Naechtliches Schweigen
dem blassen Gesicht. »Papa hat die Monster nicht hereingelassen.« Noch ehe Brian etwas erwidern konnte, stürzte Emma schluchzend davon.
»Gut gemacht«, knirschte er durch die zusammengebissenen Zähne. »Da du ja offensichtlich allein sein willst, nehme ich Emma und gehe.«
Bev wollte ihn zurückrufen, doch ihr fehlte die Kraft. Erschöpft und müde bis auf die Knochen, sank sie in den Schaukelstuhl zurück.
Brian brauchte eine gute Stunde, um Emma zu beruhigen. Nachdem sie sich in den Schlaf geweint hatte, begann er herumzutelefonieren. Sein Entschluss stand fest. Zuletzt sprach er mit Pete.
»Morgen fliegen wir nach New York«, teilte er ihm kurz mit. »Emma und ich. Wir schließen uns Johnno an. Ich brauche ein paar Tage, um eine gute Schule für Emma ausfindig zu machen und Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Wenn sie sich eingelebt hat, dann gehen wir nach Kalifornien und beginnen mit den Proben. Arbeite einen Tourneeplan aus, Pete, und sorg dafür, dass es eine lange Tournee wird.« Er kippte einen Schluck Whisky hinunter. »Wir sind bereit!«
10
»Sie will nicht wieder zurück.« Brian beobachtete Emma, die, mit ihrer neuen Kamera bewaffnet, durch das Studio streifte. Die Kamera war sein Abschiedsgeschenk gewesen, als sie an der Saint Catherine's Academy, einer bekannten New Yorker Mädchenschule, aufgenommen wurde. Bei diesem Abschied waren reichlich Tränen geflossen.
»Sie ist doch gerade mal einen Monat da«, erinnerte Johnno ihn. Dennoch gab es ihm einen Stich ins Herz, als er sah, wie das kleine Mädchen ein Bild von Stevies Gitarre, die in einem Ständer in der Ecke hing, machte. »Laß ihr ein bißchen Zeit, um sich anzupassen.«
»Mir scheint, wir alle tun nichts anderes, als uns anzupassen, so oder so.« Acht Wochen waren vergangen, seit er Bev verlassen hatte, und er sehnte sich noch immer nach ihr. Die Frauen, die er seither gehabt hatte, stellten nur eine Art Ersatzdroge dar, genau wie sein Drogenkonsum ihm nur eine vorübergehende Flucht ermöglichte. Beides linderte den Schmerz nur für kurze Zeit.
»Du könntest sie anrufen«, schlug Johnno vor, der aufgrund ihrer jahrelangen Freundschaft in Brian lesen konnte wie in einem Buch.
»Nein.« Mehr als einmal hatte er diese Möglichkeit erwogen. Doch die Zeitungen hatten ihre Trennung groß herausgebracht und auch seine häufig wechselnden Begleiterinnen seither nicht unerwähnt gelassen. Er fürchtete, dass alles, was Bev und er sich zu sagen hätten, die Dinge nur noch verschlimmern würde. »Meine ganze Sorge gilt jetzt Emma. Und der Tournee.«
»Es wird schon alles laufen.« Johnno warf einen vielsagenden Blick auf Angie Parks, P. M.s blonde, vollbusige Frau. »Mit ein paar Ausnahmen.«
Brian zuckte flüchtig mit den Achseln und fing an, auf dem Klavier herumzuhämmern. »Wenn sie diesen Filmvertrag kriegt, sind wir sie los.«
»Ein schlaues kleines Flittchen. Hast du diesen Riesenklotz von Diamanten gesehen, den sie P. M. aus dem Kreuz geleiert hat?« Johnno wiegte den Kopf hin und her und näselte affektiert: »Hach Gott, ist der vulgär!«
»Sie hat ihn halt in ihren Klauen. Und solange P. M. an ihr hängt, können wir gar nichts machen. Außerdem haben wir andere Probleme als die süße kleine Angie.« Brians Blick hing an Stevie, der soeben zurückkam.
Er verbringt immer mehr Zeit im Waschraum, stellte Brian fest, und das hat mit seiner Blase überhaupt nichts zu tun. Was auch immer Stevie geschnupft oder geschluckt haben mochte, diesmal hatte er regelrecht abgehoben. Er wirbelte Emma kurz herum und griff dann nach seiner Gitarre. Da der Strom abgeschaltet war, verklangen seine wüsten Akkorde ungehört.
»Am besten wartest du, bis er von seinem Trip wieder runter ist, ehe du mit ihm redest«, schlug Johnno vor. »Wenn du ihn dann erwischst.« Er wollte noch etwas hinzufügen, änderte dann aber seine Meinung. Brian hatte schon genug um die Ohren. Es würde seinen Zustand sicher nicht verbessern, wenn er ihm berichtete, was er gehört hatte, ehe sie New York verließen.
Jane Palmer schrieb ein Buch, das musste man sich einmal vorstellen. Natürlich würde die eigentliche Arbeit, das Aneinanderreihen von Sätzen, von einem Ghostwriter erledigt werden. Trotzdem war er überzeugt, dass Jane ein ganz hübsches Sümmchen dafür kassierte. Und das, was sie in diesem öffentlichen Tagebuch so von sich gab, würde Brian sicher nicht erfreuen. Am besten überließ er die Geschichte Pete, beschloss Johnno, und behelligte Brian
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