wir angekommen waren und uns bei den Organisatoren gemeldet hatten, gingen wir alle auf die Toilette, machten dann Aufwärm- und Dehnübungen, nahmen unsere Plätze ein und warteten auf den Startschuss.
    Akustische Umweltverschmutzung, ging es mir durch den Kopf.
    Doch kaum hatte ich die Startlinie hinter mir gelassen und flog über die längste Straße der Welt, umgeben vom wie Regen prasselnden Klang von 8 000 Fußpaaren auf dem Asphalt, waren meine ökologischen Bedenken wie weggeblasen und meine Nervosität schlug in Begeisterung um.
    Allerdings verwandelte sich die Begeisterung nach knapp fünf Kilometern wieder in Nervosität zurück, ging dann in Erschöpfung über, und als ich die halbe Strecke hinter mir hatte, wollte ich diesen verdammten Lauf einfach nur noch hinter mich bringen und ausgiebig frühstücken.
    Außerdem fiel es mir schwer, die Freiheit eines autofreien Laufs und die frische Luft zu genießen, wenn Mutter Natur dabei mit Werbeproben, weggeworfenen Pappbechern und Dixiklos zugemüllt wurde. An der Ziellinie bekam dann jeder eine Medaille in die Hand gedrückt, eine Rockband mit generationsübergreifendem Repertoire schloss ihre Instrumente an Generatoren und Verstärker an, und die Organisatoren verteilten in verschiedenen Zelten Bagels, Flaschen mit knallrotem, aromatisiertem, mit Fruchtzucker gesüßtem Maissirup und aus Kolumbien importierte Bananen. Hätte ich den Lauf nicht in weniger als einer Stunde bewältigt und mich deshalb total high gefühlt, wäre ich deswegen wahrscheinlich mehr als nur irritiert gewesen.
    Auch Maryam und Justin waren schon wieder zu Atem gekommen und lungerten an der Zeittafel herum – Justins Zigarettenfrühstück schien eine kluge Wahl gewesen zu sein, er hatte es in 52 Minuten geschafft, Maryam hatte 57 gebraucht. Sie sahen mich auf sie zurennen und kamen mir entgegen, um mir zu gratulieren. Da entdeckte ich auch meine zwar verschlafene, aber strahlende Mom, meinen Dad und meine Schwester, die mich mehrmals herzlich umarmte. Dad bot an, ein paar Bagels und grellfarbige Sportgetränke zu besorgen, doch ich schüttelte nur den Kopf und lehnte höflich ab, denn sowohl mein Magen als auch mein Gewissen verlangten nachdrücklich nach Eiern Benedict aus Freilandhaltung auf Muffins aus biologischen Zutaten. Da ich meinen Backofen für den Rest des Jahres abgeschaltet hatte und Überbackenes daher nur noch zu futtern bekam, wenn jemand anderes es für mich in seine Röhre schob, wollte ich in ein nahe gelegenes Restaurant mit Speisen aus nachhaltiger Produktion, die sowohl meinen Protein- als auch meinen Kohlehydratbedarf stillen konnten. Und so hatte ich nur noch ein einziges Problem: Wie sollte ich meine Beine je wieder dazu bringen, sich zu bewegen?
    9. MAI , 70. TAG
    Wechsel zu natürlichem Shampoo
    Irgendwo schlummert in einer 175-ml-Plastikflasche, verborgen auf einem überfüllten Regal in der Körperpflegeabteilung eines Drogeriemarkts, ein magisches Elixier, das meine matten, fransigen, mausbraunen Haare in eine glänzende, kastanienbraune Mähne verwandeln wird. Es existiert, ich habe es nur noch nicht entdeckt, aber eines Tages, wenn ich es am wenigsten erwarte – ich habe mal wieder eine neue Shampoomarke ausprobiert, trete aus der Dusche, föhne mir die Haare und schaue in den Spiegel –, werde ich es erleben: Unter anschwellendem »Hallelujah«-Jubel drehe ich den Kopf hin und her, fahre mit den Fingern durch die

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