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Nächte des Schreckens

Nächte des Schreckens

Titel: Nächte des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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ein Messer aus dem Schrank... ich wußte nicht mehr, was ich tat, verstehen Sie!«
    Der Untersuchungsrichter Millet lächelt Antoine ermutigend zu. Endlich mal ein Verhör ohne Probleme!
    Chartier fährt fort: »Aber ich kam nicht dazu, das Messer zu benutzen, Herr Untersuchungsrichter. Der Felix tauchte in dem Moment auf. Er sagte: >Laß das sein, Antoine, das ist meine Sache!< Und dann hat er die Kleine erwürgt.« Erstaunt hebt Richter Millet die Braue: »Weshalb sollte er Emilie Janvier getötet haben? Was hatte er denn gegen sie?«
    Antoine Chartier zuckt die Schultern: »Das ging gleich zu Anfang los, als das Mädchen zu uns kam. Aus unerfindlichen Gründen hat der Alte sie immer spüren lassen, daß sie vorher von der Fürsorge gelebt hatte. Und sie antwortete ihm immer: >Besser, von der Fürsorge zu leben, als im Gefängnis zu sitzen!«
    Na, und das hat der Felix nicht verdaut. Als er sie erwürgt hat, da hat er immer wieder geschrien: >Das ist jetzt die Strafe dafür…«
    Der Untersuchungsrichter Millet verzieht angewidert das Gesicht. Dann fährt er fort: »Und wo habt ihr den Leichnam verschwinden lassen?«
    Ungerührt erwidert Antoine Chartier: »In dem Weiher unterhalb meines Kräutergartens. Aber die Kleine war noch gar nicht tot. Sie hat geschrien, als sie ins Wasser fiel...«
    Damit ist für den Untersuchungsrichter das Verhör beendet. »Nun gut«, meint er abschließend, »wir werden das alles überprüfen. Ihr Onkel Felix scheint in der Sache jedenfalls der Hauptschuldige zu sein. Es ist sehr bedauerlich für Sie, daß er außerstande ist, Ihre Angaben zu bestätigen.« Eine Woche später finden sich der Untersuchungsrichter, der Brigadier Ferrand und dessen Männer am Weiher unterhalb des Kräutergartens von Antoine Chartier ein. Letzterer, der mit Handschellen gefesselt ist, deutet mit einer Kopfbewegung auf eine Ecke des Weihers und erklärt: »Dort haben wir die Kleine reingeworfen...«
    Gemeinsam mit mehreren Freiwilligen aus Breville suchen die Gendarmen stundenlang das Gewässer ab. Außer Atem und schweißüberströmt erscheint der Brigadier Ferrand schließlich wieder bei Richter Millet.
    »Wir haben nichts gefunden, Herr Richter, nicht die geringste Spur. Dieser Kerl hat sich auf unsere Kosten lustig gemacht!« Mit strenger Miene wendet sich Millet an den Verdächtigen: »Was hat das zu bedeuten, Chartier? Sie sind uns eine Erklärung schuldig!«
    Antoine Chartier wirkt sehr verlegen.
    »Jetzt erinnere ich mich wieder... als ich eine Woche danach wieder zum Weiher ging, war der Leichnam nicht mehr da. Ich habe den Onkel gefragt, ob er ihn woanders hingebracht habe, und er sagte: >Ja.< Ich wollte wissen wohin, aber er meinte nur: >Was kümmert’s dich?< Und da habe ich nicht weiter nachgefragt.«
    Den Richter scheint diese Auskunft nicht sehr zufriedenzustellen. »Auch wenn man die Leiche nicht findet, ändert das nichts am Tatbestand. Sie werden trotzdem vor Gericht kommen. Also, zum letzten Mal: Wo ist die Leiche?«
    Doch Chartier erwidert nur trotzig: »Ich weiß es nicht. Fragen Sie den Onkel!«
    Den Onkel zu fragen, ist allerdings völlig zwecklos. Felix Chartiers Zustand hat sich so verschlimmert, daß man ihn festbinden mußte, und jetzt gibt er nur noch wirres Zeug von sich.
    Drei Wochen lang untersuchen die Gendarmen zusammen mit mehreren Freiwilligen sämtliche Weiher der Umgebung. Nachbarn hatten den Gendarmen außerdem gemeldet, daß die Chartiers kurz nach dem Verbrechen ein gewaltiges Feuer in ihrem Ofen entzündet hatten. Doch in der Asche finden sich keinerlei Überreste eines menschlichen Körpers.
    Die Ermittlung wird abgeschlossen. Das Verbrechen des Antoine Chartier bleibt ein Verbrechen ohne Leichnam. Dennoch sieht es nach allgemeiner Einschätzung für Antoine nicht gut aus. Bei dem Prozeß Ende Dezember 1904 vor dem Schwurgericht von Saint-Lô wird es um seinen Kopf gehen.
     
    10. November 1904. Als er die Person erblickt, die gerade sein Büro betritt, fühlt sich Adrien Ferrand einem Schlaganfall nahe. Eine ganze Weile kann er nur immer wieder stottern: »Sapperlot! Sapperlot!«
    Schließlich gelingt es ihm, eine halbwegs vernünftige Frage zu formulieren: »Aber wer sind Sie denn bloß?«
    Gelassen erwidert das junge Mädchen: »Ich bin Emilie Janvier.«
    Der brave Polizist glaubt nicht an Gespenster, sonst hätte er sicherlich auf der Stelle die Flucht ergriffen. Aber sie ist es tatsächlich. Er hatte sie sofort erkannt. Da hatten sie lange den Weiher absuchen

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