Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut
Gordon von Mirbach und ist ein Verwandter des Außenministers, sogar ein waschechter Graf. Seine Familie ist seit Jahrhunderten politisch aktiv und war zeitweise sehr einflussreich. Der Kommissar ist ein guter Mann. Ein Vorfahre von ihm hat vor fast hundert Jahren als kaiserlicher Botschafter sogar versucht, die Zarenfamilie vor ihrem Tod zu bewahren. Ein anderer, der Oberstleutnant Andreas von Mirbach, hat sich 1975 bei einem Botschaftsüberfall durch die Rote Armee Fraktion in Stockholm als Geisel austauschen lassen und opferte dabei sein Leben. Graf Gordon von Mirbachs Eltern, seine Frau und die Tochter wurden vor einigen Jahren während eines Besuches in Nordafrika von arabischen Terroristen entführt. Dem Vater wurde vor laufenden Kameras der Kopf abgetrennt und die anderen lebendig begraben. Man hat sie bis heute nicht gefunden. Sehr bitter war das. Deswegen hat ihr Verbindungsmann die Diplomatenlaufbahn aufgegeben und ist in die Kriminalistik gewechselt. Aufopferung ist also Tradition in der Familie.“
Das war eine sehr merkwürdige Geschichte, die mich neugierig gemacht hatte. Den Hintergrund mit dem früheren Grafen von Mirbach-Harff kannte ich nur zu gut. Er war in Moskau am 07. Juli 1918 durch ein Attentat von Sozialisten ums Leben gekommen. Dieser Graf von Mirbach-Harff hatte zuvor alles getan, um die Freiheit für meine Familie zu erreichen. Der deutsche Kaiser hatte ihn beauftragt. Die unglückliche Fügung, die zu seiner Ermordung führte, hatte auch unseren Tod beschleunigt. Nur zehn Tage später folgten wir ihm.
War dieses Zusammentreffen mit einem seiner Nachkommen ein gutes Omen?
„Nun zu den Fällen“, fuhr Max Kräger fort.
„Hier in Berlin verschwinden seit einiger Zeit immer wieder junge Mädchen. Es fehlt jede Spur, jegliches Muster. Auch eine Verbindung zwischen den Mädchen lässt sich bisher nicht herstellen. Die Polizei tappt seit Monaten vollkommen im Dunkeln. Das Thema ist inzwischen bei der Presse angekommen und sowohl der Innenminister als auch der Berliner Bürgermeister werden verantwortlich gemacht. Sie wollen endlich Ergebnisse sehen.“
Dann erzählte er von dem zweiten Fall.
„Es bestand der Verdacht, dass bei einer bekannten Großbaustelle viele Millionen von irgendjemandem veruntreut wurden. Nun ist auch noch der leitende Staatsanwalt plötzlich spurlos verschwunden! Dieser Fall hängt zwar nicht mit den vermissten Mädchen zusammen, aber das Ministerium will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, die Polizei bevorzuge die Aufklärung des einen oder anderen. Daraus könnten die Berliner auch wieder Schlüsse ziehen. Um diesen Eindruck zu vermeiden, hat man gleich bei beiden Untersuchungen um unsere Mithilfe gebeten.“
Er schob mir die umfangreichen Dossiers zu.
Mein Gott! Was war das für ein merkwürdiger Zufall?
Auf der zweiten Seite schaute mich das Bild meines jetzigen Opfers an! Es war der gesuchte Staatsanwalt. Ich hatte ihn nie konkret nach seiner Arbeit gefragt, denn das war bisher für mich ohne Bedeutung. Solche eigenwilligen Fügungen sind selten, aber sie kommen vor.
Waren die beiden Fälle und die Beauftragung eines Mitglieds der Familie des Grafen von Mirbach-Harff auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden?
Oft erkennen gewöhnliche Menschen solche Zusammenhänge nicht, da ihre Lebenszeit zu kurz ist. Durch mein langes Leben hatte ich jedoch mehr Möglichkeiten. Gerade Aufträge dieser Art machten mich neugierig, da sie eine gewisse mystische Komponente hatten, die mich herausforderte. Muster reichen oft weit hinter das jetzige Leben zurück. Die einen sagen „Schicksal“, andere „Karma“ und Dummköpfe „Zufall“ dazu.
Wir begegnen in der Regel keinen Unbekannten, sondern jenen, mit denen wir auf eine besondere Weise etwas offen haben – auf gute oder auf schlechte Art. In der Physik sagt man, dass in einem geschlossenen System niemals etwas verschwinden kann, nicht einmal Energie. Alles wandelt sich nur. Ob sich meine Ahnung bestätigen würde?
Leider war somit auch ich zum Ziel der Ermittlungen geworden. Vielleicht wurde auch schon das Mädchen, mein vorletztes Opfer, vermisst und man bezweifelte den Anruf, der ihr Verschwinden erklärte?
Ich blätterte neugierig die Bilder durch. Es war nicht dabei. Das war gut. Meine Vertuschung hatte funktioniert. Es würden Monate vergehen, bis man Verdacht schöpfte. Im besten Fall erinnerte sich bald niemand mehr an sie. Das war häufig so.
Der Filialleiter bemerkte mein Interesse.
„Gibt es
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