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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch an Michael, Johnno?«
    »Klar. Hast du deinen alten Herrn damals zu der E-Gitarre überreden können?«
    »Ja.« Michael grinste geschmeichelt. »Ich hab' eine Zeitlang Unterricht genommen, aber ich war ein hoffnungsloser Fall. Jetzt spiele ich nur noch ein bißchen Mundharmonika.«
    »Hol Michael doch mal eine Cola, Emma.« Brian deutete auf die Couch, wobei seine Ehering im Licht glitzerte. »Setz dich.«
    »Ich möchte Sie nicht bei der Arbeit stören.«
    »Unser Leben besteht aus Störungen.« Der Sarkasmus in Johnnos Stimme wurde durch ein Lächeln gemildert. »Wie gefällt dir unser Song?«
    »Er ist großartig. Alles, was Sie machen, ist großartig.«
    Belustigt hob Johnno eine Augenbraue. »Ein schlaues Kerlchen, Bri. Vielleicht sollten wir ihn engagieren?«
    Michael wusste nicht recht, wie er die Bemerkung verstehen sollte. »Nein, ehrlich. Ich mag alles, was Sie machen.«
    »Kein Discofan?«
    »Disco ist ätzend.«
    »Wirklich ein heller Junge«, stellte Johnno fest. Da er Brian noch etwas Zeit geben wollte, um sich an die Situation zu gewöhnen, sprach er weiter. »Du hast also unsere Emma am Strand getroffen?«
    »Sie hatte Schwierigkeiten mit einer Welle, und ich hab' ihr geholfen.« Wie alle Teenager war Michael erfahren darin, die Erwachsenen auszutricksen, und ging daher lässig über den Vorfall hinweg. »Sie macht ihre Sache wirklich gut, Mr. McAvoy. Braucht nur noch ein bisschen Übung.«
    Brian rang sich erneut ein Lächeln ab und spielte mit seinem Glas. »Du surfst viel?«
    »Sooft ich kann.«
    »Wie geht es deinem Vater?«
    »Sehr gut. Er ist jetzt Captain.«
    »Ich hab' davon gehört. Du musst doch inzwischen mit der Schule fertig sein.«
    »Ja, Sir. Im Juni hab' ich meinen Abschluss gemacht.«
    »Und wie geht's nun weiter?«
    »Nun, ich dachte, ich probier's mal mit dem College. Mein Vater zählt darauf.«
    Johnno suchte nach seinen Zigaretten und bot Michael eine an. Er nahm sie, obwohl sich ihm nach dem ersten tiefen Zug beinahe der Magen umdrehte. »So, so«, erkundigte sich Johnno mit milder Herablassung, »und nun hast du vor, in die Fußstapfen deines Vaters zu treten?«
    »Tja.« Versuchsweise nahm Michael einen weiteren vorsichtigen Zug von der Gauloise. »Ich glaube nicht, dass ich zum Cop geboren bin. Mein Vater schon, der ist großartig. Er hat viel Geduld, wissen Sie. Zum Beispiel im Fall Ihres Sohnes, da hat er jahrelang dran gearbeitet, sogar nachdem der Fall schon zu den Akten gelegt worden ist.« Er hielt inne, beschämt, dass er das leidige Thema zur Sprache gebracht hatte. »Er ist halt sehr pflichtbewusst«, schloss er lahm.
    »Das kann man wohl sagen.« Brian schenkte Michael das charmante, herzliche Lächeln, das seine Fans so an ihm liebten, und wünschte, er hätte seine Limonade mit etwas Rum vermischt. »Bestell ihm schöne Grüße von mir, ja?«
    »Mach ich.« Erleichtert sah Michael Emma mit einem Tablett voller kalter Getränke hereinkommen.
    Eine Stunde später begleitete sie ihn zum Auto. »Noch mal danke dafür, dass du Papa nicht erzählt hast, wie blöd ich mich angestellt habe.«
    »Keine Ursache.«
    »Doch. Er... er macht sich Sorgen.« Betrübt blickte sie zu den hohen Mauern, die das Grundstück umgaben. Überall, wo sie sich befand, schien sie von Mauern umschlossen zu sein. »Am liebsten würde er mich in Watte packen.«
    Der Drang, ihr Haar zu berühren, war so stark und kam so unerwartet, dass er schon die Hand gehoben hatte, ehe er sich besann und seinen eigenen Haarschopf zerzauste. »Es muss schwer für dich sein, nach allem, was deinem Bruder zugestoßen ist und so.«
    »Papa hat immer Angst, dass ich auch entführt werden könnte.«
    »Du nicht?«
    »Ich nicht. Die Leibwächter sind ja immer dabei. Ich bin nie alleine.«
    Er zögerte einen Moment, die Hand schon an der Autotür. Nicht, dass er verknallt wäre oder so, redete er sich ein. Sie war doch nur ein Kind. »Vielleicht sehen wir uns morgen am Strand?«
    Emma fühlte sich ganz als Frau. »Vielleicht.«
    »Ich konnte dir ein paar Tipps zum Wellenreiten geben.«
    »Das war' toll.«
    Michael stieg ins Auto und fummelte mit den Schlüsseln herum, ehe er den Motor anließ. »Danke für die Cola und alles. War Klasse, deinen Vater wiederzusehen.«
    »Alles klar. Tschüss.«
    »Man sieht sich.« Als er die Auffahrt hinunterfuhr, wäre er beinahe auf dem Rasen gelandet, weil er sie im Rückspiegel beobachtete.
    Danach kam er jeden Tag zum Strand, aber er sah sie nicht wieder.

13
    Eine Stunde

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