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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hielt ihre Hand, erzählte von den alltäglichen Dingen und gab ihr mit seinen Worten das Sehen wieder, denn was er berichtete, setzte sie in ihrem Inneren in Bilder um und erlebte alles mit. Vor zwei Tagen hatte er sie geküßt. Nicht wie früher auf die Stirn oder die Haare, sondern auf den Mund. Und es war ein richtiger Kuß gewesen. Sein Herz lag dahinter, sie spürte es. Und wenn er sie in diesem Augenblick hochgenommen und in sein Schlafzimmer getragen hätte, würde sie seine Frau geworden sein mit einem solchen Glück, daß die Dunkelheit vor ihren Augen sich erhellt hätte wie von hundert goldenen Sonnen. Was bedeutete da eine nackte, badende Aisha? Ein Raubtier, das nicht mehr zu bändigen ist? War Aisha nicht ein Wesen, vor dem Alf Brockmann Angst haben mußte? Denn er war kein Mensch, der Gefahren liebte und täglich, stündlich, immer mit einer Raubkatze ringen wollte. Brockmann liebte das Weiche, das Frauliche, die Geborgenheit, die Sanftheit der Seele. Vor der urhaften Wildheit einer Aisha schrak er zurück wie vor einem brodelnden Vulkan.
    Zweimal flog Ludwigs von Bir Assi nach El Minya, um mit seinem Lieferwerk in Deutschland zu telefonieren. Er benutzte zu diesen Flügen einen Militärhubschrauber und traf dabei auch den Soldaten Hassan Ben Alkir wieder, der ihn von der Kaserne zum Flugplatz fuhr.
    »Können Sie Griechisch, Sir?« fragte Hassan bei dieser Fahrt. Ludwigs sah den ägyptischen Soldaten verblüfft und ein wenig ratlos an.
    »Griechisch? Wieso?«
    »Zum Beispiel Gamma eins.«
    Ludwigs zuckte zusammen. Das Erkennungswort. Hassan hielt den Wagen auf halber Strecke zwischen Kaserne und Flugfeld an. Die spontane Reaktion Ludwigs hatte ihm gezeigt, daß sein Vorstoß ins Ungewisse richtig gewesen war.
    »Sie sind der Mann, der mir angekündigt wurde«, sagte er. »Ich weiß, warum Sie gekommen sind.« Hassan Ben Alkir umklammerte das Lenkrad des Jeeps. Sein schmales, braunes Gesicht war wie Stein. »Um es Ihnen gleich zu sagen, Sir: Ich werde Aisha niemals umbringen. Niemals. Ich liebe sie.«
    Ludwigs lächelte etwas fade. Er auch, dachte er. Mein Gott, wer könnte Aisha, dieses Wunder von einem Weib, nicht lieben? Es ist ein grober Fehler der Geheimdienste, immer schöne Frauen einzusetzen. Die Konflikte werden dadurch nur noch größer … aber sie lernen nichts daraus.
    »Ich kann Ihnen nichts weiter sagen, als daß Sie den Auftrag haben, es zu tun«, sagte Ludwigs steif. »Ich habe nur den Befehl zu überbringen und – für alle Fälle – zwei Giftkapseln. Was Sie damit machen, ist Ihre Sache. Ich habe meinen Auftrag hiermit erfüllt. Ihre Weigerung müssen Sie der Zentrale gegenüber verantworten.«
    »Das werde ich, Sir.« Hassan Ben Alkir, der junge, verliebte Soldat, der von den Händen und den Lippen Aishas träumte, nickte energisch. »Können wir weiterfahren, Sir?«
    »Natürlich. Halt, noch eins. Sollte ich verhaftet werden, weiß ich, wer dem ägyptischen Geheimdienst die Information gegeben hat. Was das bedeutet, ist Ihnen bekannt.«
    »Ja, Sir.« Hassans Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. »Das Glück Aishas ist das Schweigen. Ich bin doch nicht dumm, Sir.«
    Von seinem letzten Flug nach El Minya brachte Hans Ludwigs einige französische Zeitungen mit. Er hatte alle erreichbaren Blätter gekauft und in seine Tasche gestopft.
    Alf Brockmann war in seinem Labor, als Ludwigs in die Villa zurückkehrte. Aisha kochte, Lore saß am Schwimmbecken unter einem großen Sonnenschirm und sah in die Gegend, als sehe sie alles. Neben ihr spielte ein Kofferradio leise Musik. Operetten von Johann Strauß. Wiener Blut in der Wüste, bei 55 Grad Hitze.
    Ludwigs faltete die Zeitungen so, daß die Schlagzeilen sofort sichtbar waren, und legte sie auf den Schreibtisch Brockmanns. Dann zog er sich um, schlüpfte in die Badehose und lief zum Schwimmbecken. Lore hörte seinen Schritt und wandte ihm den Kopf zu.
    »Ach, schon wieder zurück Herr Ludwigs?« Sie sah ihn an, und Ludwigs strich sich irritiert über die Haare, trotzdem er wußte, daß hinter der dunklen Sonnenbrille die ewige Finsternis war. »Was gibt es Neues?«
    »Nichts, Fräulein Lore. Der übliche Kram. Wie ruhig leben wir dagegen hier in der Wüste.«
    Lore Hollerau lachte. Sie dehnte sich im heißen Schatten. Auch sie trug einen Badeanzug, und Ludwigs bewunderte stumm ihre sportliche, frauliche Figur. Wie schön könnte das Leben sein, wenn man sich nur um die Schönheit kümmern würde, dachte er bitter. Statt

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