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Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
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wurde, klagte oder verarmte. Wo wundertätige Cremes tatsächlich die Falten glätteten, die Zellulitis-Tabletten überraschend halfen und das Deo wahrhaftig die schönsten, bis zum Umfallen mit Vitaminen und Energy-Drinks abgefüllten Männer im Umkreis anlockte.
    Plaksa, die etwas sonderbare Frau, war in einem wie alle Frauen - sie wollte Schauspielerin werden. Sie war besessen von der Leidenschaft, ihr Bild wo auch immer zu hinterlassen - auf Zelluloid, auf einer Laienzeichnung, in einem Internetartikel, im Computerspeicher ... Einmal verkündete sie mit Worten aus Tschechows
Kirschgarten
ihren Wunsch, für die Kunst zu leben, für die Rampe, für Scheinwerfer, die Bühne, das Stanislawski-System, für Filmaufnahmen, Castings und Premieren. Verkündete es, schwieg eine Weile und ging. Verließ Jegor; auch den Kerosinhändler hatte sie verlassen und noch jemanden, der sie im fliederfarbenen Porsche zu den Rendezvous mit Jegor gefahren hatte; auch den Bankier Swinzow und dessen Bruder, den Banditen Swinzow, für den sie den Bankier Swinzow verlassen hatte, auch von ihm ging sie fort. Genauer gesagt, sie fuhr fort, mit dem Filmteam für
Bewohntes Festland
. Genauer, mit Jankin, dem Regisseur. Sie hatte sich von ihm eine Minirolle erbettelt; als Schauspielerin taugte sie wohl nichts. Doch Jankin kehrte ohne Film (der Sponsor war von seinen Gläubigern erschossen worden) und ohne Plaksa (sie hatte zu dem Schauspieler Schestow gewechselt) nach Moskau zurück. Doch - von einem Schauspieler kann man keine Rollen erwarten, er braucht selber welche - den schönen Schestow verließ sie rasch wieder und verschwand in dem unsteten Gewusel von Filmkritikern, Schauspielern, Produzenten und Regisseuren. Vor die Kamera wurde sie häufig und gern geholt, besonders von Filmkritikern und Kameraassistenten, doch meist für den Eigenbedarf, richtig fürs Kino dagegen selten. Höchstens für irgendwelche stümperhaften Produktionen auf dem Hinterhof des Filmmarktes, wo Kilometer von Filmmaterial herumlagen, durch Debütanten und Dilettanten verdorben. Wo zwar hin und wieder anerkannte Meister vorbeischauten, aber nur, um heimlich ihren Müll und Ausschuss zu entsorgen. Wo die Filme nie zu Ende gemacht, nie geschnitten wurden, und wenn doch, dann waren sie am Ende so idiotisch, dass sie nicht mal als nichtkommerziell durchgingen. Natürlich auch nicht als kommerziell - selbst wenn man den Leuten noch was draufzahlte, würde sich diesen Mist niemand anschauen.
    Das alles erfuhr und ahnte Jegor natürlich nicht sofort. Fast ein Jahr lang hörte er nichts von Plaksa. Er litt und hatte Sehnsucht, obwohl er nicht verstand, was er von diesem Aas wollte. Sie würde ihn nie lieben, als Ehefrau konnte er sie sich nur in einem Alptraum vorstellen, sie war untreu und undankbar; im Bett war Sarah besser. Aber aus irgendeinem Grund wollte er sie zurück. Er bat Gott um wenigstens einen Tag, im Voraus einverstanden mit einer Stunde. Mit ein wenig Druck wäre er vor Schreck auch mit einem Augenblick einverstanden gewesen. Das würde ihm genügen, er würde sich Mühe geben. Und alles wäre wie früher.
    Anfangs wäre er unangebracht gerührt, wenn er sie sah und am Rande seines Herzens klagende Zärtlichkeit verspürte. Dann würde sein Blut in die Frau wollen und zu ihr strömen - wie die bittere Ozeanwelle, wie der verschleierte Blick eines Nachtwandlers, wie das Geheul eines jungen Werwolfs zu dem am siebten Himmel aufgehenden widerhallenden Mond strömen; und diese Welle würde seinen Leib erheben und ihn zu ihren Lippen tragen und weiter, dorthin, wohin das Blut des Mannes gewöhnlich drängt. Doch wenn er von Plaksa zurückströmte, würde er rasend werden, nachdem er auf ihrer nächsten Lüge ausgerutscht war und in seiner kurzsichtigen, plumpen Eifersucht sämtliche kalten Stufen und spitzen Winkel der von Plaksa verfinsterten Einsamkeit durchmessen hatte.
    Und eines Tages entdeckte er in seiner elektronischen Post einen elektronischen Brief von ihr, mit einem unaufrichtigen Gruß und der hitzigen Forderung nach Geld, so viel er entbehren konnte. Samt Kontonummer und dem verdächtig schwer einzuprägenden Namen einer Bank. So lebte ihre Kommunikation wieder auf, allerdings vollkommen virtuell - per Internet. Sie schrieben sich einmal die Woche, jeden Donnerstag, Punkt Mitternacht, wie Spione. Geheimes gab es zwischen ihnen übrigens wenig. Aus ihren Versprechern und Andeutungen und der Analyse ihrer einfältigen Lügen, Phantasien und

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