Nackt
nach. Es scheint ganz so, als läge sie mit der von Phil Kopf an Kopf.» Ein Bandmaß wurde herbeigetragen und sanft und mit großer Ehrfurcht überreicht, als könnte es ein und für allemal den Gottesbeweis erbringen. Die Mannschaftskapitäne hockten sich auf ihre Fersen, ihre Hoden wippten auf dem Kies. «Die von Carl ist achtdreiviertel Zoll weit entfernt und die von Phil … Was sagt ihr nun!? Achtneunsechzehntel! Sieht aus, als ginge dieser Punkt an die Mannschaft von Phil!»
Die Ödnis des Spiels gestattete mir, den Umstand zu vergessen, dass ich nur T-Shirt und Turnschuhe anhatte. Zuerst hing ich an den äußersten Rändern des Spielfelds herum und sammelte meine Kugeln auf wie eine Gräfin mit weißer Perücke, immer so nah wie möglich am Boden, als schritte gerade die Königin durch die Gärten. Jetzt dachte ich kaum noch daran. Keinen scherte es, wie mein Arsch aussah. Sie dachten an pétanque und an nichts anderes, bis ich mir eine Zigarette anzündete, und meine Mannschaftskameraden mich baten, sie auszumachen. Man konnte im Freien nackt sein, aber offensichtlich konnte man im Freien nicht rauchen. Was soll denn das für einen Sinn haben?
Wenn ich aus meinem Schlafzimmerfenster blicke, kann ich das Klubhaus und den dazugehörigen Parkplatz sehen. Heute Nachmittag sah ich, wie ein großer, von einem nagelneuen Viertürer mit Nummernschildern aus einem anderen Bundesstaat gezogener Wohnwagen eingeparkt wurde. Aus dem Auto stieg ein komplett nackter Mann. So war er offensichtlich auch schon auf der Autobahn gefahren. Ich glaube, er konnte es einfach nicht abwarten.
Heute Abend bin ich zum Fernsehen ins Klubhaus gegangen, und nachdem ich dort zwanzig Minuten lang allein gesessen hatte, kam Jacki, die Frau mit dem Häubchen vom pétanque- Platz, nackt aus dem Waschraum herein gelatscht und fragte, ob ich Lust hätte, mit in die Sauna zu kommen. Ich war noch nie in einer Sauna gewesen und wusste nicht recht, was damit einherging. Brauchte ich ein Stück Seife?
«Ein Handtuch, du Dummerle. Alles, was du brauchst, ist ein Handtuch. Jetzt runter mit den Klamotten und raus hier. Ich er- warte dich.»
Weil das als Befehl vorgetragen wurde, schien jede Debatte zwecklos. Früher oder später musste ich sowieso nackt auftreten, warum also nicht jetzt. Ich rannte zurück zu meinem Anhänger, schnappte mir ein Handtuch, ließ die Hose runter, überlegte, ob ich mir noch rasch meinen Arsch im Spiegel ansehe, wusste aber, dass ich, wenn ich das tat, nie mehr vor die Tür gehen würde. Denk nicht drüber nach, denk nicht drüber nach, denk nicht drüber nach. Ich tupfte mich der Vollständigkeit halber mit einem Waschlappen ab und kehrte zum Klubhaus zurück, wo ich mich im Waschraum auszog. Dann faltete ich meine Klamotten zusammen und legte sie ordentlich auf irgendeine ebene Fläche. Das ist ganz normal, dachte ich, das ist hier ein Badezimmer. Es ist natürlich, in einem Badezimmer nackt zu sein. Es war jedoch weniger natürlich, das Badezimmer zu verlassen und an den Tischen und Stühlen eines Klubhauses vorbeizugehen. Andere Menschen hatten nicht die geringsten Probleme damit und seht sie euch an! Jacki war wie nichts herein- und auch wieder hinaus geschneit, und ich hatte sie angesehen, als wäre sie eine Ziege, die sich in eine Hotelempfangshalle verirrt hatte. Am Nachmittag hatten es die Tennisspieler geschafft. Tausende von Menschen waren nackt durch diesen Raum gegangen, hatten zu Mittag gegessen und Karten gespielt. Jetzt war ich an der Reihe! Ich versuchte es als Privileg zu betrachten, und als das nicht klappte, warf ich mir das Handtuch über die Schulter, schloss die Augen und rannte schnurstracks gegen den Bücherschrank.
Die Sauna, eine gedrungene Holzhütte, war neben dem Schwimmbecken. Durch ein Vorzimmer, in dem man erstickte, gelangte man in ein von einem rauchlosen, mit weißglühenden Steinen beheiztes Höllenloch, in dem man dann endgültig verreckte. Jacki saß auf einem hölzernen Bord, moppte am Schweiß, der ihr die Brüste hinunter- und über den beträchtlichen Bauch lief, bis er sich unter ihrer kindlich wirkenden rasierten Vagina zu einer Pfütze sammelte. Sie war eine mollige Frau, stramm wie ein Matratzenbezug, und ihr Kopf hielt sich ohne erkennbaren Hals auf den Schultern.
«Eine böse Beule hast du da auf der Stirn, Dave. Du solltest dir etwas Eis drauf tun, bevor du heute Abend ins Bett gehst.» Sie zielte mit einer Spritzfasche auf den Kessel, ließ einen duftenden
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