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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann überall leben! Ich brauche dich nicht!«
    »Aber ich brauche dich, Aisha.«
    Ihr Kopf fuhr herum. Über ihr schönes Gesicht wetterleuchtete es. Wie ein Schleier wehten die langen, schwarzen Haare.
    »Ich kann nicht bleiben«, sagte sie gepreßt. »Ich müßte deine Frau und Lore töten, um dich allein zu haben. Ich müßte es einfach tun. Willst du das?«
    »Aisha –«
    »Laß mich gehen, Oulf! Ich bitte dich! Ich flehe dich an. Beschwöre keine Tragödie herauf. Und mach dir keine Sorgen um mich. Ich fahre nach Beirut. Dort habe ich gute Freunde. Dort werde ich wohnen und Arbeit finden.«
    »Wieder in einem Geheimdienst?«
    »Vielleicht. Leb wohl, Oulf. Viel Glück, Lore …«
    Sie riß sich los und lief mit fliegenden Haaren die Gangway hinauf.
    »Aisha!« schrie Brockmann. Er ließ Lore los und wollte Aisha über die Gangway folgen. Zwei Matrosen hielten ihn fest und zerrten ihn von der Brücke weg, so sehr er sich auch wehrte.
    »Aisha!« brüllte er wieder, als sie oben auf dem Schiff von einem der Offiziere begrüßt wurde, ihre Fahrkarte zeigte und zu ihrer Kabine geführt wurde. »Aisha! Du darfst nicht fahren! Komm zurück, Aisha!«
    Einen Augenblick verzögerte Aisha ihren Schritt, dann hob sie die Schultern und ging schnell dem Steward nach. Sie blickte nicht mehr um, sie verbarg ihr Gesicht unter dem Vorhang ihrer wundervollen, seidigen Haare. Und niemand sah die Tränen, die ihr über die braunen Wangen rannen und sich in den Mundwinkeln sammelten.
    Brockmann fuhr zusammen, als ihn die Hand Lores berührte. Sie war seiner Stimme gefolgt und legte jetzt ihren Arm um seine Schultern.
    »Ist sie weg?« fragte sie leise.
    »Ja, Lore …«, stammelte Brockmann.
    »Du hat sie sehr geliebt?«
    »Ja, Lore. Sie war für mich wie ein erfüllter Traum. Sie war ein lebendig gewordenes Märchen aus Tausendundeiner Nacht.«
    »Träume vergehen … und Märchen bleiben Märchen, Alf.« Lore strich Brockmann leicht über die Haare. »Jetzt ist die Wirklichkeit wieder da, das reale Leben … und das heißt Birgit.«
    »Und Lore!« sagte Brockmann kaum hörbar. »O mein Gott, wie zerrissen kann ein Mensch sein.«
    Die Bordkapelle spielte den Abschiedsmarsch, die Gangway wurde eingezogen, Sirenen und Hörner heulten auf, die Leinen wurden abgeworfen, Hunderte von Taschentüchern wurden geschwenkt. Die ›Leonardo‹ legte vom Kai ab. Eine zischende Rakete schoß in den Abendhimmel und ließ silberne Sterne in das Meer regnen. Der weiße Leib des Schiffes wiegte sich in der Dünung.
    »Auf Wiedersehen, Aisha –«, sagte Lore und hob die Hand.
    »Adieu …« Brockmann wandte sich ab. Es war ihm, als gleite ein Teil seines Lebens hinaus ins Meer und damit in die ewige Vergessenheit.
    In ihrer Kabine lag Aisha auf dem Bett und hatte beide Hände vor das Gesicht gepreßt. »Oulf! Oulf!« schrie sie gegen ihre Handflächen. »Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll! Ich kann nicht leben ohne dich! Ich kann es nicht … Ich kann nicht mehr leben …«
    Durch das Kabinenfenster klangen Lachen und schmetternde Musik.
    Und in der Ferne versank die Küste Afrikas.
    *
    Nach den Angaben Omar Sharifans flog Hauptmann Brahms nun schon vier Stunden lang alle Straßen und Karawanenwege ab, die von Uau-el-Chebir nach Süden führten.
    Als der Fieseler Storch am Rande der kleinen Oase Chebir landete, warfen sich viele in den Sand und glaubten, ein räuberischer Riesenvogel sei auf sie niedergestürzt. Brahms ließ sie in diesem Glauben, indem er auf die Rücken der Einwohner eindrosch und sie anschrie, wohin die Sklavenkarawane gezogen sei. Dann stieg er wieder in den bleiernen Himmel und überflog die Wüste in weiten Kreisen.
    »Fast hundert Mann sind es!« schrie er gegen den Motorenlärm an und beugte sich zu dem Piloten vor. »So etwas muß man doch finden! Ich sehe doch auch hundert Ameisen, die über ein Tischtuch krabbeln.«
    »Hier unten ist es Mist!« Der Pilot zog weite Schleifen und flog dann weiter nach Süden. »Hier wechselt Wüste mit Bergen ab, und zwischendurch gibt es sogar so was wie 'ne Savanne. Wenn die in so einem Tal ausruhen, sehen sie aus wie verwitterte Steine.«
    »Und wenn ich in der Luft verhungere!« brüllte Brahms. »Ich muß die Karawane finden!«
    »So lange, fürchte ich, reicht unser Sprit nicht.«
    Sie flogen und flogen. Um Benzin zu sparen, zog der Pilot seine Kreise im Leerlauf und schaltete erst dann wieder auf Gas, wenn die Strecke weitergesteckt wurde.
    Endlich sahen sie in der

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