Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
alte Frau in unserem Haus?
Als ich von der Küche mit dem Tee kam, saß Esther neben meiner Oma und sie unterhielten sich. Ich war erstaunt, dass Esther arabisch sprach. Sie hatte die Hand meiner Oma in der Ihrigen und ich sah, dass ihre Augen feucht waren. Dann schaute sie mich an.
„Es tut mir leid.“
Mehr sagte sie nicht. Ich war verwirrt, wieso entschuldigte sie sich? War dies ein Schuldgeständnis? War sie daran beteiligt gewesen, so wie es dieser Mann aus dem Hamas-Rekrutierungsbüro gesagt hatte?
Aber mein Gefühl wollte dies nicht glauben. Obwohl sie Christin war und ich sie hassen musste, konnte ich mich nicht gegen den Gedanken wehren, dass sie mir sympathisch war.
Sie unterhielt sich sehr lange mit meiner Oma. Und meine Oma lächelte.
Esther kam auch die nächsten Tage. Der Zustand meiner Oma wurde immer kritischer.
Und dann nahm meine Oma mich zu sich und sagte mir. „Sie ist eine gute Frau, Rebecca. Lass den Hass von deinem Herzen fallen. Nicht alle Juden oder Christen sind unsere Feinde.“
Ich nahm ihre Hand und mir kamen die Tränen.
Denn ich wusste, dass sie Recht hatte. Esther, so musste ich zugeben, hatte ich richtig gerne, auch wenn ich sie nur wenige Tage kannte. Sie erzählte mir viele schöne Geschichten.
„Eine Bitte habe ich an dich Rebecca. Ich werde sterben. Ich fühle es, dass Allah mich zu sich ruft. Und dass ist gut so. Ich möchte, dass du mit Esther gehst. Sie wird sich um dich kümmern. Sie würde sich sehr darüber freuen. Du musst mir versprechen, gut zu ihr zu sein. Sie ist ein ganz besonderer Mensch. Ich will nicht, dass der Hass in deinem Herzen weiter wächst und dich zu einem der vielen Dummköpfe macht, die ihr Leben für eine verlorene Ideologie hergeben. Hörst du, verspreche mir, dass du zur Schule gehen wirst und diesem Teufelskreislauf entfliehst.“
„Ich will nicht, dass du stirbst. Ich liebe dich Omi“, sagte ich und weinte.
„Ich liebe dich auch mein Kind“, sagte sie und schlief für immer ein.
Kurze Zeit später kam auch schon Esther. Ich war noch immer am Weinen.
„Weine, Rebecca. Schäme dich nicht deiner Tränen. Sie sind ein Beweis für deine Liebe und deine Güte. Niemand sollte sich seiner Tränen schämen. Denn es ist schön, welche zu haben. Deine Oma war eine großartige Frau. Obwohl sie nie eine Schule besucht hat, hat sie mich mit offenen Armen empfangen. Und keinen Groll gegen mich gehegt. Denn ihre Weisheit hat zu ihr gesprochen. Wenn du dir zu Herzen nimmst, die Menschen nie vor zu verurteilen, wirst auch du deine Oma mit Stolz erfüllen. Sie wacht über dich von dort, wo sie jetzt ist.“
„Ich vermisse sie. Jetzt habe ich niemanden.“
„Du hast mich. Ich bin nicht deine Oma, aber ich verspreche dir, dass ich mich um dich kümmern werde. Wenn du willst. Willst du mit mir kommen?“
„Ja“, sagte ich.
Von dem Zeitpunkt an lebte ich bei Esther. Und schnell nannte ich sie Tante. Und die Zeit half mir auch, meinen Hass zu überwinden. Denn ich begriff, dass Hass nie der Schlüssel für Taten sein sollte“, sagte Rebecca und hielt inne. Ihr Gesicht war voller Tränen und Nick hatte diese liebevoll mit einem Taschentuch weggewischt. Es machte ihn ungeheuer stolz, dass sie ihm das anvertraut hatte. Es bewies ihm, wie gern sie ihn haben musste, trotz der Tatsache, dass sie sich so kurz kannten. Sich auf einen Menschen, den man kaum kennt, mit Haut und Haaren einzulassen, war immer mit einem Risiko verbunden. Aber Nick schwor, sie niemals zu enttäuschen.
„Ich dachte du bist Christin …“, sagte Nick, ohne recht zu wissen, warum er überhaupt was sagte, vielleicht war ihm die Stille einfach unangenehm. „Ja, das bin ich. Ich bin einige Jahre später freiwillig konvertiert. Esther hat mich nie darum gebeten. Sie hat meinen Glauben respektiert und mir gar den Besuch der Koranschule ermöglicht. Doch mit der Zeit merkte ich, dass ich mich mehr zum Christentum hingezogen fühlte und so ließ ich mich taufen. Auch, wenn es Esther nie aussprach, so merkte ich den Stolz in ihren Augen. Sie hat mir in den folgenden Jahren die beste Ausbildung, die man sich erdenken kann, zukommen lassen. Ich konnte im Ausland studieren. Dachte ich anfangs, dass sie das tat, weil sie es meiner Oma versprochen hatte, so wurde mir sehr schnell bewusst, dass dies nicht stimmte. Ich wusste, dass sie es machte, weil sie mich liebt.“
„Aber wie hat sie sich das leisten können, Aufenthalte im Ausland sind teuer?“, fragte Nick und dachte sich,
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