Nacktes Land
unbedingt hätte sehen müssen, blieb ihm jedoch verborgen: Lance Dillon, der im Schilf herumkroch, Mundaru, der durch das meterhohe Gras schlich, die Büffelmänner, die in einer Kalksteinhöhle mit einem heißen Stein ihre kleinen Zehen ansengten und zur Seite bogen, um danach die gefederten Kadaitjastiefel anzuziehen, welche stets bei einem Fememord getragen wurden.
Adams lehnte sich zu Gilligan vor und tippte ihm auf die Schulter: »Mehr können wir von hier oben nicht tun. Zurück zur Farm.«
Fünf Minuten später rumpelten sie über die Piste, wo Mary Dillon schon auf sie wartete.
Sie lief auf ihn zu, eine schlanke, dunkelhaarige Frau in Männerhemd und Reithose, mit sonnengerötetem Gesicht und wehenden Haaren. Beim letzten Schritt stolperte sie und fiel ihm geradewegs in die Arme. Er hielt sie ein wenig länger als nötig fest, denn er fühlte ihre Not und gleichzeitig ihre Erleichterung in der Art, wie sie sich unwillkürlich an ihn klammerte. Er gab sie fast widerwillig frei und begrüßte sie in Gegenwart von Gilligan und Billy-Jo ausgesprochen förmlich.
»Hoffentlich haben Sie sich nicht zu viele Sorgen gemacht, Mrs. Dillon. Wir haben noch eine Runde über der Gegend hier gedreht, ehe wir gelandet sind.«
»Haben Sie etwas entdeckt?«
Die Ungeduld in ihrer Stimme versetzte ihm einen sonderbaren Stich. Er schüttelte den Kopf.
»Bloß Ihre Viehhirten. Sie haben noch nichts gefunden.« Ihr Gesicht verzog sich vor Angst und Enttäuschung.
»Wir sind über das Tal hinter den Sandsteinhügeln geflogen. Da wollte Ihr Mann doch hin?«
»Ja. Dort war die Zuchtherde. Und Sie haben ihn dort nicht gesehen?«
»Nein. Aber eins von den Tieren war tot. Sah aus, als ob's der Bulle war.«
»O Gott!«
Für einen solchen Anlaß erschien ihr Schrecken verhältnismäßig übertrieben. Adams fragte sie sanft. »Ist denn das so schlimm, Mrs. Dillon?«
Ihre Stimme bekam einen schrillen hysterischen Klang.
»Schlimm! Er war alles, was wir hatten! Wir haben dreitausend Pfund für diesen Bullen bezahlt. Wir haben uns bis zum Hals in Schulden gestürzt, damit wir ihn kaufen konnten. Lance meinte, das wäre unsere einzige Erfolgschance.«
»Das tut mir leid.« Was hätte er auch sonst sagen sollen? Er warf einen kurzen Blick zu Billy-Jo hinüber. In den zwinkernden Augen des Farbigen erkannte er dessen Übereinstimmung mit seinen eigenen unausgesprochenen Gedanken. Dillon selbst hatte sein Tier wohl kaum getötet. Falls das die Myalls waren, und er war dazwischengekommen …
Marys Stimme unterbrach seine Gedanken abrupt.
»Was ist los, Neil?«
»Das wissen wir noch nicht, Mary; wir sollten uns keine Schreckgespenster ausmalen. Sobald wir hier fertig sind, reiten wir los und sehen nach. Können wir noch schnell etwas zu essen bekommen? Wir haben noch einen Halbtagesritt vor uns.«
»Natürlich. Es ist schon alles für Sie hergerichtet. Die Pferde sind gesattelt und die Taschen gepackt.«
»Prima!« Er wandte sich an den Piloten. »Gilligan, du ißt am besten mit uns. Ich möchte, daß du auf dem Rückflug noch einmal richtig Ausschau hältst.«
»Ist mir recht. Ich hab' sowieso Hunger.«
»Kommen Sie, Mary.«
Sie gingen voran zum Haus, gefolgt von Gilligan und dem farbigen Fährtenleser.
Es war eine hastige und trübselige Mahlzeit. Mary Dillon bestürmte Adams mit unzähligen Fragen, die er behutsam abwehrte; denn er wollte sich nicht in Spekulationen über das Schicksal ihres Mannes ergehen. Gilligans Bemühungen, das Gespräch mit Klatschgeschichten aufzulockern, scheiterten kläglich, und schließlich beendeten sie schweigend die Mahlzeit. Als sie fertig waren, bat Adams Mary hinauszugehen, um die Vorräte auf den Packpferden noch einmal zu kontrollieren, während er sich mit dem Piloten noch kurz unterhielt.
»Sieht schlimm aus, Gilligan.«
Der Pilot nickte.
»Die Zeit läuft uns davon. Wir müssen erst mal einen Ritt von zwanzig Meilen hinter uns bringen, bevor wir überhaupt zum Stone Country kommen. Vielleicht ist Dillon schon tot.«
»Und was soll ich dabei tun, Neil?«
»Könntest du morgen früh noch mal hierherfliegen?«
»Klar, wenn's für die Polizei ist.«
»Wieviel Platz brauchst du zum Landen?«
»Dreihundert Meter würden schon reichen. Vorausgesetzt, es ist nicht neblig.«
»Ich werde mich nach einem Landeplatz für dich umschauen. Wenn wir die Viehhirten treffen, laß ich sie 'ne Strecke klarmachen. Billy-Jo und ich wollen versuchen, Dillon auf die Spur zu kommen. Mir ist lieber,
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