Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Naechte am Rande der inneren Stadt

Titel: Naechte am Rande der inneren Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
Vom Netzwerk:
mich,
klingeling
; sie wartet auf ihn, auf einem anderen Kontinent, am Ende der Welt   ... soll sie warten, warte nur... aber nein, er wird ihr dorthin folgen. Das war ausgemacht, daran wird sich nichts ändern.
    Warum lässt sich der Mensch manchmal teilen, manchmal nicht?
     
    Er trägt ein Lederband um den Hals mit Glasperlen daran. Sie leuchten türkis und azur wie seine Augen. Sie leuchten auf seiner
     rosig braunen haarigen Haut, zwischen den wohlgeformten Schlüsselbeinen.
    Keine Illusionen der Verliebtheit. Auch das war ausgemacht. Doch der Ton ist nicht mehr so nüchtern wie am Anfang.
     
    Das Mädchen in der Mittagssonne starrt auf die Brandmauer gegenüber; sie sieht die zusammengemörtelten Backsteine, brüchig
     ocker, unregelmäßig sichtbar, freigelegt vom Fassadenputz, wie ein Paket unter dem eingerissenen Packpapier.
    Eine Schweißperle läuft zwischen den Brüsten des Mädchens herab, zugleich spürt sie den Kater um ihre Beine streichen, gleich
     springt er hoch und will spielen. Die Zeit kriecht wie die |109| Sonne, selbst die Schmetterlinge falten ihr
klapp klapp
der Flügel verlangsamt, und das Blütenblatt der vernachlässigten Geranie löst sich beim Zusehen allmählich vom Stengel –
     
    Wenn es das Schöne nicht mehr gibt, ist es schwer auszumachen, wofür oder woraufhin gelebt werden soll.
     
    Am Morgen lag er in meinen Armen und weckte mich mit seinem SEX.   Sein SEX liegt in meiner Hand, er ist leicht gebogen. Wie eine Sichel, sage ich. Er lacht. Er findet es komisch, dass ich
     seinen Schwanz so nenne. ER heißt Jackson.
     
    Sie verbringen fast jede Nacht miteinander. Sie sprechen wenig, Jackson und sie, über ferne Dinge; der Mann hält sich sorgfältig
     verborgen. Als sollte sie nichts von ihm wissen, als wollte sie es nicht. Er ahnt nicht, wie viel sie schon von ihm erfahren
     hat, an seiner rosabraunen Haut, dieser Fläche mit Erhebungen und Senken, Unterbrechungen, Flecken und Empfindlichkeiten,
Ornamente der Nacht
, die mich bannen, er weiß noch nicht, dass ich schwimmen kann und sehen zugleich.
    Er erhält eine Postkarte von ihr, die in der Stadt schnell befördert wird, vom Vormittag bis zum Nachmittag, schon ist sie
     da.
Ich bin glücklich mit dir
.
Alles ist leicht.
     
    Okay. Wach auf. Jackson heißt natürlich nicht Jackson, sondern Jakob. Aber er bewundert den Maler Jackson Pollock und deshalb
     nennt er sich so.
    In der Cafeteria der Hochschule der Künste sind wir ineinandergerannt, vor drei Wochen, er Pappbecher mit Kaffee in der Hand,
     ich Limo und Bulette, Blick in die Augen, Grinsen, Rotwerden, was machst du, woher kommst du, wo wohnst du, gehen wir ins
     Kino. Das Lachen, die Ironie, die superkurzen Sätze. Die Sätze wurden immer kürzer.
    Er ruft sie an, sie ihn. Sie sehen sich. Sie sprechen wenig.
     
    |110| Das Licht fällt pappelsilbrig in den Hof, es flirrt.
    Ich warte darauf, ihn zu sehen.
     
    Ich schlafe tief und fest neben ihm, mein Bein zwischen seinen; kein solches Heckmeck wie mit Konrad.
    Konrad ist aufgewühlt; manchmal besinnungslos. Ich hab es ihm gesagt. Das Reden mit dir ist das Wichtigste, sagt er. Alles
     Sinnliche ist mir fremd, sagt er, doch er belügt sich selbst. Das Sinnliche ist das Schönste an ihm. Neben seinem großherzigen
     Denken. Doch wohin ist sein Humor?
    Konrad ist weit weg, das Mädchen will nicht an ihn denken...
     
    Die Sonne ist bei dem Mädchen angelangt und sticht fast. Trotzdem ist es gut, die Sonne auf der Haut zu fühlen. Der Kater
     springt mit heiserem kleinem Miauen an ihr hoch, sie packt ihn. Setzt ihn auf ihre Schulter, spricht mit ihm.
    Es stimmt, sagt sie, dass ich immer Sehnsucht nach einem anderen hatte, mit Konrad. Aber nicht von Anfang an. Er hat mich
     eingesperrt mit seiner Angst, nun soll er fühlen, was er fantasiert hat
, ich in den Armen eines andern,
das ist meine Strafe! Weil er glaubte, ich wäre nicht treu!
    Doch, doch, Katerchen, sage ich, und meine Stimme wird härter, ich werde wütend, ganz böse schlägt mein Herz vor Zorn, ich
     weiß schon, dass er nichts dafür kann, dass er es aus Verzweiflung tut, dass es etwas ist in ihm, das er und ich nicht begreifen
     können. Und doch macht es mich wütend.
    Eines Tages wird ihm der Kopf davon platzen, was er seine Vernunft nennt, mit der er alles herunterbügelt, was ihm nicht ins
     Bild passt. Manchmal möchte ich es regelrecht darauf ankommen lassen zu sehen, wann es reicht, wann er
Halt
schreit,
hör auf damit
, so wie er die Geschichte

Weitere Kostenlose Bücher