Naechtliche Versuchung - Roman
Anwesenheit hat nichts zu bedeuten. Ich werde mich nicht in deinen Kampf mit Desiderius einmischen.«
Warum glaube ich das nicht? Ach ja, weil Acheron Parthenopaeus niemals den unbeteiligten Zuschauer spielt, wenn es um besonders bösartige Daimons geht. »Irgend so was habe ich schon mal gehört«, seufzte Kyrian.
»Okay, dann behalte ich meine unerwünschten Infos für mich.«
»Was die Seherinnen verkünden, habe ich bereits gehört.«
»Aber du kennst den Rest der Geschichte nicht«, warf Liza ein.
»Welche Geschichte?«, fragte Kyrian verwirrt.
Ash nahm einen Kaugummi aus seiner Jackentasche und wickelte ihn sorgfältig aus. »Sagtest du nicht, daran hättest du kein Interesse?«
»Schon gut, ich mache Desi ohne deine Weisheiten fertig.«
Als Kyrian zur Tür ging, hielt ihn Acherons Stimme zurück.
»Findest du es nicht etwas seltsam, dass dieser Kerl Kräfte besitzt, die das übliche Maß des Daimon-Arsenals übersteigen?«
»Oh.« Kyrian drehte sich um. »Lass mich mal überlegen. Ja.«
Liza kicherte, bis Ash ihr einen kühlen Seitenblick zuwarf. Da brach sie in schrilles Gelächter aus und verschwand im Hintergrund des Ladens.
»Also, die Fakten …«, begann Ash. »Offenbar war der alte Bacchus eines Nachts ganz schrecklich lüstern und trieb es mit einem Apollitenmädchen. Neun Monate später gebar es Desiderius.«
»Scheiße.«
»Genau.« Acheron ergriff eine von Lizas Puppen, die wie Artemis aussah, staunte sichtlich über die Ähnlichkeit und stellte sie ins Regal zurück. »Nachdem der alte Daddy Bacchus im Lauf der Jahrhunderte genug Bastarde gezeugt hat, war ihm sein neuer Sprössling völlig egal. Desiderius ärgerte sich, weil der Vater keine Anstalten traf, das siebenundzwanzigjährige Leben des Sohnes zu verlängern. Als Halbgott bildete er sich ein, er würde was Besseres verdienen - zum Beispiel die Unsterblichkeit.«
»Deshalb verwandelte er sich in einen Daimon.«
Ash nickte. »Mit den zusätzlichen Fähigkeiten eines Halbgotts ist er uns in Körperkraft, Schnelligkeit und Raffinesse ebenbürtig. Zudem muss er keine Regeln befolgen.«
»Natürlich, das erklärt einiges. Wenn man sich nicht an den Göttern rächen kann, murkst man ihre Diener ab.«
»So ist es. Und auf unsereins ist Desi besonders scharf.«
»Eine Frage.«
»Ja?«
»Warum kann ihn nur ein dunkler Jäger mit einer Seele besiegen?«
»Weil es der Prophezeiung entspricht. Und wie so was funktioniert, dürfte dir bekannt sein.«
»Woher weißt du das alles?«
Lächelnd wandte sich Acheron zu der Puppe, die er vorhin betrachtet hatte. »Letzte Nacht sprach ich mit Artemis. Es dauerte eine Weile. Aber schließlich entlockte ich ihr, was ich herausfinden wollte.«
Kein Wunder. Schon immer war Ash der Günstling der Göttin gewesen, was die anderen dunklen Jäger maßlos ärgerte. Aber Kyrian machte es nichts aus. Ganz im Gegenteil, er war dankbar für die Fähigkeit des Atlantikers, Artemis auszuhorchen und ihn mit Informationen zu versorgen.
»Eines Tages musst du mir erklären, warum du der einzige dunkle Jäger bist, der im Angesicht der Götter nicht geröstet wird.«
»Vielleicht - irgendwann. Aber nicht heute Nacht.« Acheron reichte ihm ein ausziehbares Schwert und einen Wurfdolch. »Und jetzt schlepp deinen Arsch ins Bett zurück. Du musst deinen Job erledigen. Dafür brauchst du deine ganze Kraft.«
Kyrian wandte sich ab.
»Oh, und mein teurer Freund …«
Seufzend drehte sich Kyrian wieder um.
»Fahr nicht allein zu deinem neuen Domizil.«
»Wie, bitte?«
»Mittlerweile weiß Desiderius, wo du jetzt wohnst. Dort bist du nicht mehr sicher.«
»Es ist mir verdammt egal, wenn …«
»Hör mir zu, General!« Acheron schlug einen drohenden Ton an. »Zweifellos bist du imstande, Desi auf die nächste Speisekarte einer Autobahnraststätte zu setzen. Aber du musst andere Leute beschützen, inklusive eines Cajuns, der genauso eigensinnig wie du ist, und einer Zauberin mit unverbrauchten Talenten. Würdest du ein einziges Mal tun, was ich sage, und nicht widersprechen?«
Kyrian lächelte verkniffen. »Nur dieses eine Mal. Also gewöhn dich nicht daran.«
Als er den Laden verließ, starrte Acheron ihm nach. Wenig später kehrte Liza zurück. »Warum hast du ihm nicht erzählt, dass Artemis dir seine Seele gegeben hat?«
Ash steckte eine Hand in seine Tasche, in der das Medaillon lag. »Noch ist es nicht an der Zeit, Liza.«
»Woher willst du wissen, wann es so weit ist?«
»Vertrau mir, ich
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