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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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–, lebte Alf Brockmann noch, denn laut anderer amtlicher Version verunglückte er erst am 10. August tödlich. Was stimmt nun?«
    Der Generalkonsul war verblüfft, und diesmal war es nicht gespielt. Eine schöne Schweinerei, dachte er. Der Botschafter wird toben, in Kairo wird man sich die Haare raufen und einige Dummköpfe wieder in die Gefängnisse werfen. So eine Blamage.
    »Darf ich den Totenschein sehen?« fragte er höflich.
    »Ich habe ihn sofort in einem Tresor sichergestellt«, log Konrad Gerrath. »Er soll der deutschen Polizei …«
    »Polizei? Aber, Herr Doktor! Warum muß der Deutsche gleich drohen? Immer gleich mit dem Kopf gegen die Mauer.« Der Generalkonsul lächelte und wies höflich auf die Ledersessel. »Ein Schreibfehler ist doch kein Verbrechen. Wir werden sofort in Kairo nachforschen lassen, wie es zu dieser Dummheit gekommen ist.« Er beugte sich vor und sah Gerrath aus dunklen, brennenden Augen an. Augen, in deren Hintergrund die kalte Gefahr lauerte. »Oder trauen Sie unserer Regierung zu, falsche Papiere auszustellen?«
    »Nein. Natürlich nicht.« Gerrath setzte sich. »Aber eine Erklärung ist trotzdem notwendig.«
    »Wir werden sie Ihnen so schnell wie möglich geben.«
    Es wurde ein unverbindlicher, verplauderter Besuch. Der Generalkonsul ließ starken, dampfenden Kaffee kommen, man aß einige Stückchen süßes Gebäck, und beim Abschied versicherte der kleine Dicke, daß die Regierung ehrlich bedauere, einen solchen Mitarbeiter wie Alf Brockmann auf so tragische Art verloren zu haben.
    Verwirrt, wieder etwas unsicher geworden, verließ Birgit das alte Patrizierhaus. Kann ein Mensch so lügen? Kann man so mit der Seele einer Frau spielen? Konrad Gerrath schwieg. Er hatte die Augen seines Gegenüber gesehen … musternde, lauernde, gefährliche Raubtieraugen in einem freundlich lächelnden Gesicht – eine Maske mit gnadenlosem Blick.
    Als unten vor dem Haus der Wagen Gerraths anfuhr, winkte der Generalkonsul seinem Sekretär.
    »Rufen Sie Zareb an«, sagte er mit plötzlich kalter Stimme. »Oder nein … schicken Sie Nagib zu ihm. Es muß verhindert werden, daß die Öffentlichkeit davon erfährt. Wie, das überlasse ich Zareb. Er soll einmal mit Ideen handeln.«
    *
    Noch einmal fuhren Gerrath und Birgit Brockmann nach Hamburg. Der Generalkonsul hatte sie zur Entgegennahme einer Erklärung zu sich gebeten.
    Es war der Tag, an dem auf der Autobahn ihr Wagen dem VW Zarebs begegnete und die bisher ruhige Welt der Birgit Brockmann auseinanderbrechen sollte.
    In Hamburg erfuhren sie, daß der Generalkonsul in Bonn sei, aber ein Sekretär war beauftragt, einen Brief zu überreichen. Konrad Gerrath riß das Kuvert auf und las sprachlos einen neuen Totenschein, diesmal auf englisch und mit dem richtigen Datum vom 10. August. Als Todesursache war außerdem auch ›Folgen eines Verkehrsunfalls‹ angegeben.
    Gerrath faltete das Schreiben zusammen und hielt es dem höflich lächelnden Sekretär hin.
    »Das soll doch wohl ein Witz sein?«
    »Ich weiß nicht, warum, Sir.« Der Sekretär hob die Schultern.
    »Ich nehme eine solche Erklärung nicht entgegen. Man kann doch nicht einen Menschen zweimal an verschiedenen Tagen und an zwei Todesursachen sterben lassen. Ich verlange eine Auskunft, ob Alf Brockmann noch lebt.«
    Der Sekretär streckte beteuernd die Hände vor. »Ich kann Ihnen nur übergeben, was mir aufgetragen wurde, Sir. Ich weiß nichts anderes.« Und dann sagte er etwas, was Gerrath aufhorchen ließ: »Sie haben einen Totenschein. Sie haben die Urne mit der Asche bekommen. Jede deutsche Behörde wird dies als Beweis des Verstorbenseins anerkennen. Wie sollte man sonst noch beweisen, daß jemand gestorben ist?«
    Gerrath nickte. Er faßte Birgit unter, ließ den neuen Totenschein auf dem Mahagonitisch des Besucherzimmers liegen und verließ das Generalkonsulat. Erst im Wagen wischte er sich über die Augen, und es war eine Geste der Resignation.
    »Alf ist amtlich tot«, sagte er leise. »Daran ist jetzt nichts mehr zu ändern. Es wird keine deutsche Dienststelle geben, die auf einen Verdacht hin ermitteln wird. Warum auch? Sie wird nichts anderes erreichen als wir: Papier und Urne. Der Vorhang ist endgültig über Alf gefallen.«
    »Nein!« sagte Birgit Brockmann laut. Sie starrte auf die Straße, auf die Menschen, die an dem Auto vorübergingen, auf die anderen Fahrzeuge, die sich in Dreierreihen vorwärtsschoben, auf die Auslagen in den Schaufenstern, und doch sah sie das alles

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