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Nackt

Nackt

Titel: Nackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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sagte etwas und sie schüttelte den Kopf: nein. Er ging auf sie zu, die Arme ausgebreitet, um die Tüten zu umarmen, sie wich zurück und rief etwas durch die Fliegendrahttür. Der Lebensmittelhändler kam heraus, und Dupont warf die Hände in die Luft, als wolle er damit Frustration oder Leugnung ausdrücken. Nachdem noch ein paar weitere Worte gewechselt worden waren, ging er davon, bog um die Ecke und war nicht mehr zu sehen.
    Wir hatten die erste Schicht Beize angebracht und waren zur Hälfte mit der zweiten fertig, als Briggs aus Versehen einen vollen Pappbecher Gatorade in einen Eimer mit einer Gallone Polyurethan fallen ließ. «Das geht aber auf deinen Gehaltsscheck, Baby», sagte Uta.
    Sie zankten hin und her, bis Briggs anbot, einen ganzen Tankwagen mit dem Zeug zu kaufen, wenn Uta dann endlich die Klappe hielte.
    «Na gut», sagte Uta, «aber ich komme mit, damit du da nicht mit der billigeren Sorte wieder rausgehst. Und wir nehmen dein Auto, weil ich bereits genug Benzin für dich verfahren habe. Und im Radio hören wir, was ich will. Und nun sag du doch auch mal was.»
    Sie verließen zeternd die Wohnung und waren kaum drei Minuten weg, als Dupont den Raum betrat.
    «Hey», sagte ich. «Was ist passiert? Wir haben uns schon gefragt, was aus dir geworden ist. Uta ist gerade nicht da; sie …»
    «Ist mit dem Auto weggefahren und hat mit irgendeiner Schlampe mit Locken Scheiße geredet. Ich hab gesehen, wie sie los sind. Sag mir, wann sie zurückkommt.»
    Ich sagte, in fünfzehn, vielleicht zwanzig Minuten. «Und jetzt rate mal! Hättest du gedacht, dass Uta ein kes …»
    «Gib mir zwanzig Dollar», sagte Dupont und zündete sich eine Zigarette an. «Ich zahl sie dir nächste Woche zurück.» Er stand vor dem Kaminspiegel und überprüfte sein Haar, das mit Ölen behandelt worden war und nun in mageren Locken herabhing. Zuerst hatte ich ihn kaum wiedererkannt. Nicht nur sein Haar war anders, es war seine ganze Art. Das Fragezeichen war sowohl aus seiner Rede, als auch aus seiner Körperhaltung verschwunden. Er stand gerade, die Schultern kantig, den Kopf erhoben, als wäre er auf einen Pfosten geschraubt. «Gib mir zwanzig Dollar», wiederholte er. Als ich ihm sagte, ich hätte keine, schloss er die Augen und ließ einen ungeduldigen Seufzer frei, die Sorte Seufzer, die man freilässt, wenn man beschließt, dass jemand eine Lektion verdient hat. Ich zückte mein Portemonnaie. «Da, sieh selbst nach. Ich habe meine letzten fünf Dollar für Mittagessen ausgegeben.» Es ist immer angenehm, wenn man sich, durch eine Laune der Natur, auf die Wahrheit berufen kann, um sich aus einer Bredouille zu befreien. In meinem Rucksack hatte ich ein Scheckbuch, aber was Bargeld betraf, so enthielt mein Portemonnaie nichts als einen abgelaufenen Schülerausweis, meinen Bibliotheksausweis und die Telefonnummern von Menschen, an die ich mich nicht mehr erinnerte.
    «Ich brauche jedenfalls zwanzig Dollar», sagte er. «So ist das nun mal. Ich brauche das Geld.»
    «Vielleicht kannst du warten, bis Uta zurückkommt und sie lässt dich ein paar Stunden arbeiten.»
    Er sah mich an, als hätte ich vorgeschlagen, er solle im Rinnstein Gold waschen.
    «Okay, dann kann dir deine Freundin doch Geld leihen», bot ich als weitere Möglichkeit an.
    «Genau», sagte er. «Meine Freundin. Du bist ja echt schnell. Ich glaube, ich habe ganz vergessen, wie schlau du wirklich bist.» Seine Stimme hatte einen harten, bitteren Ton. «Du bist scharf, stimmt’s? Scharf wie Tigerpisse.» Er schritt im Raum auf und ab. «Scharf wie ein Fahrtenmesser, du Pfadfinder.»
    Ich blickte in den Spiegel und sah, wie er Utas Handtasche vom Fensterbrett nahm. «Die gehört Uta», sagte ich. «Vielleicht solltest du mit ihr reden, bevor du ihre Handtasche aufmachst, weil, naja, es ist ihre, und du weißt, wie sie sich mit ihren Sachen hat.» Das war so ziemlich das Eindringlichste, was ich brachte. Läge die Sicherheit Amerikas in meinen Händen, gingen wir alle in Sackleinen und wienerten jedem Invasor die Stiefel, der das Wort «Buh!» aussprechen konnte.
    Dupont fand ihr Portemonnaie und entnahm ihm drei Zwanziger, einen Fünfer und zwei Einer. Er arrangierte die Scheine zu einem schlaffen Fächer und wedelte damit vor seinem Gesicht herum, als wäre die winzige Brise alles, was er angestrebt hatte. Dann faltete er das Geld, steckte es sich in die Tasche und ging zur Tür hinaus.
    Kurze Zeit später ging ich ebenfalls, stieg auf mein Fahrrad und fuhr zur

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