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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hätten wir ja spätestens an der Grenze zusammentreffen müssen.« Er wischte sich über das Gesicht und trank durstig die eisgekühlte Grenadinelimonade. »Ich kann für Birgit jetzt gar nichts tun, als wieder zu warten. Aber Lore und Aisha – sie sind noch hier in Tobruk. Sie halten sich versteckt, und sie werden versuchen, wegzukommen. Ein blindes, weißes Mädchen fällt überall auf – sie werden sich also nur im letzten Augenblick vor ihrer Abreise sehen lassen!«
    Brockmann sah Zuraida an. Ihre Augen waren noch glänzend von den Tränen.
    »Zwei Stellen gibt es, von denen aus sie das Land verlassen können: der Flugplatz und den Hafen. Zuraida, überwachen Sie den Flugplatz. Ich gehe zum Hafen. Lore Hollerau wird eine Sonnenbrille tragen. Am Arm Aishas wird sie sich so sicher bewegen, als könne sie sehen. Sie können sie gar nicht verfehlen. Lore ist groß, schlank, sportlich, hat braune, kurze Haare und über der Nasenwurzel eine Narbe. Man sieht die Narbe auch unter der Sonnenbrille. Was sie trägt, weiß ich nicht. Sie wird sich neu eingekleidet haben. Sie hat von Bir Assi 2.000 Pfund mitgenommen, genug, um nach Europa zu reisen.«
    »Ich werde sie diesmal nicht mehr entkommen lassen«, sagte Zuraida und lächelte. »Ihre Beschreibung stimmt genau, Mr. Brockmann. Lore ist ein hübsches Mädchen.«
    »Ach so, ja. Sie kennen sie ja.« Brockmann sah auf seine Hände. Ob sie ahnt, warum Aisha und Lore aus meinem Leben flüchten wollen? Ob sie es mit der Feinfühligkeit einer liebenden Frau spürt? Er sah sie von unten herauf an, aber Zuraida blickte aus dem Fenster.
    »Ich fahre sofort«, sagte sie. »Maschinen nach Europa fliegen dreimal. An den Hafen habe ich übrigens auch gedacht. Am Kai liegen ein italienischer und ein französischer Dampfer. Beide laufen heute abend aus …«
    Brockmann sprang auf. Trotzdem er noch unter seiner Vergiftung litt, sein Bein noch geschwollen war und er sich nach Ruhe, nach Schlaf, nach völligem Vergessen sehnte, zwang er sich, wieder hinauszugehen und am Kai im Hafen vor den Gangways der Schiffe herumzustehen wie ein Bettler, der auf einen gütigen Geber wartet.
    Mein Gott, dachte er, als er sich gegen das Geländer der Gangway des italienischen Schiffes lehnte, das zuerst ablegen sollte. Laß Brahms meine Birgit finden. Meinen Jungen hast du mir wiedergegeben … nun schenke mir auch dieses Glück zurück …
    Auf dem Schiff flammten die Lichter auf. Das Promenadendeck leuchtete unter bunten Glühbirnen. Auf dem Sportdeck begann die Kapelle flotte Märsche zu spielen.
    Die Passagiere kamen an Bord. Oben, am Eingang, standen in weißen Uniformen die Offiziere und begrüßten jeden Gast einzeln.
    Alf Brockmann trat etwas in den Schatten, als er von weitem Aisha und Lore kommen sah. Hoch aufgerichtet ging Lore am Arm Aishas, sicher und mit weit ausgreifenden Schritten, als sehe sie, wohin sie trat. Sie trug ein neues Reisekostüm aus hellgrauer Seide. Aisha hatte sich ebenfalls europäisch gekleidet. Ihr weißes Kleid, über das ihre langen, schwarzen Haare flossen, war eine Demonstration verdeckter, aber deutlicher Schönheit des weiblichen Körpers.
    Kurz vor der Gangway trat Brockmann aus dem Schatten und stellte sich den Mädchen in den Weg. Aisha zuckte zusammen. Lore blieb dadurch stehen und sah Brockmann mit ihren toten Augen an.
    »Was ist, Aisha?« fragte sie …
    »Warum macht ihr solch einen Blödsinn?« sagte Brockmann leise. Durch Lore ging es wie ein elektrischer Schlag. Ihr Kopf zuckte hoch.
    »Bitte gehen Sie aus dem Weg, mein Herr«, sagte sie laut. »Ich weiß gar nicht, was Sie wollen.«
    »Lorchen …« Brockmanns Stimme bebte. »Was soll denn das alles? Wir sind doch eine einzige Familie, wir alle. Was wäre jeder von uns ohne die Hilfe des anderen gewesen? Warum weglaufen? Es hat doch keinen Sinn, Lore. Wir können nicht vor uns selbst fliehen.«
    »Alf!« Lores Kopf sank nach vorn. Sie umfaßte die Schultern Brockmanns und legte das Gesicht gegen seine Brust. »Alf, ich wollte, die Bombe hätte mich ganz getötet, nicht nur meine Augen.«
    Aisha starrte an Brockmann vorbei auf das hell erleuchtete Schiff. Sie hatte die Fäuste geballt. Sie war herrlich in ihrer Wildheit.
    »Kann ich wenigstens gehen?« zischte sie.
    »Nein, Aisha.«
    »Was soll ich denn in diesem romantischen Club?«
    »Komm.« Er griff nach ihrer rechten Faust. Sie schlug ihm mit aller Kraft auf die Hand, ihre Augen blitzten, ihr wundervoller roter Mund zuckte.
    »Laß mich! Ich

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