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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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wirken.
    »Ich habe den Damen eben etwas zu essen angeboten. Sie waren lange unterwegs.«
    »Ein Mitternachtsimbiß klingt gut. Aber überlasst das mir. Johnno würde uns nur vergiften.«
    Marianne schwenkte zwischen Faszination und bürgerlicher Empörung. »Ich - äh - ich helfe dir.« Mit einem flüchtigen Blick auf Emma floh sie hinter Luke in die Küche.
    »Ich fürchte, wir sind zur falschen Zeit gekommen«, begann Emma. »Ich wusste nicht, dass du einen... Mitbewohner hast.« Sie sog scharf den Atem ein. »Ich hatte keine Ahnung, Johnno, wirklich nicht.«
    »Das am besten gehütete Geheimnis des Rock 'n' Roll«, meinte Johnno leichthin, doch seine Hände ballten sich zu Fäusten. »Also soll ich dir ein Zimmer im Waldorf bestellen?«
    Ihre Wangen färbten sich blutrot. »Nein, natürlich nicht. Weiß Papa... natürlich weiß er es. Dumme Frage. Luke, äh, Luke ist sehr attraktiv.« Johnnos Augen glitzerten belustigt. »Ja, das finde ich auch.«
    Die Röte vertiefte sich, doch sie blickte ihn unverwandt an. »Jetzt machst du dich über mich lustig.«
    »Nein, Herzchen.« Seine Stimme klang weich. »Über dich nie.«
    Emma studierte ihn aufmerksam, suchte nach Veränderungen, nach sichtbaren Spuren der Tatsache, von der sie soeben erfahren hatte, aber sie konnte nichts feststellen. Sie sah nur Johnno. Ihre Lippen krümmten sich leicht. »Nun, ich schätze, ich muss meine Pläne ändern.«
    Er kam sich vor, als hätte man ihm einen Schlag versetzt, härter und schmerzhafter noch, als das die Fäuste der Freunde seiner Kinderzeit vermocht hatte. »Es tut mir leid, Emma.«
    »Nicht halb so sehr wie mir«, entgegnete sie. »Jetzt muss ich mich von dem Gedanken verabschieden, dich zu verführen.« Zum erstenmal, seit sie ihn kannte, zeichnete sich vollkommene Verblüffung auf Johnnos Gesicht ab.
    »Sag das noch mal!«
    »Nun, ich habe immer gedacht, wenn ich erst mal erwachsen bin, wenn du in mir eine Frau siehst, dann würde ich dich besuchen, ein Abendessen bei Kerzenlicht vorbereiten, Musik auflegen und dich dann verführen. Du solltest mein erster Mann sein.«
    Sprachlos starrte er sie an und sah Liebe in ihren Augen; Liebe, die schon ein Leben lang dauerte. Und Verständnis ohne Vorwürfe. Er trat einen Schritt auf sie zu und ergriff ihre Hand. Als ihm die Stimme wieder gehorchte, klang sie belegt. »Ich habe es nur sehr selten bedauert, schwul zu sein, aber das ist einer dieser seltenen Momente.«
    »Ich liebe dich, Johnno.«
    Er drückte sie an sich. »Ich liebe dich auch. Der Himmel weiß, warum, wo du doch so eine kleine Hexe bist.« Als sie zu lachen begann, gab er ihr einen Kuss. »Jetzt komm. Luke ist nicht nur eine Augenweide, sondern auch noch ein fantastischer Koch.«
    Es war noch früh, als Emma erwachte. Kaffeeduft und die Geräusche einer TV-Show lockten sie in die Küche. Dass sie sich wie zerschlagen fühlte, hatte sie zunächst auf die Zeitverschiebung zurückgeführt, doch dann war ihr klargeworden, dass ihr das Erwachen in ungewohnter Umgebung nach einer unruhigen Nacht nicht bekommen war. Einen Moment lang fühlte sie sich unbehaglich, als sie in der Küchentür stand und Luke bei der Zubereitung des Frühstücks beobachtete.
    Letzte Nacht, als sie alle bei Suppe und Sandwiches in der Küche saßen, hatte sie sich schon beinahe mit seiner Existenz abgefunden.
    Schließlich hatte er gute Manieren, war witzig, charmant und überwältigend attraktiv. Und schwul. Wie Johnno, ermahnte sie sich eindringlich.
    »Guten Morgen.«
    Luke drehte sich um. Frisch rasiert und gekämmt wirkte er verändert, zumal er jetzt eine graue Bundfaltenhose, ein blaues Hemd und eine dazu passende Krawatte trug. Er sah aus wie ein leitender Angestellter, dachte Emma, und er bildete so einen starken Kontrast zu dem unkonventionellen Johnno.
    »Hi. Ich bin davon ausgegangen, dass du bis heute nachmittag für die Welt gestorben bist. Kaffee?«
    »Ja, danke. Ich konnte nicht schlafen. Marianne und ich wollen heute auf Wohnungssuche gehen. Und dann mache ich mir Gedanken, wie mein Vater wohl auf Johnnos Anruf reagiert hat.«
    »Johnno kann sehr überzeugend sein.« Luke schob ihr eine Tasse Kaffee hin. »Ich glaube, ich kann dich aufheitern. Toast?«
    »Nein.« Emma presste eine Hand auf ihren rebellierenden Magen. »Weißt du, was dabei herausgekommen ist?«
    »Es gab eine heiße Diskussion.« Luke blickte auf die Uhr und setzte sich dann neben sie. »Johnno hat deinem Vater einiges an den Kopf geworfen, was ich besser

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