Nackt
verbracht hatte, das Geschirr wohlhabender College-Studenten zu waschen, dachte ich, den richtigen Kick kriege ich von der Greyhound-Bagage, aber ich hatte es nicht so wörtlich gemeint. Irgendwie musste eine wichtige Lektion aus alldem zu lernen sein, und eines Tages, mit etwas Glück, würden selbst diese trägen Idioten sie kapieren.
Bis Sonnenaufgang lag ich so da, als der Bus in eine Kurve fuhr und mir eine Flasche Brause mit Schokoladengeschmack gegen die Stirn rollte. Ich kroch auf den Mittelgang und dann aufs Klo, um den Kampf gegen die vielen Kaugummis, die mit meiner Kopfhaut verschmolzen waren, aufzunehmen. Nach und nach erwachten die Passagiere, nur die junge Frau nicht, die meinen Platz besetzt hielt. Mit einem gesunden Schlaf gesegnet, erhob sie sich um zehn und bat mich, ihr den Platz freizuhalten, während sie sich die Zähne putzte.
Ich war in Nullkommanichts eingeschlafen und wachte nur Minuten später wieder auf, weil sie mir mit einer Tube Zahnpasta an den Schädel klopfte. «He, aufwachen.»
Ich tat, als wäre ich im Tiefschlaf, und dachte mir, irgendwann würde sie auch wieder damit aufhören.
«He, dieser Scheißkerl sitzt auf meinem Platz», rief sie. «Ich bin nur mal auf ‹Damen› gegangen, um mich frischzumachen, und jetzt kann ich mich verdammt noch mal nicht mehr hinsetzen.»
«Setz dich doch auf mich», hörte ich jemanden von hinten. «Das wird ein scharfer Ritt.»
«Gut, gut, gut, jetzt haben wir alle unseren Spaß gehabt.» Dies war eine Männerstimme, aber der Fahrer konnte es nicht sein, weil wir immer noch fuhren. «Steh auf, du halbe Portion, und lass die Dame sitzen.»
Eine Hand packte mich am Kragen und stellte mich auf die Füße. Die Hand war schwielig und fleischig und passte sowohl zu Gesicht als auch Persönlichkeit des Besitzers. Der Mann stellte keine Fragen und sprach keine Drohungen aus. Das war auch nicht nötig. Sobald der Platz frei war, wischte er ihn sauber und lud die junge Frau gestenreich dazu ein, es sich bequem zu machen. Ich erwog kurz, meinen Fall dem Volk vorzutragen, aber dies war eindeutig nicht mein Publikum. Es beugte sich vor, verdrehte sich den Hals, um zu flüstern und zu lachen, während ich im Mittelgang stand und den Ausländer spielte, unvertraut mit den Sitten dieses großartigen Landes. Zwar mochte ich versehentlich jemandem den Platz weggenommen haben, aber seht euch doch mal an, wie sehr ich die zerklüftete Landschaft zu genießen schien, die alle anderen für das Normalste von der Welt hielten. Ich bückte mich und senkte den Kopf, um aus dem Fenster zu plieren und bei jedem vorüberhuschenden Felsbrocken vor Entzücken die Brauen zu schürzen. Seht nur! schien ich zu sagen. Der da scheint einem Kardinal zu ähneln, der am Rande eines riesenhaften Pfannkuchens nistet! Und hier haben wir etwas, was aussieht wie eine umgestülpte Holzpantine, welche unter etwas liegt, was eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem blatternarbigen Gesicht jenes ignoranten Bauerntrampels aufweist, welcher den mir rechtmäßig zustehenden Platz besetzt hält!
Gegen Mittag stieg jemand aus, und ich ließ mich erschöpft auf seinem Platz nieder, konnte aber nicht einschlafen, weil eine Verlobung, die auf der anderen Seite des Mittelgangs stattfand, mich zu sehr ablenkte. Nachdem man sich zehntausendmal umgedreht hatte, um sich für die Ritterlichkeit zu bedanken, wurden Plätze getauscht, sodass Graf Rindfleisch und Baroness Wäschekorb nebeneinander sitzen und sich besser kennenlernen konnten. Minuten später hatten sie die Köpfe unter einem Sweatshirt, wo sie entweder den Ruf des Eichhörnchens nachahmten oder sich gegenseitig Akne-Präparate vom Gesicht saugten. Der Lärm von Heavy Metal im Radio, das schneidende Geschrei eines beunruhigten Säuglings, das endlose Gewäsch der beiden alten Zausel vor mir: Alles konnte ich ertragen, nur nicht das Geräusch dieses schnäbelnden, küssenden, vor Vergnügen manchmal aufschreienden Pärchens.
Sie weinte, als er aussteigen musste. Ihre erstickten Schluchzer waren mir ein rechtes Labsal, und sie versetzten mich in einen tiefen, undurchdringlichen Schlaf, der bis nach Reno andauerte.
Dies sollte mein zweiter Besuch im Tal des Hood River werden. Der erste war ein Zufall gewesen. Meine Freundin Veronica und ich hatten in San Francisco gelebt, als sie ihre Fr üchte des Zorns aus der Hand legte und bekanntgab, dass wir genug vom Stadtleben hatten. Sie sprach gewöhnlich für uns beide, und ich hatte nur selten
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