Nackt
schloss die Tür des Anhängers auf, eines bauchigen Humpens von einem Gerät, in Helltürkis, das auf Bausteinen aufgebockt war. Es beunruhigte mich, dass ich, sobald die Schwelle überschritten war, zu der Art Mensch werden konnte, die in einem Anhänger wohnt. Ein Anhänger: allein das Wort löste in meiner Schädelbasis einen Alarm aus. Menschen, die in Anhängern lebten, riefen die Polizei, um gewalttätige Familienkräche zu beenden. Sie pinkelten ins Waschbecken und verwendeten Metalleimer, um zähe lila Steaks mit dem Vermerk «Stark herabgesetzt!» zu grillen. Wofür hielt dieser Mann mich? Wusste er, dass ich in einem Haus mit Geschirrspüler und zentral gesteuerter Klimaanlage aufgewachsen war? In einer rustikalen Hütte Pionier zu spielen, war das eine. Diese Unterkunft jedoch hatte den ganzen Zauber einer überdimensionierten Gasfasche. Ich zögerte und sah Miguel an, wie er einen Stapel Feuerholz auf die Arme nahm. Als er den letzten Klotz gewuchtet hatte, kreischte er laut, ließ die gesamte Ladung fallen, patschte sich auf die Brust und schrie: «Große Spinne! Große Spinne!» In diesem Moment kam einiges zurück. Ich betrachtete die Reihe schäbiger Baracken und warf dann einen Blick in den Anhänger, in welchem sich ein Gasherd zwischen ein Waschbecken und einen summenden Kühlschrank schmiegte. Miguel stand neben der Scheune, trat gegen jedes Stück Feuerholz, bevor er es aus dem Schlamm klaubte, und ich erstieg die Stufen zu meinem Anhänger.
Apfelpfücken ist geistlose Arbeit. Damals, mit Veronica, hatten wir auf denselben Bäumen gearbeitet, waren die Namen in unseren geistigen Adressbüchern durchgegangen und hatten unsere Freunde und Bekannten in alphabetischer Reihenfolge erörtert. Pflücker werden per Eimer bezahlt, wobei der Eimer eine große Holzkiste ist, die etwa eintausendfünfhundert Pfund Obst fasst. Man klettert mit einem Segeltuchsack die Leiter hoch, und wenn er voll ist, leert man ihn vorsichtig in den Eimer. Dann klettert man wieder seine Leiter hinauf und so weiter und so weiter und so weiter und so weiter. Wenn zwei das tun, gelingt es der Zeit, schnell zu vergehen. Veronica und ich begannen den Tag zum Beispiel mit der Scheinschwangerschaft von Beverly April, und wenn wir bei Lucinda Farrels manischer Vorliebe für Türkis-Schmuck angekommen waren, wurde es Zeit zum Mittagessen. Ich versuchte, die Tradition wiederzubeleben, sprach, laut, mit zwei verschiedenen Stimmen, ließ es aber wieder, als Hobbs mich dabei erwischte, wie ich Gregory Allisons Verwendung von LSD als Appetitzügler verteidigte.
Ohne Veronicas Gesellschaft funktionierte es einfach nicht. Auf mich selbst gestellt, ging ich langsam und methodisch daran, mich in den Wahnsinn zu treiben.
Sobald ein Eimer voll war, erschien Hobbs auf seinem Traktor und zog wahllos drei Äpfel daraus hervor. Wenn keiner eine Druckstelle hatte, bekam ich neun Dollar. Wenn einer eine Druckstelle hatte, bekam ich acht, und drei ergaben sieben. An einem guten Tag auf jungen Bäumen war es möglich, bis zu acht Eimer vollzukriegen. Am nächsten Tag dagegen –, wer weiß? Man konnte zehn Stunden damit verbringen, einem einzigen geizigen Baum verkümmertes Obst zu entreißen. Selbst der Schlaf bot keine Abwechslung. Nacht um Nacht träumte ich vom Apfelpfücken, wachte erschöpft auf, und meine Schultern hatten Druckstellen vom schweren Leinwandsack. Ein Freitag war nicht anders als ein Montag oder Mittwoch; ohne arbeitsfreien Tag gab es nichts, worauf man sich freuen konnte. Während der ersten paar Wochen stellte Hobbs seinen Traktor ab, und wir schwatzten ein bisschen, bevor er den Eimer wegfuhr. Sobald ihm klargeworden war, wie viel ich zu schwatzen hatte, ließ er den Motor laufen. «Muss mich um die Frau kümmern», rief er. «Mach du mal schön so weiter.» Die Mexikaner rannten jetzt auf dem Weg zur Dusche im Dauerlauf an meinem Anhänger vorüber. Eine Katze tauchte auf meiner Schwelle auf, genauer gesagt ein Kater, mit einem Hals so dick wie seine Taille. Ich hatte mir nie viel aus rothaarigen Katzen gemacht, weil sie mich immer an Brian O’Shea erinnerten, den anmaßenden Menschen, mit dem ich mir in der siebten Klasse den Spind teilen musste. Schon gar keine Schwäche hatte ich für Kater, die alles vollsprühten und mitten in der Nacht zerfetzt und blutend nach Hause kamen. Ich wollte mich trotzdem nicht zum Richter aufwerfen. Der Kater bedeutete Gesellschaft, und ich nahm ihn auf, weil ich mir überlegte, wenn er sich
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