Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
Juda, Lydia, Ruth, Rahel und nach und nach alle. Es war ein sehr bewegender Augenblick. Die, die ihn eben noch beschimpft hatten, gingen auf die Knie. Auch ich ging auf die Knie. Und zu meinem Erstaunen legten einige Römer ihre Waffen beiseite und knieten ebenfalls.
Es war unbeschreiblich. Nur seine Mutter blieb regungslos stehen.
Joshua schaute sie an und wir alle merkten, welche Kraft die nächsten Worte ihn kosteten.
„Mutter ..., dein Sohn ..., Vater ..., dein Sohn. Der Menschensohn wird nie aufhören seine Mutter zu lieben, weil sie ihn mit Liebe und Mitgefühl segnete, der Messias wird immer seinem Vater dienen, da er des Vaters Sohn ist.“
Und zum ersten Mal sagte Maria etwas.
„Ich werde dich immer, als den lieben, der du für mich bist, meinen Sohn. Du bist frei zu gehen, mein Sohn.“
Und sie lächelte ihrem Sohn zu. Und Joshua lächelte. Es war fast, als hätte er auf diesen einen Satz gewartet.
„Danke, Mutter. Es ist vollbracht. Die Prophezeiung hat obsiegt. Ich befehlige meinen Geist in deine Hände, oh Vater. Es ist vollbracht. Meine Liebe befehlige ich in euer aller Herzen. Es ist vollbracht.“
Und dann, dann schloss Joshua seine Augen. Und die Menge weinte fürchterlich und großes Wehklagen ging an diesem Tag durch die Straßen Jerusalems, als die Nachricht seines Todes die Runde gemacht hatte.
Man sagt, dass selbst viele Soldaten Roms an diesem Tage geweint haben sollen. Ich sah einige von diesen am Hügel Golgatha. Ich sah mit eigenen Augen, was für ein Wunder an diesem Tage die Worte der Liebe vermochten.
Die, die da hofften, der Himmel möge sich auftun, oder Gewitter, Donner oder ein Erdbeben würde sich Jerusalems ermächtigen, die sahen sich genauso getäuscht, wie die, welche glaubten, dass Joshua im Tode doch noch zu Aufruhr und Gewalt aufrief um das römische Reich zu stürzen. Oder dass die Nacht über den Tag einbrechen würde und die Apokalypse eintreten würde. Diese Menschen hatten ihm nie zugehört gehabt. Es war ein ungewöhnlich schöner Tag, die Sonne schien lange an diesem Tag.
Maria hielt meine Hand, ich spürte wie der Druck fester wurde und ich sah nun den Grund. Sie versuchte, dagegen anzukämpfen, doch letztendlich war auch sie nur eine Frau und eine Mutter. Eine Mutter, die ihr Kind liebte und nun die traurige Gewissheit hatte, dass sie nichts mehr für ihren Sohn tun konnte.
Keine Mutter der Welt sollte ihr Kind betrauern müssen.
Sollte dies dennoch geschehen, so sollte sie jedes Recht haben, dies zu beweinen. Und Maria nahm endlich von diesem Recht Anspruch. Ich drückte zärtlich ihren Kopf an meine Schultern.
Und in Gedanken versprach ich meinem geliebten Joshua, dass ich immer für sie da sein würde.
„Ich werde dich immer lieben“, flüsterte ich Joshua zu und mein Herz wusste damals, dass er diesen Satz nicht mehr vernommen hatte …
„Hatte Sie nicht gesagt, dass Joshua noch lebt?“, fragte Nick voller neugierig.
Doch reichte dieser Satz, Andreas aus seinem tranceähnlichen Zustand los zu lösen.
„Was?“, stieß Andreas unfreundlich hervor.
Nick schluckte, ließ sich aber nicht anmerken, dass der Ton Andreas und vor allem der abwesende Blick ih m Angst eingejagt hatten. So sehen Psychopathen aus, dachte Nick.
„Hatte Sie nicht gesagt habt, dass Joshua, Jesus lebt? Und nun ist er doch gestorben“, versuchte Nick ganz cool zu bleiben. Andreas schaute ihn an und sagte nichts. Er schüttelte den Kopf, wollte was sagen, aber irgendwie brachte er keinen richtigen Satz zustande.
„Gestorben? Wer sagt, dass Jesus gestorben ist?“
„Na, sie schreibt doch, dass er für immer die Augen schloss.“
„Tzz z. Ami. Mann, was denken Sie wie lange ein Mensch den Qualen der Kreuzigung standhält? Bevor man stirbt, fällt der Körper in Ohnmacht. Das ist ein Schutzreflex. Vielleicht ist das bei Jesus auch so gewesen. Wenn Sie mich nicht unterbrochen hätten, dann hätten wir die Antwort“, schüttelte Andreas den Kopf und gab Nick unmissverständlich zu verstehen, dass er ihn für einen dummen Menschen hielt.
„Gut, das mag stimmen, aber sie hat nicht nur gesagt, dass er die Augen schloss, sondern auch, dass er gestorben sei, schließlich schreibt sie doch, dass die Nachricht von Jesus Tod sich in Jerusalem verbreitete“, antwortete Nick, der sich für seinen Geschmack schon zu viel von Andreas gefallen lassen hatte. Andreas schaute ihn abwertend an und schüttelte den Kopf.
„Sie haben wohl noch nie ein Tagebuch geschrieben,
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