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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rüstung?« fragte sie leise.
    »So darfst du es nicht sehen.« Gerrath trat an die Urne, hob den Deckel ab, sah hinein und setzte den Deckel schnell wieder auf. »Für Alf geht es darum, seine großen Ideen verwirklicht zu sehen. Er ist durch und durch Forscher; politisch ist er ein Säugling. Ob er seine Forschungen in der Wüste oder auf dem Nordpol betreibt, das ist ihm gleich. Hauptsache ist für ihn, daß man ihm die Möglichkeiten gibt, seine Ideen in die Tat umzusetzen. Er denkt nicht an Bomben, sondern an einen Flug zu fernen Sternen. Für ihn ist sein Treibstoff nicht Antrieb einer Vernichtungsrakete, sondern die Erfüllung des Traumes, im Weltenraum herumzufahren wie ein Taxi auf den Straßen.« Konrad Gerrath trat hinter Birgit und legte seine Hände auf ihre zuckenden Schultern. »Solche Träumer sind gefährlich, Birgit. Sie selbst wissen es nicht, aber ihre Umgebung weiß es zu nutzen. Ein Mann wie Alf Brockmann ist mehr wert als Millionen; er kann ein ganzes Volk auslöschen, wenn er in die Hände ehrgeiziger Politiker fällt.« Er machte eine Pause und fügte mit plötzlich heiserer Stimme hinzu: »Und wir sind in diesen Teufelskreis jetzt hineingezogen worden. Birgit.«
    »Dann ist Alf also wirklich nicht tot? Dann ist die Asche in der Urne wirklich von einem anderen Menschen?«
    »Ich weiß es nicht.« Gerrath hob die Schultern. »Ich weiß nur eines: Wenn Alf noch lebt, ist auf jeden Fall die Ruhe unseres Lebens dahin.«
    Bis zum frühen Morgen saßen sie zusammen und beratschlagten, was zu tun sei. Berta Koller stieß einen hellen Schrei aus, als sie zum Frühstück herunterkam und die aufgesägte Urne sah.
    »Was soll das, Konrad?« rief sie und weigerte sich, das Zimmer zu betreten. Auch wenn es nur Asche in einem Kupfergefäß war, so lag doch der Geist eines Toten über allem. »Wer hat denn …«
    »Später, Frau Koller.« Gerrath sah auf die Uhr. Im Generalkonsulat in Hamburg wurde jetzt die Büroarbeit aufgenommen. Er ging zum Telefon und sprach ein paar Minuten mit einem Konsularbeamten.
    »Ja, wir kommen«, sagte er zum Abschluß. »Und ich bestehe darauf, den Herrn Generalkonsul persönlich zu sprechen. Erst nach dieser Aussprache wird es sich entscheiden, ob ich die deutsche Polizei einschalte. Gut, wir sind gegen Mittag in Hamburg.«
    »Was wollt ihr in Hamburg?« fragte Berta Koller aus der Diele. »Ihr könnt mich doch nicht mit der offenen Urne allein lassen –«
    »Aus ihr wird kein Geist entweichen«, sagte Gerrath laut.
    »Sie sind geschmacklos, Konrad.« Beleidigt stieg Berta Koller die Treppe hinauf zu ihren Zimmern. Aber auf dem Treppenabsatz blieb sie stehen und sah zurück. »Warum wollt ihr nach Hamburg?« wiederholte sie.
    »Alf ist nicht gestorben«, sagte Gerrath fest. »Hier ist etwas Geheimnisvolles geschehen.«
    »Aber die Urne …«
    »Ist jemand anders.«
    Berta Kollers Augen wurden starr vor Entsetzen. Mit einem lauten Seufzer rannte sie die letzten Stufen hinauf, riß die Tür ihrer Wohnung auf, warf sie hinter sich zu und drehte den Schlüssel zweimal herum.
    Auf der Fahrt nach Hamburg brachten Gerrath und Birgit Brockmann den kleinen Detlef-Jörg in den Kindergarten. Der Schwester sagten sie, daß Jörgi am Abend nach Hause gebracht werden sollte, wenn man aus Hamburg noch nicht zurück sei. Dann fuhren sie auf die Autobahn und rasten zur Elbe.
    Der ägyptische Generalkonsul empfing sie sofort, nachdem der Sekretär sie telefonisch angemeldet hatte. Man führte Birgit und Gerrath in einen großen, mit Ledermöbeln, dicken Orientteppichen und wunderschönen orientalischen Mosaiktischen ausgestatteten Raum.
    Der Generalkonsul war ein kleiner, dicker, sehr beweglicher Mann mit beginnender Glatze. Seine übergroße Höflichkeit wirkte etwas zu süß und klebrig, und Birgit überwand sich, ihre Hand nicht abrupt zurückzuziehen, als der kleine Dicke sie an sich zog und küßte.
    »Darf ich Ihnen im Namen meiner Regierung noch einmal persönlich unser aufrichtiges Beileid …«, begann er. Dann schwieg er, wie es schien, sehr betroffen, als Birgit ihn unterbrach.
    »Wozu?«
    »Madame, Ihr Gatte ist …«
    »Um die Wahrheit zu erfahren, sind wir hier.« Der Generalkonsul blickte sichtlich fassungslos Konrad Gerrath an, der diesen Satz wie einen Peitschenhieb hingeworfen hatte.
    »Die Wahrheit? Ich denke …«
    »Der von Ihrer Regierung übersandte amtliche Totenschein hat ein falsches Datum. Als am 14. Juli der Tod festgestellt wurde – Tod durch einen Vipernbiß

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