Naechtliches Schweigen
gemacht hast, dann weißt du, dass dir auf dieser Welt nichts Schlimmeres mehr widerfahren kann. Wir hatten ihn zwei Jahr lang, Bri. Daran will ich mich erinnern.« Sie nahm seine Hand und spürte, wie sich seine Finger um sie schlössen. »Es tut mir leid, dass ich meinen Schmerz nicht mit dir teilen konnte, so wie ich die Freude mit dir geteilt habe. Ich war selbstsüchtig, ich dachte, wenn ich alles für mich behalte, dann gehören die Erinnerungen nur mir. Aber das ist nicht wahr. Der Kummer und die Erinnerungen gehören uns, so wie Darren uns gehört hat.«
Brian entgegnete nichts. Tränen würgten ihn im Hals. Voller Verständnis nahm Bev ihn in die Arme. So blieben sie engumschlungen und still sitzen, bis die Sonne höher stieg und den auf dem Gras glitzernden Tau trocknete.
»Ich hätte dich nie verlassen dürfen«, murmelte er.
»Wir haben uns gegenseitig im Stich gelassen.«
»Warum?« Er verstärkte seinen Griff. »Warum?«
»Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich glaube, wir konnten es nicht ertragen, glücklich zu sein. Ich habe gedacht, dass es falsch wäre, nach seinem Tod glücklich zu sein. Dass es sein... sein Andenken beschmutzen würde.«
»Bev.« Brian vergrub sein Gesicht in ihrem Hals. »Geh nicht weg. Bitte, geh nicht.«
»Nein«, antwortete sie ruhig. »Ich werde nicht gehen.«
Hand in Hand gingen sie zum Haus zurück. Sonnenlicht durchflutete die Räume, als sie nach oben gingen, langsam begannen, sich gegenseitig auszuziehen und nur innehielten, um lange, zärtliche Küsse auszutauschen.
Er war nicht mehr der junge Mann, der sie einst geliebt hatte, genauso wenig wie sie noch dieselbe Frau war wie früher. Heute nahmen sie sich mehr Zeit, fielen nicht mehr ungeduldig auf das Bett, sondern ließen sich langsam darauf niedersinken. Heute wussten sie, dass jeder Moment kostbar war. Sie hatten schon so viele vergeudet.
Doch obwohl sie eine geistige Wandlung durchgemacht hatten, fanden ihre Körper wie von selbst zueinander. Die langen Jahre der Trennung schienen ausgelöscht. Brian presste seinen Mund an Bevs Hals und sog den vertrauten, so lange entbehrten Duft ihrer Haut ein.
Auch als sich ihre Leidenschaft steigerte, bemühten sie sich, jede Sekunde auszukosten, sich nicht mehr von ihrem Begehren beherrschen zu lassen. Bevs Hand krallte sich in Brians Haar, in dem schon die ersten Silberfäden schimmerten, und sie seufzte vor Lust und Glück. Dann begann sie, ihn zu streicheln, erkundete jeden Zentimeter seines Körpers von neuem, entdeckte Altvertrautes wieder.
Später lagen sie still nebeneinander. Bevs Kopf ruhte auf Brians Schulter. Zwanzig Jahre war es her, dachte sie. Ihr halbes Leben lang hatte sie von ihm getrennt gelebt, und doch erschien ihr ihre Vereinigung so selbstverständlich, als sei es erst gestern gewesen, dass sie, die Körper noch schweißnaß von der Liebe, so dagelegen hatten. Unter ihrer streichelnden Hand spürte sie das Pochen seines Herzens.
»Es ist so sehr wie früher.« Brian sprach ihre Gedanken laut aus. »Und doch so anders.«
»Ich wollte nicht, dass das geschieht. Nicht, nachdem es mich soviel Kraft gekostet hat, mich all die Jahre von dir fernzuhalten.« Bev hob den Kopf und sah ihn ernst an. »Ich wollte nie wieder jemanden so lieben.«
»Nur mit dir ist es jemals so gewesen. Denk nicht, dass ich dich wieder gehen lasse. Diesmal nicht.«
Sie strich ihm durch das Haar. »Ich hatte immer Angst, dass du mich nicht in demselben Maße brauchst wie ich dich.«
»Diese Angst war unbegründet.«
»Ja, ich weiß.« Sie beugte sich zu ihm hinunter und küßte ihn. »Wir haben so viel Zeit verloren, Bri. Bitte komm wieder nach Hause.«
Den ganzen Tag lang blieben sie in dem alten Bett, redeten, lachten, liebten sich. Es war bereits spät, als das Telefon klingelte. Da es keine andere Möglichkeit zu geben schien, diese Unterbrechung zu beenden, nahm Brian den Hörer ab.
»Hallo?«
»Brian McAvoy?«
»Am Apparat.«
»Hier spricht Michael Kesselring. Ich habe schon die ganze Zeit versucht, Sie zu erreichen.«
»Kesselring?« Sofort bedauerte er, den Namen ausgesprochen zu haben, da Bev neben ihm erstarrte. »Was gibt es denn?«
»Es geht um Emma.«
»Emma?« Mit plötzlich staubtrockenem Mund setzte Brian sich auf. Bev legte ihm besorgt die Hand auf die Schulter. »Ist ihr etwas zugestoßen?«
Aus Erfahrung wusste Michael, dass es das Beste war, direkt auf den Punkt zu kommen, doch es fiel ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. »Sie
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