Nächte des Schreckens
Kleidungsstücke darin und Konservendosen. Das ist natürlich alles gestohlen.«
Inspektor Falks wendet sich an den jungen Burschen. »Dein Name?«
Er sagt dies in einem Ton, daß der Verdächtige sofort aufhört zu protestieren.
Furchtsam erwidert er: »John Normann.«
»Alter?«
»Zwanzig.«
»Wohnsitz?«
»Nun ja...«
»Bist du geflohen?«
Der junge Mann scheint jetzt wirklich Angst zu haben.
»Ja, aber nicht aus dem Gefängnis, sondern aus der Besserungsanstalt! Ich habe nichts Böses getan.«
Der Inspektor ruft seinen Untergebenen zu: »Führt ihn weg! Wir werden das bis morgen überprüfen.«
Kaum hat man den Verdächtigen hinausgebracht, als sich der Kollege des ermordeten Beamten an seinen Chef wendet: »Das ist er! Er hat nicht mehr die schwarze Farbe im Gesicht, aber es ist derselbe Gang und dieselbe Art, sich zu bewegen. Ich bin ganz sicher, daß ich mich nicht irre!«
Am Nachmittag des folgenden Tages läßt Inspektor Horace Falks den jungen Mann erneut in sein Büro bringen. Er hat die Sache inzwischen ausführlich untersucht, und das Ergebnis ist für den Verdächtigen äußerst belastend, um nicht zu sagen niederschmetternd.
John Normann ist totenbleich, als er sich dem Inspektor gegenübersetzt. Schüchtern versucht er zu protestieren, doch der Beamte schneidet ihm das Wort ab.
»Ruhe«, donnert er, »ich bin es, der hier spricht! Du bist also am 21. Dezember aus der Besserungsanstalt von Saint-Joséph geflohen?«
»Ja, aber...«
»Ruhe! Nun, zufällig hat der >Teufel von Sheffield< genau zehn Tage später seinen ersten Coup gelandet, nämlich am 31. Dezember!«
John Normann reißt die Augen weit auf.
»Der >Teufel von Sheffield<. Was heißt das?«
Man merkt, daß Inspektor Falks nur mit Mühe die Beherrschung wahrt.
»Spiel nicht den Unschuldigen! Wir haben deine Kameraden in Saint-Joséph befragt. Hast du nicht zu einem von ihnen gesagt: >Die Bullen sind gemeine Schweine. Eines Tages werde ich einen von denen niedermachen!«
Der junge Mann ist jetzt weiß wie die Wand.
»Ich... ich habe das nicht so gemeint.«
Der Inspektor schlägt mit der Faust auf den Tisch.
»Und als du gestern abend den Polizisten Irvin getötet hast, da hast du das wohl auch nicht so gemeint, wie? Wo hast du den Revolver versteckt?«
John Normann ist, als durchlebe er einen Alptraum.
»Ich habe niemanden getötet! Und ich habe auch noch nie einen Revolver besessen!«
Doch der Inspektor fährt fort: »Und was du in dem Sack hattest, das war wohl auch nicht alles gestohlen, oder?« Normann verliert immer mehr den Boden unter den Füßen. »Doch, aber nicht hier in Sheffield, sondern in Manchester.«
Horace Falks erhebt sich plötzlich: »Gib dir keine weitere Mühe. Der Beamte, der zusammen mit dem Opfer auf Patrouille war, hat dich wiedererkannt. Ich lasse ihn jetzt hereinkommen...«
Am nächsten Tag verkündet die Zeitung »Sheffield News« auf der Titelseite: »Der >Teufel von Sheffield< verhaftet! Der brutale Polizistenmörder ist ein gewisser John Normann, der kurz zuvor aus einer Besserungsanstalt geflohen war. Der Beamte Smith, der Begleiter des ermordeten Polizisten, hat ihn eindeutig wiedererkannt. Der Täter leugnet weiterhin, doch er ist bereits des Mordes angeklagt.«
In einem übel beleumundeten Pub in London hält ein kleinwüchsiger junger Mann mit eingedrückter Nase, hervorstehenden Augen und wulstigen Lippen eben diese Zeitung in der Hand. Zur Überraschung der übrigen Gäste bricht er plötzlich in lautes Gelächter aus.
Sein Tischnachbar, ein ziemlich betrunkener Matrose, beugt sich zu ihm vor: »Hast du gute Neuigkeiten, Kumpel?«
Wilbur Barnett entblößt eine Reihe schwärzlicher Zähne. »Das kann man wohl sagen! Also, zum Wohl! Ich denke, ich werde eine kleine Reise machen. Es gibt da ein Schauspiel, das ich mir auf keinen Fall entgehen lassen will...« Eine Stunde später sitzt Wilbur Barnett im Zug London — Sheffield und drückt sein Gnomengesicht gegen die Fensterscheibe des Abteils. Er lächelt noch immer vor sich hin. Da hatte er geglaubt, er müsse sich monatelang verstecken, und jetzt hat die Polizei einen anderen an seiner Stelle verhaftet! In der Zeitung steht, der Prozeß werde so bald wie möglich stattfinden. Natürlich wird er dabeisein!
Was den armen Kerl betrifft, den man an seiner Stelle aufhängen wird, so ist das natürlich Pech, aber so sind nun einmal die Spielregeln. Er wird sich auf keinen Fall stellen. Schließlich nennt man ihn den >Teufel
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