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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sand, der an seinen Füßen klebte. »Wenn du sicher bist, dass das in Ordnung geht.«
    »Natürlich.« Emma stieg aus dem Auto, demselben Wagen, mit dem Lou einst zu den Proben gefahren war. Geduldig wartete sie, bis Michael ihr Brett vom Dach losgemacht hatte, und stieg dann die Treppe hinauf. »Ich muss Papa erzählen, was passiert ist, sonst erfährt er's von den Leibwächtern. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich, nun ja, wenn ich die Geschichte ein bisschen bagatellisiere. Verstehst du?«
    »Alles klar.« Die Art, wie er sie angrinste, ließ ihr Herz höher schlagen. »Eltern neigen dazu, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Vermutlich können sie nichts dafür.«
    Sowie Emma die Tür öffnete, hörte er die Musik. Eine Reihe donnernder Klavierakkorde, dann ein seltsames Durcheinander von Tönen, und wieder die Akkorde. Emma nahm ihm ihr Brett ab und lehnte es an die Wand.
    »Sie sind hier hinten.« Nach kurzem Zögern ergriff sie Michaels Hand und führte ihn durch die weite, in Weiß gehaltene Halle.
    Ein Haus wie dieses hatte er noch nie zuvor gesehen, obwohl er zu verlegen war, dies zuzugeben. Die riesigen Räume waren durch große Durchgänge miteinander verbunden, und an den weißen Wänden leuchteten abstrakte Gemälde. Sogar der Fußboden schimmerte weiß, so dass Michael sich des Gefühls nicht erwehren konnte, er wandere durch einen Tempel.
    Und dann sah er die Göttin, die über diesen Tempel wachte. Ihr Porträt hing über dem Kamin aus weißem Marmor; eine blonde Göttin mit einem Schmollmund, deren weißes, besticktes Kleid sich bedenklich über den üppigen Brüsten spannte.
    »Wow!«
    »Das ist .Angie«, informierte ihn Emma naserümpfend. »Sie ist mit P. M. verheiratet.«
    »Ah ja.« Seltsamerweise kam es Michael so vor, als würden ihn die Augen verfolgen und sich hungrig an ihm festsaugen. »Ich, äh, ich hab' ihren letzten Film gesehen.« Er erwähnte allerdings nicht, dass er danach einige erstaunliche und ausgesprochen erotische Träume gehabt hatte. »Tolle Frau!«
    »ja, das ist sie.« Trotz ihrer Jugend erkannte Emma schon, worin Angies Anziehungskraft auf das andere Geschlecht bestand. Ungeduldig zupfte sie Michael am Ärmel und ging weiter.
    Sie kamen in den einzigen Raum, in dem Emma sich wohl fühlte - der einzige Raum innerhalb dieses Mausoleums, wo es P. M. gestattet worden war, seinen eigenen Geschmack auszuleben. Hier gab es Farbe: leuchtendes Blau, intensives Rot, warmes Gelb. Das Zimmer wurde von der Musik beherrscht; goldene Schallplatten schmückten die Wände. Am Fenster wucherten üppige Zimmerpflanzen. Ein Zitronenbäumchen war dabei, das P. M., wie Emma wusste, selbst gezogen hatte.
    Ihr Vater saß an dem wunderschönen alten Flügel, der aus irgendeinem Film stammte, dessen Titel Emma immer wieder vergaß. Johnno, der eine seiner geliebten französischen Zigaretten paffte, saß neben ihm. Ein Berg von Papieren türmte sich auf dem Boden, und auf dem Teewagen stand ein großer Krug eisgekühlter Limonade. Die Gläser hinterließen bereits Ringe auf dem Holz.
    »Papa.«
    Brian blickte auf. Sein anfängliches Lächeln verblasste, als er Michael sah. »Emma, du solltest anrufen, falls du früher nach Hause kommst.«
    »Ich weiß, aber ich hab' zufällig Michael getroffen.« Emmas Lippen kräuselten sich bezaubernd, das Grübchen tanzte. »Ich bin rausgetrieben worden, und er hat mir geholfen.« Da sie es dabei belassen wollte, fuhr sie rasch fort: »Und ich dachte, du würdest ihn gern wiedersehen.«
    Es verwirrte Brian gewaltig, seine Tochter, sein kleines Mädchen, Hand in Hand mit einem Jungen, nein, fast schon mit einem Mann zu sehen. »Wiedersehen?«
    »Weißt du denn nicht mehr? Sein Vater hat ihn damals zu den Proben mitgebracht. Der Polizist.«
    »Kesselring.« Brians Magen zog sich zusammen. »Du bist Michael Kesselring?«
    »Ja, Sir.« Er war sich nicht sicher, ob es angemessen war, einer Berühmtheit des Musikgeschäfts die Hand zum Gruß hinzustrecken, so rieb er sie nervös an seiner sandigen Badehose ab. »Ich war ungefähr elf, als ich Sie kennengelernt habe. Es war prima.«
    Aufgrund seiner langjährigen Bühnenerfahrung war Brian daran gewöhnt, seine Gefühle zu verbergen. Er sah in dem hochgewachsenen, dunkelhaarigen jungen Mann nicht Lou Kesselrings Sohn, sondern den Mann, zu dem sein eigener kleiner Junge vielleicht herangewachsen wäre. Dennoch lächelte er, als er sich vom Flügel erhob.
    »Schön, dich wiederzusehen. Erinnerst du dich

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