Naechtliches Schweigen
genommen. Ich glaube, ich habe ihn schon mal erwähnt.«
»Ja. Du sagtest, du würdest große Hoffnungen in ihn setzen.«
»Das tue ich auch. Sein Stil würde dir gefallen, Bri, und deswegen möchte ich auch, dass er bei >On the Wing< dabei ist.«
Überrascht hielt Brian inne, ehe er einen weiteren Schluck nahm. »Wir machen doch sonst alles alleine.«
»Bis jetzt ja. Aber ein bisschen frischer Wind tut nur gut.« Einen Augenblick lang versuchte Pete, Brians Stimmung einzuschätzen. Da er spürte, dass Brian bereitwilliger reagierte, als er erwartet hatte, hakte er nach. »Dieses neue Stück liegt genau auf Blackpools Linie. Es kann nicht schaden, einem jungen Künstler eine Chance zu geben. Genauer gesagt, würde das eurem Ruf als Songschreiber nur guttun.«
»Ich weiß nicht recht.« Brian rieb sich die Augen. War das so wichtig? »Ich werde alles mit Johnno besprechen.«
»Schon passiert.« Pete lächelte zufrieden. »Er ist einverstanden, wenn du zustimmst.«
Brian fand Bev in Darrens Zimmer. Mit Überwindung trat er ein und bemühte sich, nicht auf das leere Bettchen, die ordentlich auf den Regalen gestapelten Spielsachen, den großen Teddy, den er und Bev vor Darrens Geburt gekauft hatten, zu achten.
»Bev.« Er nahm ihre Hand und wartete ohne große Hoffnung darauf, dass sie ihn anschaute.
Sie war viel zu dünn. Ihre Wangenknochen traten so stark hervor, dass ihr Gesicht hager wirkte, und ihre Augen blickten stumpf. Brian verspürte den starken Drang, sie bei den Schultern zu packen und so lange zu schütteln, bis sie zumindest einen Anflug von Leben zeigte.
»Bev, ich habe gehofft, dass du herunterkommst und mit mir Tee trinkst.«
Der Alkoholgeruch verursachte ihr Übelkeit. Wie konnte er nur dasitzen, trinken und sich seiner Musik widmen? Sie entriss ihm ihre Hand und legte sie in den Schoß. »Ich möchte keinen Tee.«
»Ich hab' Neuigkeiten. P. M. hat geheiratet.«
Bev warf ihm einen gleichgültigen Blick zu.
»Wir sollen ihn doch mal besuchen. Er möchte mit seinem Strandhaus und seiner neuen Frau angeben.«
»Nie wieder gehe ich da hin.« In ihrer Stimme lag eine derart heftige Ablehnung, dass Brian zurückwich. Doch stärker noch als dieser Gefühlsausbruch überraschte ihn der Ausdruck ihrer Augen. Nackter Abscheu lag darin.
»Was willst du eigentlich von mir?« wollte er wissen, beugte sich vor und umklammerte die Lehne des Schaukelstuhls. »Was zum Teufel erwartest du von mir?«
»Laß mich doch einfach in Ruhe.«
»Ich habe dich in Ruhe gelassen. Stunden um Stunden hast du hier gesessen. Ich habe dich in Ruhe gelassen, obwohl ich dich so dringend gebraucht hätte. Nur eine einzige Geste, Bev! Und nachts habe ich dich in Ruhe gelassen und immer nur gewartet, dass du auf mich zukommst. Nur ein einziges Mal, Bev, er war doch auch mein Sohn!«
Stumm begann sie zu weinen. Als er sie an sich ziehen wollte, stieß sie ihn zurück. »Rühr mich nicht an! Ich halte das nicht aus.« Sowie er sie losließ, glitt sie aus dem Stuhl und floh zu dem Kinderbett.
»Du erträgst es nicht, wenn ich dich berühre«, begann er mit wachsendem Zorn. »Du erträgst es nicht, wenn ich dich anschaue, mit dir spreche. Stunde für Stunde, Tag für Tag sitzt du hier, als ob du die einzige wärst, die leidet. Hör auf damit, Bev. Es ist genug.«
»Du machst es dir leicht, nicht wahr?« Bev riß ein Laken aus dem Bett und presste es an ihre Brust. »Du sitzt da, trinkst, schreibst deine Songs, so, als ob nichts wäre. Du machst es dir so verdammt einfach.«
»Nein, Bev, nein.« Müde wischte er sich die Augen. »Aber das Leben geht weiter. Darren ist tot, und ich kann es nicht ändern.«
»Nein, ändern kannst du nichts.« Seine Worte streuten Salz in ihre Wunden, und der alte hilflose Zorn wallte in ihr auf. »Du musstest ja unbedingt diese Party geben. Diese ganze Horde in unserem Haus. Deine Familie hat dir ja nie genügt, und nun ist Darren für immer fort. Du wolltest immer mehr, mehr Menschen um dich, mehr Musik. Nie hattest du genug. Und einer dieser Leute, die du in unser Haus gebracht hast, hat mein Baby getötet!«
Er brachte kein Wort heraus. Sie hätte ihm keinen größeren Schmerz zufügen können, selbst wenn sie mit einem Messer auf ihn eingestochen hätte. Der Schock wäre kaum größer gewesen. Sie standen da, das leere Kinderbett zwischen sich.
»Er hat die Monster nicht hereingelassen.« Emma stand in der Tür, die Schultasche baumelte von ihrer Schulter, die Augen brannten dunkel in
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