Nackt
Ärmel ab, machte sich wieder an die Arbeit und betrachtete mich, als verkörperte ich all das, was faul war an diesem trägen, in seinem eigenen Fett erstarrten Amerika.
«Ich gern essen die natürlichen Sachen, die Gott bereits Adam und Eva auf den Tisch gestellt haben», sagte er. «Nicht viel brauchen, damit ich fröhlich sein, nein, nein, und nochmals nein. Je weniger ich essen, desto fröhlicher ich sein.» «Weil du so bist wie ich», sagte Uta. «Ein scharfer Typ, der sich schlau ernährt.»
So hatten wir etwa drei Wochen lang gewirkt, bis es schließlich Zeit war, die Lötlampen abzustellen und die nächste Phase zu beginnen. Uta hatte ein System, Holz abzuraspeln, bei dem statt Stahlwolle Sägemehl verwendet wurde. Wir strichen die Chemikalien auf eine Holzfläche, packten reichlich Sägemehl drauf und schrubbten dann mit einer Bürste die alte Politur ab, sodass die natürliche Eiche zum Vorschein kam, die wahrscheinlich kein Tageslicht gesehen hatte, seit Utas Freund Adolf Hitler ein kleiner Bub mit Lederhose war. So ging es schneller als mit Stahlwolle, und billiger war es auch, weil es das Sägemehl gratis ganz in der Nähe beim Sägewerk gab. Das Problem war, dass das Sägemehl jeden ungeschützten Teil des Körpers infiltrierte, sich in Schichten auf unser Haar legte und sich in Nase und Ohren niederließ. Es kroch durch die Schnürsenkel-Ösen meiner Schuhe, in Socken und Hosentaschen und verbuk sich mit dem Gesichtsschweiß, sodass wir einander am Ende des Tages beängstigend ähnlich sahen. Mit unsern mattiert beigen Gesichtern und plüschig eingestaubten Haaren hätten wir leicht als Angehörige derselben grotesken Familie durchgehen können.
Als Uta eines Vormittags weg war, um sich mit ihrem Steuerberater zu treffen, fragte Dupont: «Hast du jemals deinem Bruder Bilder von deiner Freundin geliehen und sie voller Flecken zurückgekriegt?» Die Antwort war so sonnenklar, dass er nicht auf eine Erwiderung wartete, sondern mir gleich einen Stapel Polaroids aushändigte, auf denen eine nackte, weiße, ziemlich fertig und gelangweilt wirkende Frau auf einem braunen Kordsamt-Sofa posierte, die sich ein Sortiment verschiedenster Haushaltsgeräte in die Vagina geklemmt hatte: eine Taschenlampe, eine Haarbürste, eine Familientube Zahnpasta sowie eine Flasche, die entweder Shampoo oder ein Geschirrspülmittel enthielt. «Das ist mein Mädel!», sagte Dupont stolz. Er hoffte, die Bilder in, wie er das nannte, «einem der Magazine» veröffentlichen zu können. Gegen Ende des Stapels kamen Porträts von Dupont, der auf einem Thron aus Rat-tan saß und außer hellblauen Socken und einer Piloten-Sonnenbrille nichts anhatte. Sein Gesicht war zu einem höhnischen Lächeln verzerrt, er war vornübergebeugt, und das Kinn ruhte auf einem Spazierstockknauf, der so geschnitzt war, dass er dem Gesicht eines wütenden Löwen ähnelte.
In solchen Situationen neige ich dazu, diejenigen Details zu kommentieren, die mir einen möglichst stillen Ausstieg ermöglichen. «Ein Klasse-Stuhl», sagte ich. «Woher hast du das Bild, das da hinten an der Wand hängt? Ich finde es immer wieder aufmunternd, wenn ich ein Kätzchen sehe, das in irgendeinem Korb schlummert.»
«Hast du schon mal ein jüdisches Mädchen mit einem Spazierstock in den Arsch gefickt?», fragte er.
Wir hatten sämtliche Holzteile freigelegt und bereiteten die Beize vor, als Uta ankündigte, im nun folgenden Stadium brauche sie uns nicht mehr beide. Briggs komme nämlich aus Michigan, um ihr beim Beizen zu helfen. «Tut mir leid, Jungs», sagte sie. «Ihr beide seid so scharf wie nur irgend möglich, aber Briggs gehört praktisch zur Familie und hat jede Menge Erfahrung mit Polyurethan.» «Ich auch haben!», sagte Dupont. «Ich haben ein Leben lang Erfahrung mit Polyurethan. Mistah Dave sich beklagen, es ihm machen Kopfschmerzen, aber für mich es sein wie Lebenselixier.» Er hielt inne, um mit dem Pinsel gegen den Dosenrand zu tippen. «Ich nur hoffen, dass Sie, wenn Sie sich nicht können leisten uns beide, wenigstens mich behalten. Ich arbeiten für umsonst und als Freiwilliger.»
Uta sagte, das sei eine nette Geste, aber es fiele ihr nicht im Traum ein, jemanden ohne Bezahlung arbeiten zu lassen. «Außerdem», sagte sie, «wie kommst du denn darauf, dass ich auf dich verzichten möchte?»
«Es nur sein, weil …» Er ließ den Kopf hängen. «Sie wissen, wie es sein für Menschen wie mich. Wo ich doch … ein Farbiger sein.»
«Ich weiß ja,
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