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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu werden. Zuraida saß in einem tiefen Sessel, und ihre langen Beine waren bis zu den Schenkeln sichtbar. Sie hat teerosenfarbige Unterwäsche an, dachte Brahms und wandte sich irritiert ab, sah in den Garten und bemühte sich um Konzentration.
    »Ich heiße Jussuf Ibn Darahn«, sagte er. »Das nur wegen der Anrede.«
    »Jedes Ding muß seinen Namen haben«, wiederholte Zuraida lächelnd. Brahms kratzte sich nervös die Nase.
    »Sie haben den Auftrag, in Ägypten einen Wissenschaftler namens Alf Brockmann zu töten.«
    »Nein.«
    »Zuraida! Bitte, lügen Sie nicht.« Brahms hob beide Hände. »Tun Sie mir das nicht an, daß Sie unser Gespräch durch Leugnen erschweren. Wir wissen ja alles.«
    »Wenn Sie sagen, ich wolle Brockmann töten, so wissen Sie gar nichts.« Zuraida nahm eine Zigarette aus einem silbernen Kästchen und zündete sie sich an. »Ich soll Brockmann nach Deutschland holen, das ist alles.«
    Brahms dachte an das letzte Gespräch mit Alf in Bir Assi. Er hörte noch, wie Brockmann von seiner verunglückten Frau erzählte, von seinem kleinen Sohn Jörgi; er sah noch die schöne Urne unter dem Malvenstrauch stehen, umgeben von blühenden Blumengebinden. Und er hatte die Worte behalten: »Können Sie mir helfen, meine Herren, nach Deutschland zurückzukommen?«
    »Ich habe mit Brockmann kürzlich selbst gesprochen«, sagte Brahms. Zuraidas Kopf zuckte vor wie bei einem zuschlagenden Geier. »Er will selbst zurück. Nur – er kann nicht.«
    »Und deshalb wollten wir ihn herausholen.«
    »Blödsinn. Aus Bir Assi holt man keinen raus.«
    »Wir hätten es versucht.« Zuraida lehnte sich wieder zurück. »Sehen Sie, wir wußten nicht einmal, daß er uns entgegengekommen wäre. Wir hatten damit gerechnet, daß er sich wehrt. Und darum wollten wir als stärksten Lockvogel seine Frau mitbringen.«
    »Seine Frau?« Brahms starrte Zuraida sprachlos an. »Jetzt reden Sie Blödsinn, Zuraida. Seine Frau ist schon da … als Asche in einer kupfernen Urne.«
    Zuraida sprang mit einem Satz auf. Ihre Augen glühten. Sie war unendlich schön in ihrer tierhaften Wildheit.
    »Wieso Urne?« rief sie laut. Brahms hob die Schultern.
    »Ich denke, Sie wissen alles? Sie wissen gar nichts. Frau Brockmann wurde das Opfer eines Autounfalls in Lübeck.«
    »Sie auch?«
    »Was heißt: Sie auch?«
    »Brockmann bekam ihre Urne?«
    »Ja.«
    »Birgit Brockmann bekam auch eine Urne. Mit der Asche von Alf Brockmann. Todesursache: Unfall in Kairo. Mit Totenschein.«
    Brahms setzte sich wortlos und wischte sich über die Stirn. Kalter Schweiß klebte auf seinem Gesicht. »Es ist also so«, sagte er nach einer Minute völligen Schweigens, »daß jeder für den anderen tot ist. Alf hat die Urne seiner Frau, Birgit hat die Urne von Alf … aber beide leben sie noch. Das ist ja eine herrliche Sauerei.«
    »Nur glaubt Birgit nicht an den Tod ihres Mannes. Sie war unterwegs, ihn zu suchen, mit unserer Hilfe. Da schlug die Gegenseite zu: Man entführte den kleinen Jörgi.«
    »Himmel, Arsch und Wolkenbruch!« schrie Brahms.
    »Sie wissen davon nichts?«
    »Auf Ehrenwort! Nichts!«
    »Birgit flüchtete aus unserer Obhut, um zurück nach Lübeck zu gehen und damit Jörgi zu befreien. Eine dumme Fehlspekulation, denn nach unserer Meinung lebt der Junge gar nicht mehr. Aber inzwischen scheint sie es sich anders überlegt zu haben. Wir vermuten, daß sie bereits in Ägypten ist.«
    »Auf dem Wege zu Brockmann?«
    »Noch nicht. Woher soll sie wissen, daß er sich in Bir Assi befindet?« Zuraida nahm wieder eine Zigarette. Diesmal zitterten ihre Finger. »Es sollte Ihre Aufgabe sein, Jussuf – oder wie Sie heißen –, Birgit zu finden und sie mit ihrem Mann zusammenzubringen. Dann hätte Ihr verpfuschtes Leben doch noch einen Sinn gehabt.«
    Brahms zögerte. Dann nahm er Zuraidas Hand. »Sie sind eine zauberhafte und dabei kluge Frau«, sagte er aus tiefem Herzen. »Es wäre zu schade, wenn dieser Kopf nach der Exekution durch einen Fangschuß verunziert würde.«
    Zuraidas Körper bebte. Sie hielt Brahms' Hand fest, als er sie wegziehen wollte.
    »Was haben Sie vor, Jussuf?« fragte sie leise.
    »Zunächst lasse ich diese Birgit suchen. Sie kann nur in Alexandria oder in Port Said an Land gegangen sein. Oder per Flugzeug in Kairo. Dann werde ich Ihren armen Leutnant Dobrah abliefern … Sie müssen einsehen, Zuraida, daß man einem Löwen etwas vorwerfen muß, damit er nicht dauernd brüllt. Es ist tragisch für den Jungen, aber Spionage ist immer

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