Naechtliches Schweigen
hast du dich von ihm abtatschen lassen, vor allen Leuten. Du wolltest ihn haben, nicht wahr?«
Emma nickte. Sie hatte Michael umarmt. Und er hatte sich so warm und sicher angefühlt, dass sie einen Augenblick lang etwas empfunden hatte - was war es nur gewesen? Sie konnte sich an nichts mehr erinnern.
»Du wirst ihn nicht wiedersehen.«
»Nein.«
»Niemals.«
»Nein, nie wieder.«
»Und dieses Hurenkleid ziehst du mir auch nie wieder an.« Drews Hand griff in ihr Mieder, und mit einem Ruck riß er ihr das Kleid vom Leib. »Du weißt, dass du eine Strafe verdient hast, Emma?«
»Ja.« Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie hatte Mamas Parfüm verschüttet, obwohl sie genau wusste, dass sie Mamas Sachen nicht anfassen durfte. Sie war ein ungezogenes, böses Mädchen und musste bestraft werden.
»Es ist nur zu deinem Besten.«
Emma schrie nicht mehr, bis er seinen Gürtel aus der Hose zog, sie auf den Bauch rollte und sie zu schlagen begann. Doch lange, ehe er aufhörte, waren ihre Schreie schon verstummt.
27
Diesmal sah er keinen Grund, sich zu entschuldigen. Sie musste zehn Tage im Bett verbringen, bis sie wieder einigermaßen hergestellt war, und während dieser ganzen Zeit erklärte er ihr, dass sie und nur sie allein an ihrer Lage die Schuld trug. Ihr gesunder Menschenverstand widersprach
diesen Anschuldigungen, sagte ihr, dass Drew im Unrecht war, dass er verrückt war. Doch er machte ihr immer wieder klar, dass er nur in ihrem eigenen Interesse handelte.
Hatte sie nicht nur an sich selbst gedacht? Hatte sie nicht Woche für Woche damit verbracht, ihre Ausstellung vorzubereiten und ihren Mann links liegengelassen? Hatte sie nicht ihre Ehe in aller Öffentlichkeit in Misskredit gebracht, indem sie mit einem anderen Mann flirtete?
Sie hatte ihn zu seiner Handlungsweise gezwungen. Sie hatte Strafe verdient. Ihn traf keine Schuld.
Nach der Ausstellung klingelte das Telefon einige Tage lang fast unaufhörlich, doch Emma nahm keine Anrufe entgegen. Zuerst war ihr Kiefer so geschwollen und schmerzte so stark, dass sie kaum sprechen konnte. Drew machte ihr Eisbeutel zurecht und fütterte sie mit Suppe, und er verabreichte ihr schmerzstillende Tabletten, damit sie zumindest einigermaßen schlafen konnte.
Dann erklärte er ihr, dass die Leute sie nur als Vorwand benutzten, um an ihn heranzukommen. Doch sie mussten Zeit für sich haben, nicht wahr, damit sich endlich Nachwuchs einstellte.
Sie hatte sich doch immer eine Familie gewünscht, oder nicht? Sie wollte doch glücklich sein, umsorgt und gehegt werden? Wenn sie nicht so viel Zeit und Kraft auf ihre Arbeit verwendet hätte, dann wäre sie schon längst schwanger. War es nicht das, was sie wollte?
Während ihrer Rekonvaleszenzzeit stellte er ihr diese Fragen wieder und wieder, und sie stimmte ihm zu. Aber Zustimmung reichte nicht aus.
Es war dunkel, als sie erwachte, und sie war allein. Dann hörte sie die Musik. Nur ein Traum, beruhigte sie sich, während sie darum kämpfte, völlig wach zu werden. Doch als sie die Augen öffnete, jetzt vollkommen da, konnte sie die Musik noch immer hören, diese furchtbaren Worte, gesungen von einem Mann, der längst tot war. Mit zitternden Fingern tastete sie nach dem Schalter der Nachttischlampe, drehte daran, drehte wieder, aber nichts geschah. Der Raum blieb dunkel, und die Schatten kamen näher.
Die Musik wurde lauter und lauter, bis sie verzweifelt die Hände gegen die Ohren presste. Doch die Musik drang durch ihre Finger in ihren Kopf, hämmerte und dröhnte, bis sie zu schreien begann, so laut sie nur konnte.
»Aber Emma. Ist ja gut.« Drew war da, hielt sie, streichelte ihr Haar. »Wieder ein Alptraum? Du solltest ja eigentlich darüber hinweg sein, nicht?«
»Die Musik.« Keuchend klammerte sie sich an ihn. Er war ihr Rettungsanker, der einzige Halt, den sie hatte. Er würde sie aus diesem Strudel der Angst und des Wahnsinns befreien. »Es war kein Traum. Ich habe es genau gehört. Dieses Lied - ich habe dir davon erzählt, Drew - dieses Lied wurde in der Nacht gespielt, als Darren starb.«
»Was für Musik?« Unauffällig schob Drew die Fernbedienung der Stereoanlage beiseite. Befriedigt nahm er zur Kenntnis, dass sie am ganzen Körper zitterte. Also hatte sein Trick gewirkt, dachte er. Eine gute Methode, um sie in Angst und Schrecken zu versetzen und sicherzugehen, dass sie vollkommen von ihm abhängig war.
»Aber ich hab' sie doch gehört.« Emma begann zu schluchzen, ihre Zähne schlugen klappernd
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