Nächte in Babylon
begnügen?«
»Es geht ihm nicht darum, Sie zu verletzen. Sondern darum, wie nah er Ihnen kommen kann.« Und an Pam gewandt: »Vermuten Sie, dass die Briefe alle von ein und derselben Person stammen?«
»Wir bekommen sie schon seit geraumer Zeit. Aber kurz vor dem Zwischenfall mit dem Halstuch wurden es mehr. Keine Beschimpfungen, keine Drohungen, bloß krankhafte Wahnvorstellungen. Wie schön sie ist, dass er nur an sie denken kann, dass er glaubt, sie zu verstehen. Solche Sachen. Man hat das Gefühl, dass er irgendwas im Schilde führt.«
»Woher wissen wir überhaupt, dass es ein Er ist?«, warf Anna ein.
»Auch wenn das jetzt sicher sexistisch klingt: Frauen sind für so etwas normalerweise nicht durchgeknallt genug. Nehmen Sie zum Beispiel Ihre Schwester. Es wäre wesentlich wahrscheinlicher, dass sie Sie vergiftet, als dass sie Ihnen die Kehle durchschneidet.«
»Ha!«, sagte Anna.
»Wollen Sie andeuten, dass die Sache eine sexuelle Komponente hat?«, fragte Pam.
»O nein«, stöhnte Anna. »Sigmund Freud lässt grüßen. Dass sich jemand in einen Schauspieler verknallt, hat es doch schon immer gegeben. Genau dafür sind wir doch schließlich da.«
Spandau kratzte an der roten Tinte. Sie löste sich in Flocken vom Blatt. Es sah ihm ganz nach Blut aus, aber das behielt er lieber für sich. »Den meisten Menschen ist klar, dass ihre Fantasien nichts weiter als Fantasien sind«, sagte er. »Aber leider nicht allen.«
»Warum willst du nicht wahrhaben, dass es ein Problem gibt?«, wollte Pam von ihrer Schwester wissen. »Ein Geistesgestörter macht sich auf der Straße an dich ran und zerschlitzt dir dein Halstuch. Genauso gut hätte es dich treffen können. Ich kann nicht begreifen, wieso du den Kopf in den Sand steckst.«
Anna setzte sich auf. »Weil ich mir von einem liebeskranken Irren, der mir zu nah auf die Pelle gerückt ist, nicht das ganze Leben versauen lassen will. Chandler kann ja ein bisschen auf mich aufpassen.«
»Das gehört nicht zu seinem Job. Aber Mr. Spandau ist für solche Sachen ausgebildet.«
»Nein, danke«, antwortete Anna. »Nein.« Sie stand auf und suchte ihre Sachen zusammen.
»Ich versteh dich nicht«, sagte Pam. »Da komme ich wirklich nicht mehr mit.«
»Ich bin Schauspielerin und sonst gar nichts. Was in den Köpfen der Irren da draußen vorgeht, dafür bin ich nicht verantwortlich. Ich habe ein Recht auf mein Leben. Und das lasse ich mir von keinem kleinen Perversling ruinieren.«
»Vor fünfzehn Jahren«, sagte Spandau, »haben Sie für Aktaufnahmen posiert, die in einer Illustrierten erscheinen sollten. Aber dann kriegten Sie kalte Füße und haben ein kleines Vermögen dafür hingeblättert, sie dem Fotografen – Ihrem damaligen Lover, wenn ich mich recht erinnere – wieder abzukaufen. Ich kenne die Fotos nicht; sie waren sicher sehr geschmackvoll. Aber Sie können wohl kaum so tun, als ob Sie nicht Ihren Teil dazu beigetragen hätten, die Fantasien Ihrer Fans anzuheizen.«
Anna funkelte ihn böse an.
Pam eilte ihrer Schwester zu Hilfe. »Mr. Spandau, ich glaube nicht, dass …«
»Schon gut, Pammy«, fiel Anna ihr ins Wort. »Hören wir uns an, was Mr. Spandau zu sagen hat. Eines muss man Ihnen lassen: Sie kommen schnell zur Sache.«
»Ja, Ma’am, und genau deshalb werde ich von Leuten wie Ihnen engagiert. Ich verplempere weder Ihre Zeit noch meine.«
»Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig, Mr. Spandau. Nicht im Mindesten.«
»Nein, Ma’am.«
»Ich kann Ihnen die Fotos gerne zeigen, wenn Sie sich auch mal ein bisschen aufgeilen wollen. Dafür würden andere viel Geld hinblättern.«
»Ja, Ma’am. Es wundert mich bloß, dass Sie sie noch besitzen.«
»Natürlich besitze ich sie noch. Ich krame sie manchmal raus, um nur ja nicht zu vergessen, was für Schweine die Männer doch sein können. Und damit ich mich nie wieder von irgendjemandem zu etwas überreden lasse, was ich nicht will. Jetzt kommen Ihnen gleich die Tränen, was? Oder geht es hier um etwas ganz anderes? Verletzt es Ihre Moralvorstellungen, dass ich meinen Körper vermarkte?«
»Nein, Ma’am. Das ist Ihr gutes Recht. Nur brauchen Sie sich dann nicht zu wundern, wenn auch andere auf die Idee kommen, Ihre Schönheit auszunutzen. Das macht Sie noch lange nicht zum unschuldigen Opfer. Es heißt bloß, dass Sie in geschäftlichen Dingen eine Niete sind. Auf der anderen Seite haben Sie keinen umgebracht, und es hat mich auch keiner zum Moralapostel ernannt.«
»Haben Sie noch nie
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