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Nackt

Nackt

Titel: Nackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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wie schwer es für euch ist», sagte Uta. «Von den Rassisten im Süden steht ihr unter Beschuss, und jetzt lese ich in der Zeitung, dass euch auch noch die Juden das Leben schwermachen.»
    «Das die Leute sein, die Jesus umgebracht haben!», sagte Dupont. «Sie ihn haben an ein Kreuz gehängt und mit Stöcken gepiekst.»
    «Nun, ich hätte nichts dagegen, ein paar von ihnen mit einem Stock zu pieksen», sagte Uta.
    «Ich auch nicht.» Dupont sah mich an und lächelte.
    An den folgenden Tagen schaltete Dupont noch einen Gang höher und wies Uta auf meine zahllosen Mängel hin, während er tat, als teile er ihre vielen Ansichten und Interessen. Alle paar Stunden stellte er eine Frage zum Thema Sticken oder Schlittschuhlaufen, aber hauptsächlich hielt er sich an die Juden. «Letzte Nacht ich mir haben Gedanken darüber gemacht, wie Sie sagen, die Juden versuchen, die Weltbanken zu übernehmen, Frl. Uta, und das mir kommen gar nicht gerecht vor, wenn man bedenken, wie viel sie schon haben.»
    «Tja, Dupont, manche Menschen können den Hals einfach nicht voll genug kriegen. Das ist genetisch bedingt. Wahrscheinlich werden sie schon so geboren.»
    «Bestimmt Sie haben recht. Manche Menschen wie Mistah Dave sein geboren, zu spät zur Arbeit zu kommen, nur so als Beispiel. Andere Menschen in diese Welt kommen, um alles an sich zu raffen. Ich, ich nur wünschen, alle Menschen sein geboren wie Sie, Frl. Uta, lieb und schön und gerecht, anstatt zu spät zu kommen und zu versuchen, die Weltbanken zu übernehmen. Wenn ich werden zum Präsidenten gewählt, ich lasse die Juden und Faulpelze dahin zurückschaffen, woher sie gekommen sein, und schaffen mir ein Land, in dem genug für alle da sein!»
    « Meine Stimme kriegst du schon mal», sagte Uta.
    Je näher das Wochenende kam, desto tollkühner wurde Dupont. Ich kam gerade vom Mittagessen zurück und zog mir meine Arbeitshose an, als ich hörte, wie er ein Argument brachte, das wohl als allerletzter Nagel zu meinem Sarge gedacht war.
    «Frl. Uta, Sie gewusst haben, dass David krank sein?»
    «Was, ist er erkältet oder was? Ich habe nichts bemerkt.»
    «Nein, ich meinen, er krank sein … hier drin.»
    Ich konnte nichts sehen, aber ich stellte mir vor, dass er auf den Zwischenraum zwischen seinen Ohren deutete.
    «Er mir haben gesagt, er gern mit Männern gehen, Frl. Uta. Ich meinen ins Bett. Er sagen, er das schon sein ganzes Leben lang machen. Er sagen, er leben mit einem anderen Mann, wie wenn sie sein Mann und Frau. Und das … einfach nicht richtig sein. Nein, nein und nochmals nein, das einfach … falsch sein. Das sein nicht richtig vor dem Auge Gottes und vor meinem auch nicht. Solche Leute auflauern jungen Menschen und das ganze Leben ruinieren, genau wie die Juden, was Sie meinen, Frl. Uta?»
    «Ich meine, es ist an der Zeit, dass du aufhörst, deine Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken, das meine ich», sagte Uta. «David kann machen, was er will, sobald er diese Wohnung verlassen hat. Wir sind nicht hier, um über Privatsachen zu tratschen; wir sind hier, um dieses Holz zu beizen, verstanden?»
    «Es sein ja auch nur … Es mir machen unbehaglich, wie er mich manchmal ansehen, Frl. Uta. Da fühlen ich mich ganz sonderbar. Das sein …, als wenn er können mir durch die Klamotten kucken. Ich nicht wissen, wie er das machen.»
    «So schwer bist du nun wirklich nicht zu durchschauen, Dupont», hörte ich sie sagen. «Ich schwör’s dir; schwer ist es nur, dir zuzuhören.»
    Benommen verbrachte er die nächsten Stunden damit, ihre Gunst zurückzugewinnen. Hastig bemüht, ihr zu gefallen, kippte er einen Eimer Beize um. «Die Beize zahlst du aber aus eigener Tasche, mein Freund», sagte Uta.
    Er kam mit einem Zigarettenstummel angerannt, den er in der Speisekammer gefunden hatte. «Frl. Uta, da haben wieder jemand in der Wohnung geraucht. Ich ihm gesagt haben, es sein gefährlich wegen der Dämpfe und so, aber er haben gesagt …»
    «Um Himmels willen», schnappte Uta. «Kannst du nicht mal fünf Minuten lang deinen dummen Mund halten!»
    Still kam und ging der Freitag. Als Dupont am Montagmorgen kam, war die eine Tasche seiner Jeans abgefetzt. «Sie schon mal ausgeraubt worden sein, Frl. Uta?» Er sagte, es sei auf dem Heimweg nach der Kirche passiert. «Ich gewöhnlich gehen mit meiner Mammi in die Kirche, aber Samstagnacht sie werden abgeholt und mit schrecklichem Schmerz im Bauch ins Krankenhaus gebracht. Der Doktor haben gesagt, es sein ein Tumor

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